Einerseits kämpfen Sie gegen Lobbyisten der Elektrokonzerne, andererseits gegen ein lange etabliertes Konsumverhalten. Trotzdem blicken Sie optimistisch in die Zukunft?
Ja, aus gutem Grund. Erstens werden die Wutbürger mehr, die sich über solche Machenschaften ärgern. Zweitens werden die Reparatur-Cafés immer mehr. Das ist in Wahrheit eine Graswurzel-Bewegung. Da sind mündige KonsumentInnen unterwegs, um Selbsthilfegruppen zu entwickeln.
Warum ich so optimistisch bin, hat den Grund, weil Ordnungspolitik wieder einmal zu funktionieren scheint. Abseits der großen EU-Themen ist das sehr ambitionierte Konzept der Circular Economy gut unterwegs. Wir schaffen in unserem Normungsgremium auf EU-Ebene die Grundlage, dass die Öko-Design-Richtlinie von einer Energieeffizienz-Richtlinie zu einer echten Öko-Design-Richtlinie erweitert wird. Es werden also Kriterien zur Ressourcen-Effizienz verankert.
Meinen Sie mit Ressourcen zum Beispiel seltene Erden aus Afrika?
Ja. Wir sind der größte Wirtschaftsraum der Welt, aber wie kein anderer abhängig von Rohstoffimporten. Insbesondere die kritischen Rohstoffe, von denen man weiß, sie gehen in absehbarer Zeit zur Neige, kommen aus politisch instabilen Ländern. Um Versorgungssicherheit zu stärken, wurde die Circular Economy entwickelt.
Wie wirkt diese Circular Economy?
In Schweden hat zum Beispiel die rot-grüne Regierung einen Beschluss gefasst, dass man Reparaturen im Vergleich zu Neukäufen begünstigt.
Die Mehrwertsteuer auf Reparaturen wurde von 25 auf 12 Prozent reduziert.
Reparaturen haben auch einen arbeitsmarktpolitischen Effekt …
Natürlich. Das ist auch die Idee der Schweden. Die erwarten sich eine Zunahme an Beschäftigungsmöglichkeiten, insbesondere für Flüchtlinge.
Vielleicht hat deswegen der Bundeskanzler diese Idee aufgegriffen. Warum fördern sie jetzt die Reparatur für Schuhe, Textilien und Fahrräder? Weil es viele Flüchtlinge aus Syrien oder Afghanistan gibt, die das können. Was ist schöner, als so auch noch Integrationsaufgaben zu lösen?
Wie sieht für Sie der ideale Konsument, die ideale Konsumentin aus? Haben Sie ein Wort dafür analog zum Konsumtrottel?
Er lässt sich nicht alles aufschwatzen, denkt selber und recherchiert, bevor er etwas kauft.
Klar! Intelligenter Konsument! Das ist einer, der sich nicht alles aufschwatzen lässt, der selber denkt und recherchiert, bevor er etwas kauft. Und zwar nicht nur auf der Billigplattform geizhals.at.
Wird es künftig mehr intelligente KonsumentInnen geben?
Ja, zwangsläufig. Wir haben gar keine Chance, unser Konsumverhalten so fortzuführen, weil es die Wegwerfprodukte nicht mehr geben wird. Es sind alle für eine Circular Economy, auch die Hersteller.
Es gibt keinen Weg zurück. Wir werden 2025 wieder langlebige, reparaturfreundlich konstruierte Produkte am europäischen Markt haben. Die anderen wird es nicht mehr geben.
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Reparatur- und Servicezentrum R.U.S.Z
Irene Steindl
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 1/17.
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