KV-Abschluss im Handel: Einmalzahlung vom Tisch
Ein wesentlicher Streitpunkt bei den Verhandlungen waren die Einmalzahlungen. Die Arbeitgeber:innen wollten sie anstelle von nachhaltigen Lohnerhöhungen durchsetzen. Das Problem dabei ist, dass die Beschäftigten – sind die Einmalzahlungen erst ausgezahlt – wieder auf ein Gehaltsniveau zurückfallen, das in Zeiten explodierender Preise nicht für Miete, Wärme und Lebensmittel reicht. Nur echte Lohnerhöhungen garantieren, dass es zu keinem Reallohnverlust kommt.
Die Arbeitgeber:innen sehen das anders. „Ja, es tut weh, dass wir den Nettovorteil dem Finanzminister lassen und nicht den Beschäftigten“, sagt etwa Rainer Trefelik. Er ist der Chefverhandler der Arbeitgeber:innen. Hintergrund ist, dass die Regierung eine Teuerungsprämie von bis zu 3.000 Euro erlaubt. Natürlich steuerbegünstigt. Was Trefelik nicht erwähnt ist, dass der KV-Abschluss im Handel damit nichts zu tun hat. Jedes Unternehmen kann diese Prämie immer noch ausschütten. Eine Drogeriemarktkette hat bereits angekündigt, die Löhne sogar über dem gefundenen Kompromiss zu erhöhen.
Davon zeigt sich Helga Fichtinger begeistert. Die GPA-Chefverhandlerin sah dennoch keine Möglichkeit, einen höheren KV-Abschluss zu erzielen. Schließlich verhandle sie für 430.000 Angestellte in einer Vielzahl von Branchen. Vom Lebensmittel- über den Buch- bis zum Textilhandel, sagte sie gegenüber dem Ö1-Morgenjournal. Wenn sich eine Drogeriemarktkette mehr Gehalt leisten kann, zeugt es von großer Verantwortung gegenüber den Beschäftigten, auch mehr zu zahlen.
Nachhaltige Lösung: Niedrige Löhne steigen deutlich
„Uns war wichtig, dass wir eine nachhaltige und dauerhafte Gehaltserhöhung erzielen. Mit den 7 Prozent und dem Mindestbetrag von 145 Euro ist es uns gelungen, auch niedrige Gehälter anzuheben“, fasst Fichtinger das Ergebnis zusammen. Basis für die KV-Verhandlungen waren eine Erhöhung des Mindestlohnes. „Wir haben einen Mindestbetrag von 200 Euro gefordert. Das hätte auch das Ziel erfüllt, dass das Einstiegsgehalt auf 2.000 Euro erhöht worden wäre. Aber KV-Verhandlungen sind ein Kompromiss. Deswegen sind die 145 Euro übriggeblieben“, so Fichtinger weiter.
Die Einmalzahlungen hält Fichtinger allerdings für eine Mogelpackung. Angesprochen auf das Angebot der Arbeitgeber:innen erklärt sie: „Die Zusammensetzung dieses Abschlusses wären fünf Prozent dauerhafte Gehaltserhöhung gewesen. Das wäre weit unter der Inflation gewesen. Die Einmalzahlung von drei Prozent verpufft.“
Noch vor einer Woche haben die Arbeitgeber im Handel den Beschäftigten +4% Gehaltserhöhung angeboten. Die #Betriebsversammlungen haben Druck aufgebaut, wir haben einen Abschluss ▶ https://t.co/8IvPbt49f8 #Kolletivvertrag #Handel pic.twitter.com/FJDuyDK7ZW
— Gewerkschaft GPA (@GewerkschaftGPA) November 29, 2022
Aktuell stehen noch weitere KV-Verhandlungen an. Darunter auch IT und Brauereien. Als besonders schwierig erweist sich dieses Jahr der Abschluss bei der Bahn. Die Gewerkschaft fordert vor allem eine Anhebung des Mindestlohns, gegen den sich die Arbeitgeber:innen aber vehement sträuben. Steigende Benzinkosten und die Verkehrswende erhöhen die Nachfrage nach den Leistungen der Bahn. Es gibt einen akuten Arbeitskräftemangel, was an teils verheerenden Arbeitsbedingungen liegt. Eine Anhebung des Mindestlohns könnte hier die Weichen für die Zukunft stellen. Die schweren KV-Verhandlungen im Handel wiederholen sich auch in der Herbstlohnrunde 2023.