Kollektivvertrag im Fußball: Neuer Verein zwingt zur Entscheidung

Ein gelber Fußball liegt auf einem Fußballplatz. Symbolbild für den Kollektivvertrag im Fußball in Österreich.
Der Kollektivvertrag im Fußball soll vorrangig junge Profis und Spieler der 2. Liga nach unten absichern. | © Adobestock/Spitzi-Foto
Seit dem Jahr 2008 gibt es einen Kollektivvertrag für Profifußballer in Österreich. Am 5. Oktober verhandelt das Bundeseignungsamt über die Kollektivvertragsfähigkeit im Fußballbereich.
Obwohl es erst im Jahr 2027 neue Verhandlungen zum Kollektivvertrag im Fußball gibt, wird dieser in den kommenden Wochen in den Fokus rücken und Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Denn es wird entschieden, ob zukünftig neben der 143.000 Mitglieder starken younion _ Die Daseinsgewerkschaft, ein neu gegründeter Verein die Kollektivvertragsfähigkeit erhält.

Das ist der Kollektivvertrag im Fußball

Obwohl der KV offiziell „Kollektivvertrag für Fußballspieler:innen der Österreichischen Fußball-Bundesliga“ heißt, gilt er nur für männliche Profis. Der Grund dafür ist, dass die Frauen-Bundesliga nicht von der Fußball-Bundesliga, sondern vom Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) organisiert wird. Vollprofis findet man in Österreich in der Bundesliga und der 2. Liga. Insgesamt werden alle Spieler der zwölf Bundesligisten und 16 Zweitligisten vom Kollektivvertrag erfasst. Wie bei allen anderen Kollektivverträgen auch sind dort die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer (Spieler) und der Dienstgeber (Vereine) verankert. Trotzdem ist der Fußballer-KV etwas spezieller, da ein Leben als Profisportler sich von einer geregelten Arbeit im Büro oder einer Baustelle unterscheidet.

Langjährige Fußballprofis in der Bundesliga sind zumeist nicht auf den Mindestlohn angewiesen, der im Kollektivvertrag vorgesehen ist. Der ist jedoch umso wichtiger für Jung-Profis und Spieler in der 2. Liga, die nach unten eine Absicherung benötigen. Der Mindestlohn liegt aktuell bei 1.600 Euro brutto monatlich. Die Sportgewerkschaft younion allein war bis jetzt für die Kollektivvertragsverhandlungen auf Arbeitnehmerseite zuständig.

Wir sind eine Organisation, die strengen Kontrollen unterliegt, sich an Compliance-Regeln hält und der Unabhängigkeit verpflichtet ist. 

Thomas Pichlmann, younion-Spielerbetreuer

Im vergangenen Jahr traten Funktionäre aus dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB)  aus und gründeten mithilfe eines Sponsors einen neuen Verein. Mit diesem wollen sie nun den Kollektivvertrag mitbestimmen. „Neben der sozialen Wirkfähigkeit des ÖGB gibt es einige Gründe, warum die Kollektivvertragsfähigkeit bei einem kleinen Verein nicht gut aufgehoben ist“, sagt Thomas Pichlmann, younion-Spielerbetreuer.

younion _ Die Daseinsgewerkschaft als Teamkollege

Pichlmann hebt hervor, dass die Kollektivvertragsverhandlungen schon in der Vergangenheit von Expert:innen der younion geführt wurden, nicht von den Vertretern der Fachgruppe. Und das die Sportgewerkschaft younion nicht nur über Rechtsexpert:innen, Verhandlungsexpert:innen, sondern auch über Medienprofis, die viel bewirken können, verfügt. „Dabei spielen auch die Kanäle des ÖGB eine Rolle“, so der Spielerbetreuer.

younion _ Die Daseinsgewerkschaft vertritt insgesamt 143.000 Mitglieder in mehr als 200 Berufsgruppen. Deshalb sieht sie auch zukünftig in der Position, den millionenschweren Fußballvereinen entgegenzutreten und für faire Kollektivverträge zu kämpfen. „Wir sind eine Organisation, die strengen Kontrollen unterliegt, sich an Compliance-Regeln hält und der Unabhängigkeit verpflichtet ist. Wir garantieren, dass Sponsoren keinen Einfluss auf unsere Tätigkeiten wie (Kollektivvertrags-)Verhandlungen und Entscheidungen haben. Weder im Fußball noch beim Eishockey, Basketball, oder anderen Sportbereichen, die wir vertreten“, erklärt Pichlmann die Grundsätze.

Kollektivvertrag im Fußball: Gewinnen kann man nur gemeinsam

In den vergangenen Monaten berichteten diverse Medien, dass sich der neue Verein, der nun ebenfalls um die Kollektivvertragsfähigkeit ansucht, vom ÖGB abgespalten hat und die Tätigkeit als Fachgruppe VdF (Vereinigung der Fußballer) fortsetzt. Dem widerspricht Pichlmann. „Die Fachgruppe VdF ist weiterhin Teil des ÖGB und insbesondere für den Kontakt mit den Spieler:innen stark aufgestellt.“ Stephan Auer und Pichlmann sind für die Profis zuständig, Thomas Trawöger für die Amateure und Maria Plattner für den Frauenfußball.

Aktuell gibt es jedoch zahlreiche Spieler, die einerseits Gewerkschaftsmitglied und gleichzeitig Vereinsmitglied des neuen Vereins sind. Hier ist es der younion ein Anliegen, für Aufklärung zu sorgen, wie Pichlmann betont. „Wir sind seit Monaten unterwegs, um das aufzuklären und es gibt eine klare Rückkehrbewegung zur younion. Allein im September sind mehr als zwanzig Profis zur younion zurückgekommen.“

younion _ Die Daseinsgewerkschaft betont vor der Verhandlung den Rückhalt beim ÖGB mit insgesamt 1,2 Millionen Mitgliedern. „Leider sind Spieler von manchen Ex-Funktionären auch in der Vergangenheit nicht darüber informiert worden, warum es wichtig ist, gerade im Sportbereich gemeinsam aufzutreten. Es ist wie am Fußballplatz. Als kleiner, neuer Verein hast du gegen Real Madrid auch keine Chance“ sagt Pichlmann.

Gerade in jüngster Zeit produzierte der Fußball einige Schlagzeilen, die über den Sport hinaus gehen. Die mörderischen Bauarbeiten in Katar waren einer der Gründe. Wie wichtig die Kollektivvertragsverhandlungen im Fußball sind, zeigt auch der dort herrschende Gender-Pay-Gap. Profisport reicht längst nicht überall zum Leben. Mehr News zur aktuellen Herbstlohnrunde gibt es hier.

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Über den/die Autor:in

Stefan Mayer

Stefan Mayer arbeitete viele Jahre in der Privatwirtschaft, ehe er mit Anfang 30 Geschichte und Politikwissenschaft zu studieren begann. Er schreibt für unterschiedliche Publikationen in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Sport.

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