Das Kollektiv gewinnt

Inhalt

  1. Seite 1 - Die Basisverhandlung über Beschäftigungsbedingungen
  2. Seite 2 - Kollektivvertragsverhandlungen: Der Kontext macht die Musik
  3. Seite 3 - Errungenschaften gehen weit über den Mindestlohn hinaus
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In Österreich gehören die jährlichen Kollektivvertragsverhandlungen zur Arbeitswelt einfach dazu. Sie sind so selbstverständlich geworden, dass sich kaum jemand die Frage stellt, wie ein guter Kollektivvertrag entsteht und woran man seinen Erfolg misst. Ein Überblick über die wichtigsten Errungenschaften der letzten Jahre.

Peter Schleinbach, PRO-GE: „Eine zweiprozentige Lohnerhöhung zu erreichen, in die viel Mühe fließt, kann ebenso beeindruckend sein wie eine dreiprozentige Lohnerhöhung in einer gewinnbringenden Branche.“ Foto (C) Michael Mazohl

Kollektivvertragsverhandlungen: Der Kontext macht die Musik

Wenn Peter Schleinbach den Raum betritt, um über Kollektivvertragsverhandlungen zu sprechen, folgt ihm all das Wissen über die hunderten Kollektivverträge, die er für die unterschiedlichen Branchen und Berufsgruppen der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) über die Jahre als einer der Hauptverhandler durchgesetzt hat. Einen Kollektivvertrag herauszuheben und als erfolgreich zu bezeichnen, das ist schwierig. Denn im Grunde sind es die Umstände der Verhandlungen, die letztendlich ausschlaggebend sind. Kontinuität unter guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu erzielen, ist das eine. „Aber auch unter schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass die Qualität der Vertragsverhandlungen nicht darunter leidet, das ist die eigentliche Herausforderung“, betont Schleinbach.

Auch unter schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass die Qualität der Vertragsverhandlungen nicht darunter leidet, das ist die eigentliche Herausforderung.

Peter Schleinbach, Bundessekretär der Gewerkschaft PRO-GE

Das Fazit seiner Erfahrungen in der Rolle als Bundessekretär der PRO-GE? „Ausverhandelte Konditionen müssen immer im entsprechenden Kontext gesehen werden. Oft sind es nicht die Ergebnisse, die als Erfolgsindikator einer KV-Verhandlung gesehen werden sollten. Es ist vielmehr die Mühe, die aufgewendet wurde, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen, die ein wichtiges Barometer für die Größe eines Erfolges darstellt.“ Der KV-Experte führt als Beispiel das folgende Szenario an: „Eine zweiprozentige Lohnerhöhung zu erreichen, in die viel Mühe fließt, kann ebenso beeindruckend sein wie eine dreiprozentige Lohnerhöhung in einer gewinnbringenden Branche.“

Der Erfolg von Kollektivverträgen: die Summe kleiner Triumphe

Wenn man über die Erfolge der Kollektivvertragsverhandlungen der letzten Jahre spricht, gilt es, sich eines vor Augen zu halten: Es geht nicht so sehr um die einzelnen Teilerfolge, die im Zuge der Kollektivvertragsarbeit für ArbeitnehmerInnen erreicht werden konnten. „Vielmehr ist es die Kontinuität der Kollektivvertragsqualität und die über die Zeit kumulierten Errungenschaften für die Beschäftigten“, argumentiert Peter Schleinbach.

Beispielhafte Erfolge

  • Vollständige Anrechnung der Karenzzeiten in der Metall- und Elektrobranche
  • Weitgehend Mindestlohn 1.500 Euro

Exemplarisch hebt er jedoch einzelne Erfolge heraus, die die Produktionsgewerkschaft PRO-GE in den vergangenen Jahren für die ArbeitnehmerInnen der unterschiedlichsten Branchen umsetzen konnte: So ist in der Metall- und Elektrobranche die vollständige Anrechnung der Karenzzeiten gelungen. In der Metallindustrie konnte nach jahrzehntelangem Bestreben durchgesetzt werden, dass der 31. Dezember arbeitsfrei ist. Außerdem profitieren viele Branchen davon, dass die Durchsetzung eines Mindestlohns von monatlich 1.500 Euro im Wesentlichen abgeschlossen wurde.

Die strukturelle Zusammenführung von KV-Bereichen zu größeren KV-Einheiten hat einen Beitrag dazu geleistet, die Verhandlungsmacht auf Gewerkschaftsseite auszubauen, wie dies beispielsweise in der Textil- und Lederindustrie der Fall war. Das gemeinsame Lohnsystem von Angestellten und ArbeiterInnen sowie der Monatslohn im Metallgewerbe stellen für Schleinbach ebenfalls wichtige Schritte für die historisch gute Entwicklung der Kollektivverträge dar.

Inhalt

  1. Seite 1 - Die Basisverhandlung über Beschäftigungsbedingungen
  2. Seite 2 - Kollektivvertragsverhandlungen: Der Kontext macht die Musik
  3. Seite 3 - Errungenschaften gehen weit über den Mindestlohn hinaus
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Über den/die Autor:in

Beatrix Ferriman

Beatrix Ferriman hat internationale Betriebswirtschaft an der WU Wien, in Thailand, Montenegro und Frankreich studiert. Sie ist Autorin, Schreibcoach sowie freie Redakteurin für diverse Magazine und Blogs.

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