Interview: Üble Tricks auf gesättigten Märkten

Inhalt

  1. Seite 1 - Die Wegwerfmentalität
  2. Seite 2 - Was können wir tun?
  3. Seite 3 - Circular Economy
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Wenn die günstige Waschmaschine nach drei Jahren den Geist aufgibt oder es keine Ersatzteile für den Staubsauger gibt, dann ist das kein Zufall. Kaum jemand weiß darüber so gut Bescheid wie Sepp Eisenriegler vom Reparatur- und Service-Zentrum in Wien. In seinem Buch "Konsumtrottel" deckt er die Machenschaften von Konzernen und Handel auf und gibt Tipps für KonsumentInnen. Einige hat er im Interview verraten.

„Der ideale Konsument ist einer, der sich nicht alles aufschwatzen lässt, der ­selber denkt und recherchiert, bevor er etwas kauft.“

Fast alle neuen Waschmaschinen haben umweltschonende Öko-Programme. Ein Fortschritt?

Das ist der größte Blödsinn. Nur 16 Prozent der Verbraucher wählen diese Programme an. Wenn Sie das 60-Grad-Eco-Programm wählen, wird Ihre Wäsche durchschnittlich mit 30 Grad gewaschen. Da werden Sie also auch belogen. Um die Wäsche trotzdem wie bei einem 60-Grad-Programm sauber zu bekommen, wäscht die Maschine um ein bis zwei Stunden länger. Weil das so lange dauert, nutzt das kaum jemand. Wo ist hier also die Einsparung? Hersteller und Handel haben in den letzten Jahren Millionen von Waschmaschinen mit Eco-Programmen verkauft, mit dem Argument: „Wir können unseren Planeten nur durch energieeffiziente Haushaltsgeräte retten. Und außerdem erspart ihr euch was, weil die neuen Geräte weniger Strom brauchen.“ Die größte europäische Konsumentenschutzorganisation BEUC hat herausgefunden, was man sich durch die sogenannten A+++-Waschmaschinen tatsächlich erspart: weniger als 1,50 Euro pro Jahr. Also nichts.

Ein Buch kann die Welt nicht verändern. Was hoffen Sie damit zu erreichen?

Meine Hoffnung ist, die Leute ein wenig staunen zu machen ob der unseriösen Vorgangsweise von Herstellern und Elektrohändlern. In Wahrheit schafft der Elektrohandel den Herstellern an, wie lange oder wie kurz die Produkte halten sollen, die sie dann verkaufen. Natürlich gibt es viele Hersteller, die das schnelle Geld machen wollen und da mitspielen. Miele und Bosch-Siemens gehören da nicht dazu. Aber viele andere schon. Wenn Leute diesen Aha-Effekt haben, sind sie bereit für das, was ich auf politischer Ebene mache.

Und zwar?

Viele Industrielobbyisten wissen eh, dass es so nicht weitergeht. Aber sie warten auf EU-Maßnahmen, die für alle gelten.
Ich sitze in einem neu gegründeten europäischen Normungsausschuss, beauftragt von der EU-Kommission, der Standards für materialeffizientes Produzieren von Elektrogeräten erstellt. Das ist eine sehr wichtige Maßnahme. Meine Angst, von den Industrielobbyisten niedergestimmt zu werden, ist scheinbar unbegründet. Einige Industrielobbyisten sagen: „Wir wissen eh, dass es so nicht weitergeht. Wir haben nur darauf gewartet, dass die EU Maßnahmen setzt, die für alle gelten. Alleine hätten wir nicht angefangen.“

Die Gesellschaft ist also bereit für eine Trendwende?

Genau. Den Beweis kann ich antreten. Das ist zwar immer noch ein Minderheitenprogramm, aber vor 15 Jahren bin ich auf meinen Projektkonzepten wie „Mieten statt Kaufen“ noch sitzen geblieben.

Worauf sollte man beim Einkauf achten? Bleiben wir gleich beim Beispiel Waschmaschine.

Wenn Sie eine langlebige Waschmaschine haben wollen, müssen Sie nach der Verfügbarkeit von Ersatzteilen fragen. Wenn das bei Miele 15 Jahre sind und bei Bosch-Siemens zehn Jahre, dann werde ich wahrscheinlich eher zu solchen Produkten greifen, als wenn keine Ersatzteile zur Verfügung stehen. Bei allen billigen Staubsaugern, die wir getestet haben, ist es nicht mal geplant, Ersatzteile zur Verfügung zu stellen. Es gibt einfach keine. Die sind dafür gebaut, dass sie beim ersten Defekt weggeschmissen werden.

Mit den Reparaturen ist das ja so eine Sache: Oftmals heißt es: „Das zahlt sich nicht mehr aus.“

Das ist die nächste Abzocke. Sie lassen sich auf eine Reparatur ein und dann sagt Ihnen der Servicetechniker: „Das kostet so und so viel, aber schauen Sie, da haben wir viel bessere neue Angebote.“ Weil er mit den Händlern unter einer Decke steckt. Wer im Großraum Wien etwas reparieren möchte, sucht sich am besten auf reparaturnetzwerk.at den passenden Mitgliedsbetrieb aus.

Wer im Großraum Wien etwas reparieren möchte, sucht sich am besten auf reparaturnetzwerk.at den passenden Mitgliedsbetrieb aus.

Es gibt 80 Mitgliedsbetriebe, die alle einem Ehrenkodex verpflichtet sind. Hier ist es gelungen, die wenigen weißen Schafe in ein Netzwerk zu bringen und die Herde an schwarzen Schafen draußen zu lassen.

Der Untertitel Ihres Buches lautet „… wie wir uns wehren“. Was können wir tun?

Sie können zum Beispiel die vielen Reparatur-Initiativen nutzen. In Österreich gibt es über 30 davon. Sie lernen also, selbst zu reparieren. Das ist der Hintergrund eines Reparatur-Cafés: die Ermächtigung von KonsumentInnen, sich diese alte Kulturtechnik des Reparierens wieder anzueignen.

Und wenn Sie mal einen Mixer, Fön oder Toaster aufgeschraubt haben und danach mit einem funktionierenden Gerät wieder weggehen, dann haben Sie zu dem Produkt eine ganz andere Beziehung. Da denken Sie nicht mehr daran, beim kleinsten Fehler das ganze Ding wegzuhauen.

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Über den/die Autor:in

Irene Steindl

Irene Steindl studierte Publizistik mit Schwerpunkten in Politikwissenschaft und Gender Studies an der Universität Wien. Aufgewachsen in einer Umgebung von Bleilettern und Druckmaschinen sowie sozialisiert durch die Gewerkschaftsbewegung, entwickelte sie früh eine Leidenschaft für die Arbeit&Wirtschaft. Seit 2012 ist sie als freie Journalistin tätig und gibt Schreibworkshops für Unternehmen. Von 2023 bis 2024 war sie Chefin vom Dienst bei der Arbeit&Wirtschaft.

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