Interview: Wichtige Maßnahme gegen Armut

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Für WIFO-Chef Christoph Badelt ist die Anpassung der Mindestlöhne eine sozialpolitische Notwendigkeit - und er sieht Bedarf für weitere Entlastungen.

Also dieser Effekt zählt für Sie nicht eindeutig zu den möglichen negativen Auswirkungen?

Es ist zweifellos ein wichtiges Thema, aber es ist ein Problem, das man mit etwas Augenmaß durchaus bewältigen kann.

Wie steht es um das Risiko vermehrten Outsourcings, dass Unternehmen ins Ausland abwandern? In Österreich wäre vom Mindestlohn ja hauptsächlich die Dienstleistungsbranche betroffen.

Die Niedriglohnbranchen in Österreich stehen tatsächlich nicht sehr stark im direkten internationalen Wettbewerb. Es gibt zwar im Tourismus viele ausländische Arbeitskräfte, aber dem Zimmermädchen aus Tschechien müssen Sie, sobald es hier arbeitet, ja dasselbe bezahlen wie der österreichischen Kollegin. Und diese Dienstleistung muss ja hier vor Ort erfolgen. Es mag schon sein, dass es das in manchen Bereichen geben könnte, bei Putzereien etwa könnte ich mir das vorstellen. Aber die wichtigste Frage ist: Schafft das Unternehmen das höhere Lohnniveau?

Kurz zurück zu den anfangs erwähnten prekären Beschäftigungsverhältnissen: Erwarten Sie ein Ausweichen in Scheinselbstständigkeit bzw. einen Zuwachs von freien DienstnehmerInnen?

Immer wenn Sie den Arbeitsmarkt stärker regulieren, wird es Ausweichmanöver geben. Ich denke nicht, dass das vorhin erwähnte Zimmermädchen als Selbstständige beschäftigt werden kann. Doch das Problem gibt es bei jeder Regulierung, daher muss man damit immer vorsichtig sein. Aber hier geht es ja im Grunde nicht um eine neue Regulierung, sondern um eine Anpassung. Und außerdem wird das ja auch kontrolliert.

Sehen Sie eine Möglichkeit, derartige Beschäftigungsverhältnisse zu regulieren, also die Situation dieser Menschen – auch im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung – zu verbessern?

Ich halte das für ein ganz schwieriges Thema und ein wachsendes Problem, auf das man unbedingt achten sollte. Denn was jemand im Internet mit einem Unternehmen vereinbart, das kann man so gut wie gar nicht kontrollieren. Dieses komplexe Problem zu lösen, das geht sicher nicht auf Knopfdruck.

Foto (C) Michael Mazohl

Zum Abschluss noch das derzeit allgegenwärtige Thema Flüchtlinge: Wie stehen Sie zu der Idee, Flüchtlinge von der Mindestlohnregelung auszunehmen?

Da habe ich eine ganz klare Position. Wenn jemand das Recht hat, hier zu arbeiten, dann hat er oder sie auch das Recht auf den Mindestlohn. Es darf keine verschiedenen Arbeitskräfte-Klassen geben.

Das WIFO plant im Auftrag der AK eine Studie zum Thema Mindestlohn. Welche Schwerpunkte wird es geben und wann können wir mit Ergebnissen rechnen?

Die von Ihnen vorhin zitierte Umverteilungsstudie ist zwei Jahre alt. Bei der jetzt begonnenen Studie geht es um die möglichen Verteilungseffekte und die sozialen Auswirkungen anhand aktueller Daten.

Linktipp
Studie zu Armut

Von
Astrid Fadler

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 3/17.

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