Firmen klagen, der Arbeitsmarkt in Österreich sei so starr. Stimmt das so?
Im internationalen Vergleich nicht. In Österreich ist in hohem Ausmaß Arbeitszeitflexibilität möglich, über Bandbreitenmodelle, über Gleitzeit. Es gibt verschiedene Formen, die auf Kollektivvertragsebene oder Betriebsebene noch ausgeweitet werden können. Darüber hinaus gibt es weitere Flexibilitätsmöglichkeiten über Überstunden. Nur diese kosten etwas. Es geht in der Auseinandersetzung nicht wirklich um Flexibilität, sondern darum, ob Flexibilität etwas kostet.
Und dann ist die Frage: Gibt es einen wirtschaftlichen Anreiz für die Unternehmen, vorauszuplanen und zu vermeiden, dass die Leute auf Abruf arbeiten müssen, oder ist das egal? Dazu kommt die Konkurrenz. Die Firmen sagen ja: Ich habe bessere Chancen, einen Auftrag zu bekommen, wenn ich einen kürzeren Fertigstellungstermin versprechen kann. Das heißt, ich muss die Beschäftigten in der Zeit, in der der Auftrag abgearbeitet wird, länger einsetzen können. Da hat der einzelne Betrieb Recht, wenn er sagt, dass das auch Arbeitsplätze sichert. Aber wenn ein Betrieb einen kürzeren Fertigstellungstermin verspricht, dann müssen das die anderen auch. Im Endeffekt entsteht kein einziger zusätzlicher Arbeitsplatz, es arbeiten nur alle länger und unter mehr Druck.
Daher muss es Begrenzungen geben, und diese werden heute als wirtschaftlich schädlich hingestellt. Das sind sie aber nicht, sondern sie sind auch für die Unternehmen vorteilhaft, weil sie sich nicht ruinös konkurrenzieren müssen. Und für die Arbeitenden sind Arbeitszeitgrenzen buchstäblich lebensnotwendig. Nur wird dieses Denken immer mehr verdrängt.
Eigentlich spricht man heute in der öffentlichen Diskussion meist über die Interessen einer kleinen Minderheit, nämlich über die, die ein Unternehmen führen oder Kapitaleinkommen besitzen. Die überwiegende Mehrheit von über 90 Prozent, zu der auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehören, kommt da kaum mehr vor.
Das Ende der Arbeit wurde schon oft prognostiziert. Ist damit überhaupt noch zu rechnen?
Na schon. Wir haben vor 20, 30 Jahren die Diskussion über die Automation in der Industrie gehabt, und die Industriearbeitsplätze sind weniger geworden. Der Dienstleistungsbereich ist gewachsen, aber in vielen Sektoren gibt es massive Rationalisierungen – denken wir an die Banken, wo viele Filialen geschlossen werden. Im Handel geht es jetzt wieder massiv in Richtung Rationalisierung. Noch dazu machen die Konsumentinnen und Konsumenten viel mehr selber als früher und arbeiten unbezahlt für Firmen, aber auch für den öffentlichen Dienst. Auch im öffentlichen Bereich haben wir schon längere Zeit die Austeritätspolitik und den damit verbundenen Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst.