Die Menschen mitnehmen

Renate Anderl
Renate Anderl | © Sebastian Philipp
Die Zeit ist reif für Eindeutigkeit. Denn in unsicheren Zeiten brauchen Menschen Stabilität. Und dafür sind klare Maßnahmen der Politik notwendig, sonst geht unsere Demokratie flöten. Ein Kommentar von AK-Präsidentin Renate Anderl.
Corona, Teuerung, Ukraine-Krieg, Klimakatastrophe: Die Menschen werden derzeit von vielen Krisen geplagt. Gegen alle gibt es eine Fülle an Maßnahmen vonseiten der Bundesregierung, der EU und der UNO. Und es gibt eine Unzahl an Informationen in mehr und weniger seriösen Medien. Sich so eine Meinung zu bilden und demokratische Entscheidungen zu treffen ist, gelinde gesagt, eine große Herausforderung.

Dabei brauchen Menschen gerade in Krisen Klarheit: Was ist das Problem? Was ist die Lösung, und wie kommen wir dahin? Wenn die Klarheit fehlt, wenn die Politik keine nachvollziehbaren Entscheidungen trifft – etwa wenn in der Corona-Krise alle drei Wochen andere Regeln gelten und Medien den Leser:innen das Hirn mit Halbwahrheiten vernebeln –, dann ist Politikverdrossenheit vorprogrammiert. Das darf keiner Partei, die sich der Demokratie verpflichtet fühlt, egal sein. Seit Beginn der Corona-Krise war viel von einer „Spaltung“ der Gesellschaft die Rede. Ich bestreite nach wie vor, dass es den tiefen Spalt gegeben hat. Eine kleine Gruppe von Impfgegner:innen und Coronaleugner:innen hat den Eindruck erweckt, mindestens die Hälfte der Bevölkerung auszumachen. Das war jedoch nie der Fall. Aber warum hatte man diesen Eindruck? Weil die Bundesregierung scheinbar planlos war und weil die Medien diesen Leuten breiten Raum gegeben haben. Ein anderes Beispiel, das Weltklima: Die Lage ist katastrophal, Wälder brennen, Seen trocknen aus, im Oktober hatte es über 20 Grad. Aber weder die heimische Regierung noch die EU unternehmen ernsthafte Anstrengungen, das in den Griff zu bekommen. Junge Menschen haben große Angst vor ihrer Zukunft und greifen zu außergewöhnlichen Maßnahmen, sie kleben sich fest oder beschütten das Schutzglas von Kunstwerken – davon kann man halten, was man will. Aber was ist der mediale Skandal? Nicht die Untätigkeit der Regierungen auf Kosten der Kinder und Enkelkinder, sondern Suppe auf einem Botticelli-Gemälde und Stau in der Wiener Westeinfahrt. Dass sich junge Menschen dann von der „traditionellen“ Politik abwenden, wundert nicht. Die Menschen müssen sich endlich wieder mitgenommen fühlen. 80 Prozent der Bevölkerung in Österreich sind für Reichensteuern, doch die Regierung mauert. Über eine Million war von der Bundespräsidentschaftswahl ausgeschlossen, aber die Regierung sieht die Staatsbürgerschaft entwertet. Es gibt immer mehr skurrile Onlinemedien, aber die Regierung vernichtet die „Wiener Zeitung“. Das ist eine Sackgasse, so wird die Demokratie an die Wand gefahren. Es ist Zeit umzukehren und Demokratie, Mitbestimmung und Meinungsbildung zu stärken.

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