Kampf gegen Dumping
Was verdienen aber slowenische Bauarbeiter oder ungarische Gastgewerbekräfte in einem Land mit höherem Lohnniveau wie Österreich und wie viel Sozialabgaben entrichten die Arbeitgeber? „Den jeweils lokal gültigen Mindestlohn auch für Entsandte (grenzüberschreitend tätige ArbeitnehmerInnen, Anm.) vorzuschreiben ist die eine Sache, diesen zu kontrollieren und gegebenenfalls Sanktionen zu verhängen eine andere“, unterstreicht der AK-Jurist Walter Gagawczuk. Er ist Experte für den Kampf gegen Lohn- und-Sozialdumping, ob in Österreich oder der EU.
Der entscheidende Vorschlag dazu kam vor eineinhalb Jahren vom scheidenden Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker: Eine Arbeitsrechtsbehörde sollte eingerichtet werden, um endlich besser gegen Lohndumping vorgehen und Verwaltungsstrafen bei Vergehen auch grenzüberschreitend vollstrecken zu können. Damit wurde eine jahrelange Forderung vor allem von sozialdemokratischen EU-ParlamentarierInnen Realität.
Oft werden Arbeitnehmerschutzvorschriften wie Höchstarbeits- und Ruhezeiten umgangen. Nicht nur am Bau.
„Aufgrund der teilweise relativ hohen kriminellen Energie und vielfältiger Tricks mancher Unternehmen stößt die Kontrolle manchmal an die Grenzen ihrer Möglichkeiten“, formuliert es Walter Gagawczuk. Die Gehaltsunterschiede zwischen den neueren und den älteren Mitgliedsländern sind durch die so genannten Übergangsfristen ab 2004 mit der großen EU-Erweiterungsrunde nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben worden. Obwohl sich das Lohngefälle verringert hat, sind die Unterschiede noch immer enorm. Hinzu kommt: Oft werden Arbeitnehmerschutzvorschriften wie Höchstarbeits- und Ruhezeiten umgangen. Nicht nur am Bau.
Unfairer Wettbewerb
Lohn- und Sozialdumping bewirkt unfairen Wettbewerb. Unternehmen, die geringere Löhne zahlen, können günstigere Angebote legen und verdrängen Unternehmen, die die vorgesehenen Mindestlöhne zahlen. Indirekt verdrängen sie dadurch auch die bei diesen Unternehmen beschäftigten ArbeitnehmerInnen. Und das Lohngefüge als solches kommt unter Druck: Um mithalten zu können, pfeifen immer mehr Unternehmen auf die Lohnvorschriften. Es kommt zur Erosion bei den Mindestlöhnen und Arbeitsbedingungen. Vorrangig sind Branchen mit hohen Personalkosten betroffen sowie gering qualifiziertes Personal.
Sozialbetrug
Pro Jahr sind mehrere hunderttausend EU-Arbeitskräfte grenzüberschreitend in Österreich tätig. Laut Kontrollberichten besteht etwa bei den BauarbeiterInnen zur Hälfte der Verdacht auf Sozialbetrug seitens ihrer Arbeitgeber. Bedauerlicherweise hat sich ausgerechnet die ÖVP-FPÖ-Regierung gegen die Ansiedlung der EU-Arbeitsbehörde hierzulande ausgesprochen. Sehr zum Ärger von Gewerkschafts- und AK-VertreterInnen und SPÖ-ParlamentarierInnen. Dieses Torpedieren soll wohl die Zuwanderung von Dumping-Arbeitskräften fördern, so ihr Verdacht.
Arbeit&Wirtschaft 6/2018 mit dem
Schwerpunkt „Europa“
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Heike Hausensteiner
Freier Journalistin
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 3/19.
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