Können Sie sich an Ihre ersten Kollektivvertragsverhandlungen zurückerinnern?
Ich kann mich sehr gut erinnern. Das muss vor mittlerweile 21 Jahren gewesen sein. Da bin ich als frisch gewählter Betriebsrat eingeladen worden, dorthin zu kommen, mir das anzusehen. Und irgendwie war das für mich eine ganz komische Welt. Da waren so viele Kolleginnen und Kollegen dort und dann ist oft stundenlang nichts passiert und dann ist das hohe Verhandlungsgremium heruntergekommen, hat uns über die Verhandlungsfortschritte berichtet. Teilweise sind wir zehn, zwölf Stunden dort gesessen und es haben sich bei den Gehaltsfortschritten nur 0,1 Prozent an einem Verhandlungstag verändert. Das waren oft Rituale, die ich als sehr sehr merkwürdig empfunden habe. Man braucht einige Zeit, bis man versteht, wie das in der Sozialpartnerschaft wirklich läuft.
Seit wann gehören Sie zum Kernverhandlungsteam?
Seit dem Jahr 2000, seit damals bin ich Wiener Vorsitzender des Wirtschaftsbereichs Handel in der GPA-djp. Als stellvertretender Vorsitzender im Bund wurde ich in den Verhandlungsprozess sehr eng eingebunden und seit zehn Jahren bin ich hauptverantwortlich, gemeinsam mit der Kollegin Anita Palkovich, die gemeinsam mit mir hauptamtlich verhandelt.
Können Sie sich an einen Moment in diesen vielen Jahren erinnern, in dem Sie das Gefühl hatten, dass die Luft zum Schneiden war?
Es ist ja so, dass die Kollegen aus dem Metallbereich, die eine sehr gute und engagierte Politik machen, natürlich immer sehr hohe, bestimmende Abschlüsse machen und die Bereiche, die zeitnah verhandeln, die sind dann immer in Konkurrenz mit ihnen.
Ich würde sagen, diesen Moment hat es bei jeder Verhandlung gegeben. Es hat in meiner Erinnerung nie eine leiwande Verhandlung gegeben, wo wir nur hingegangen sind und uns etwas abgeholt haben. Wir haben eigentlich um jeden Abschluss ringen müssen und das ist das, was mich oft ein bissl betroffen macht, wir reißen uns oft wirklich den Arsch auf und hörst du von den KollegInnen, dass du nur auf einen Abschluss oder einen Prozentwert reduziert wirst, der in einem anderen Wirtschaftsbereich erzielt wurde. Ich kann es auch namentlich ansprechen. Es ist ja so, dass die Kollegen aus dem Metallbereich, die eine sehr gute und engagierte Politik machen, natürlich immer sehr hohe, bestimmende Abschlüsse machen und die Bereiche, die zeitnah verhandeln, die sind dann immer in Konkurrenz mit ihnen. Sie werden immer am Abschluss der Metaller gemessen.
Aber sind die Metaller nicht eine ganz andere Branche, wo auch eine viel höhere Streikbereitschaft da ist?
Es gibt eine andere Streikbereitschaft, es ist ein anderer Organisationsgrad, es sind auch andere Wirtschaftsbedingungen. Es sind andere Unternehmen. Wenn ich mir die Situation in einem Industrieunternehmen anschaue, wo oft hunderte Leute arbeiten, und dann die Situation in einem kleinen Handelsunternehmen, wo drei oder vier Teilzeitbeschäftigte angestellt sind. Diese Dinge kann man nicht vergleichen. Aber auch in der medialen Berichterstattung werden hier Äpfel mit Birnen verglichen.