Interview: Üble Tricks auf gesättigten Märkten

Inhalt

  1. Seite 1 - Die Wegwerfmentalität
  2. Seite 2 - Was können wir tun?
  3. Seite 3 - Circular Economy
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Wenn die günstige Waschmaschine nach drei Jahren den Geist aufgibt oder es keine Ersatzteile für den Staubsauger gibt, dann ist das kein Zufall. Kaum jemand weiß darüber so gut Bescheid wie Sepp Eisenriegler vom Reparatur- und Service-Zentrum in Wien. In seinem Buch "Konsumtrottel" deckt er die Machenschaften von Konzernen und Handel auf und gibt Tipps für KonsumentInnen. Einige hat er im Interview verraten.

Mehr als 6.000-mal hat sich sein Buch „Konsumtrottel“ in wenigen ­Monaten verkauft. Die Themen sind nicht neu: ein­gebaute Sollbruchstellen in Elektrogeräten, manipulierende Werbebotschaften und ­profithungrige Konzerne. Neu ist nur die ­Haltung der KonsumentInnen, die sich ­dagegen wehren und Sepp Eisenriegler.

Einerseits kämpfen Sie gegen Lobbyisten der Elektrokonzerne, andererseits gegen ein lange etabliertes Konsumverhalten. Trotzdem blicken Sie optimistisch in die Zukunft?

Ja, aus gutem Grund. Erstens werden die Wutbürger mehr, die sich über solche Machenschaften ärgern. Zweitens werden die Reparatur-Cafés immer mehr. Das ist in Wahrheit eine Graswurzel-Bewegung. Da sind mündige KonsumentInnen unterwegs, um Selbsthilfegruppen zu entwickeln.

Warum ich so optimistisch bin, hat den Grund, weil Ordnungspolitik wieder einmal zu funktionieren scheint. Abseits der großen EU-Themen ist das sehr ambitionierte Konzept der Circular Economy gut unterwegs. Wir schaffen in unserem Normungsgremium auf EU-Ebene die Grundlage, dass die Öko-Design-Richtlinie von einer Energieeffizienz-Richtlinie zu einer echten Öko-Design-Richtlinie erweitert wird. Es werden also Kriterien zur Ressourcen-Effizienz verankert.

Meinen Sie mit Ressourcen zum Beispiel seltene Erden aus Afrika?

Ja. Wir sind der größte Wirtschaftsraum der Welt, aber wie kein anderer abhängig von Rohstoffimporten. Insbesondere die kritischen Rohstoffe, von denen man weiß, sie gehen in absehbarer Zeit zur Neige, kommen aus politisch instabilen Ländern. Um Versorgungssicherheit zu stärken, wurde die Circular Economy entwickelt.

Wie wirkt diese Circular Economy?

In Schweden hat zum Beispiel die rot-grüne Regierung einen Beschluss gefasst, dass man Reparaturen im Vergleich zu Neukäufen begünstigt.

Schweden geht mit gutem Beispiel voran:

Die Mehrwertsteuer auf Reparaturen wurde von 25 auf 12 Prozent reduziert.

Die Mehrwertsteuer auf Reparaturen wurde von 25 auf 12 Prozent reduziert. Für die Anfahrt, die Arbeitszeit und die Vor-Ort-Reparatur werden die halben Kosten refundiert. Interessanterweise hat Bundeskanzler Christian Kern dasselbe für Österreich angekündigt. Das ist ja schon was! Wenn Reparieren billiger wird, dann haben wir eine gute Chance.

Reparaturen haben auch einen arbeitsmarktpolitischen Effekt …

Natürlich. Das ist auch die Idee der Schweden. Die erwarten sich eine Zunahme an Beschäftigungsmöglichkeiten, insbesondere für Flüchtlinge.

Vielleicht hat deswegen der Bundeskanzler diese Idee aufgegriffen. Warum fördern sie jetzt die Reparatur für Schuhe, Textilien und Fahrräder? Weil es viele Flüchtlinge aus Syrien oder Afghanistan gibt, die das können. Was ist schöner, als so auch noch Integrationsaufgaben zu lösen?

Wie sieht für Sie der ideale Konsument, die ideale Konsumentin aus? Haben Sie ein Wort dafür analog zum Konsumtrottel?

Intelligenter Konsument:

Er lässt sich nicht alles aufschwatzen, denkt selber und recherchiert, bevor er etwas kauft.

Klar! Intelligenter Konsument! Das ist einer, der sich nicht alles aufschwatzen lässt, der selber denkt und recherchiert, bevor er etwas kauft. Und zwar nicht nur auf der Billigplattform geizhals.at.

Wird es künftig mehr intelligente KonsumentInnen geben?

Ja, zwangsläufig. Wir haben gar keine Chance, unser Konsumverhalten so fortzuführen, weil es die Wegwerfprodukte nicht mehr geben wird. Es sind alle für eine Circular Economy, auch die Hersteller.

Es gibt keinen Weg zurück. Wir werden 2025 wieder langlebige, reparaturfreundlich konstruierte Produkte am europäischen Markt haben. Die anderen wird es nicht mehr geben.

Konsumtrottel
Wie uns die Konzerne austricksen und wie wir uns wehren
von Sepp Eisenriegler
ISBN: 978-3-99001-191-1
Verlag: edition a
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Linktipp:
Reparatur- und Servicezentrum R.U.S.Z

Von
Irene Steindl

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 1/17.

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Über den/die Autor:in

Irene Steindl

Irene Steindl studierte Publizistik mit Schwerpunkten in Politikwissenschaft und Gender Studies an der Universität Wien. Aufgewachsen in einer Umgebung von Bleilettern und Druckmaschinen sowie sozialisiert durch die Gewerkschaftsbewegung, entwickelte sie früh eine Leidenschaft für die Arbeit&Wirtschaft. Seit 2012 ist sie als freie Journalistin tätig und gibt Schreibworkshops für Unternehmen. Von 2023 bis 2024 war sie Chefin vom Dienst bei der Arbeit&Wirtschaft.

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