Ein-Euro-Jobs ja, Aktion 20.000 nein: Wie passt das zusammen?
Die Logik der Aktion 20.000 sind normale kollektivvertragliche Jobs, die auch ein normales Gehalt bieten, wo man ganz normal Löhne bekommt und Steuern und Abgaben bezahlt. Das andere sind Ein-Euro-Jobs, wo man einen riesigen Niedriglohnsektor schafft – mit allen negativen Konsequenzen, wie in Deutschland.
Es wird ja immer so getan, als wäre Arbeitslosigkeit eine gemütliche Hängematte, in der man sich chillig ausruht. Das stimmt nicht, denn wenn man genau das tut, wird man sanktioniert. Und worüber sehr wenig geredet wird, ist, was Langzeitarbeitslosigkeit mit Menschen macht. Sie macht Menschen krank, sie macht einsam, sie macht arm und sie ist eine wirkliche persönliche Katastrophe. Niemand will das – und wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen in dieser Situation alleingelassen werden.
Mir scheint, „Alt-Sein“ wird nicht erst mit 50 Jahren definiert. Stimmt das?
Stimmt, in Wahrheit beginnt das schon mit 45. Aber der Fünfer vor dem Alter führt dazu, dass man wirklich keine Chance mehr hat, wenn man langzeitarbeitslos ist. Da bleiben viele die Antwort schuldig, was die Alternative zur Aktion 20.000 ist, die Antwort auf dieses totale Marktversagen in Bezug auf ältere Arbeitslose: Lassen wir 50.000 Menschen, die einfach nur über 50 Jahre alt sind, im Regen stehen, und zwar für die nächsten 15 Jahre, bis sie in Pension gehen?
Auch vielen jungen Menschen fällt es immer schwerer, stabile Arbeitsverhältnisse zu finden.
In Wirklichkeit steigen die Jungen schon mit einem Prekariat ein und sind viele Jahre prekär beschäftigt. Das wirkt sich wiederum fatal auf die Pension aus. Insofern finde ich, dass es an der Zeit ist, über Lebensphasenmodelle nachzudenken. Da sind wir beim großen Geschlechterthema mit zwei Dritteln der Frauen, die unbezahlte Arbeit machen, 50 Prozent der Frauen arbeiten Teilzeit.
Es ist offensichtlich, dass wir über eine Arbeitszeitverkürzung sprechen müssen, weil wir in einem ganz großen Transformationsprozess in der Arbeitswelt insgesamt stehen. Wir müssen über das Thema Verteilung von Arbeit sehr umfassend reden: zwischen Männern und Frauen, zwischen denen, die zu viel haben, und denen, die zu wenig haben, zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit.
Im Moment gibt es ein Schwarz-Weiß-Denken: Die Unternehmen wehren sich mit Händen und Füßen gegen die Arbeitszeitverkürzung, weil sie Angst haben, dass sie den vollen Lohnausgleich bezahlen müssen. So muss das aber nicht sein, es gibt ja verschiedene Modelle. Und es geht darum, sich gemeinsam neue Modelle zu überlegen, um diesen offensichtlichen Ungleichverteilungen von Arbeit etwas entgegenzusetzen – und für eine wirkliche Arbeitswelt der Zukunft zu sorgen, wo wir ein paar Schritte vorankommen bei dem wichtigen Ziel „Gute Arbeit für alle“.
Sonja Fercher
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 2/18.
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