Kontrastreiche Zukunft

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  1. Seite 1 - Zukunftsprognosen
  2. Seite 2 - Parallele Szenarien
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Die Hans-Böckler-Stiftung hat erarbeitet, wie Mitbestimmung 2035 aussehen könnte. Das Ergebnis sind vier mögliche Zukunftsszenarien.

Parallele Szenarien

Die kreative Debattenform führte nicht nur dazu, breiter und offener auf Mitbestimmung zu blicken, sondern brachte auch eine ermutigende Erkenntnis. „Ich bin dadurch ein bisschen vom Gedanken weggekommen, dass die Zukunft nur in Richtung stärkerer Wettbewerb und Individualisierung rennt“, so Leitsmüller. Der AK-Experte glaubt zwar, dass das Wettbewerbsszenario vorherrschen wird. Aber: „Parallel dazu finden auch die anderen Szenarien statt, je nach Unternehmen und Branche.“ In manchen Unternehmen stünden Fairness und Verantwortung vor Wettbewerb und Kampf, was sich auf die Mitbestimmung auswirke. Ein Ergebnis des Workshops war die Erkenntnis, dass es in Zukunft nicht nur die eine Lösung in der Mitbestimmung geben kann, sondern es auf die jeweiligen Arbeitsbedingungen zugeschnittene Lösungen geben muss, je nach Unternehmensgröße und Branche. Organisationsformen wie etwa Crowdworking erfordern ganz neue Arten der Mitbestimmung als etwa in einem Konzern.

Ist das Tool Mitbestimmung 2035 auch ein Weg, jene Menschen anzusprechen, die sich von Gewerkschaften und Betriebsräten nicht mehr vertreten fühlen? Für Michael Stollt geht es insbesondere darum, ins Gespräch zu kommen und über langfristige Perspektiven für die Mitbestimmung in sich verändernden Kontexten zu diskutieren: „Die Szenarien sind hervorragend dafür, weil sie nicht schwarz-weiß malen, sondern ein kontrastreiches Bild abgeben.“ Stollt ist überzeugt, dass die Szenarien auch nach drei Jahren noch ein gutes Werkzeug sind, um sich auf eine offene Art der Zukunft der Mitbestimmung zu widmen. Doch etwas hat sich stark verändert: Das Thema Digitalisierung mit all seinen Folgen hat noch viel stärker Einzug in viele Unternehmen gehalten und wirkt sich gravierend auf die Arbeitswelt aus. Weil Digitalisierung ein so beherrschendes Thema geworden ist, erarbeiten die MitarbeiterInnen der Böckler-Stiftung in Kooperation mit dem Institut für prospektive Analysen in Berlin jetzt vier sogenannte Fokusszenarien dazu. Erstmals wurden sie im Mai auf der re:publica in Berlin vorgestellt und in zwei Poster-Sessions diskutiert.

Die Szenarien heißen Peak Performance, Persönliche Entfaltung, RESET und Zusammenhalt. Das Szenario Peak Performance etwa beschreibt einen digitalen Wandel, der weitgehend von ökonomischen Gesichtspunkten angetrieben wird, in dem Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit im Vordergrund stehen. Das Szenario Persönliche Entfaltung dagegen rechnet damit, dass die Digitalisierung zu mehr individuellen Gestaltungsspielräumen, Flexibilität und Vielfalt in der Arbeitswelt beitragen wird.

Die Fokusszenarien werden im Herbst publiziert. Generell geht es dabei laut Stollt darum, „der Digitalisierung eine gute Richtung und eine menschliche Gestalt zu geben“. Eine Teilnehmerin, die direkt nach dem Workshop auf der re:publica befragt wurde, sagte, sie nehme mit, dass man der Digitalisierung nicht ausgeliefert sei, sondern den Prozess mitgestalten könne. Die Conclusio freut Stollt: „Das ist genau die Essenz unseres Anliegens, nämlich vom passiven Zukunftsnehmer zum handelnden Akteur zu werden.“ Das Fatale im Diskurs über die Digitalisierung sei nämlich, dass sie oft wie eine Naturgewalt wahrgenommen werde und man nur schauen müsse, dass man dafür fit werde. Doch: „Die Zukunft ist noch nicht geschrieben.“ Außer in Form von Szenarien – und welches sich durchsetzen wird, daran haben wir alle Anteil.

Mehr Information:
www.mitbestimmung.de
www.boeckler.de

Von
Alexandra Rotter
Freie Journalistin

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 5/18.

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Über den/die Autor:in

Alexandra Rotter

Alexandra Rotter hat Kunstgeschichte in Wien und Lausanne studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin in Wien und schreibt vor allem über Wirtschaft, Gesellschaft, Technologie und Zukunft.

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