Krisentagebuch 033: Wer ist hier wirtschaftskompetent?

Krisentagebuch Robert Misik
Linke vertreten die arbeitende Bevölkerung, Konservative die Wirtschaft – oder: Linke backen Kuchen, Konservative verteilen sie. Aber wer hat Wirtschaftskompetenz? Journalist und Autor Robert Misik gibt Antworten.

Konservative: Sie glauben, dass der Markt alles regelt. Und sie glauben, wenn man dem Markt nur möglichst viel Freiraum ließe, dann würde der Wohlstand stärker wachsen. Und wenn man die Reichen hätschelt, dann wird überhaupt alles gut. Leider falsch: Wenn man den Markt alles regeln lässt, dann bleiben beispielsweise die Einkommen der normalen Leute niedrig, und die Reichen werden immer reicher – mit dem Nebeneffekt niedrigerer Konsumnachfrage.

Kurzum, wer an den Markt glaubt und wer glaubt, dass sich der Staat am besten aus der Wirtschaft heraushalten soll, der ist alles Mögliche, aber sicher nicht wirtschaftskompetent.

Robert Misik, Journalist und Autor

Niedrige Löhne sind nicht nur unfair und führen zu Ungleichheit in einem Maß, das dann ungerecht ist. Sie haben auch einen ökonomischen Nachteil, insbesondere einen volkswirtschaftlichen Nachteil. Wenn man allerdings in die Märkte und in das freie Spiel der Märkte eingreift, sodass die niedrigen Einkommen wachsen und stabilisiert sind, hat das einen volkswirtschaftlichen Vorteil und am Ende auch einen Vorteil für alle Unternehmen. Sie haben dann Konsument*innen, die sich auch etwas leisten können.

Ähnliches gilt für den Sozialstaat und seine Instrumente. Der schützt nicht nur die Beschäftigten und die einfachen Leute, er schützt auch die Wirtschaft. Wenn es nur Peanuts für Arbeitslose gibt, dann bricht in der Krise sofort die Konsumnachfrage massiv ein, und die Krise wird sofort noch ein Stück tiefer. Im Boom geht es nicht verrückt nach oben, aber in der Krise geht es auch nicht verrückt nach unten.

Nichts von alldem, was „dem“ Markt nützt, wird von „dem“ Markt geregelt. Wichtige Teile der Wirtschaft können nur funktionieren, wenn der Staat massiv in die Wirtschaft eingreift.

Über den/die Autor:in

Robert Misik

Robert Misik ist Journalist, Ausstellungsmacher und Buchautor. Jüngste Buchveröffentlichung: "Die falschen Freunde der einfachen Leute" (Suhrkamp-Verlag, 2020). Er kuratierte die Ausstellung "Arbeit ist unsichtbar" am Museum Arbeitswelt in Steyr. Für seine publizistische Tätigkeit ist er mit dem Staatspreis für Kulturpublizistik ausgezeichnet, 2019 erhielt er den Preis für Wirtschaftspublizistik der John Maynard Keynes Gesellschaft.

Du brauchst einen Perspektivenwechsel?

Dann melde dich hier an und erhalte einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.



Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder. Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.