Seit 2005 verhandelt sie Kollektivverträge, einerseits im Industriebereich und andererseits im privaten Gesundheits- und Sozialbereich.
Michaela Guglberger, KV-Verhandlerin (vida)
Wurde von der Heimhelferin zur Vorsitzenden des Arbeiterbetriebsrats der Volkshilfe Wien und beerbte in dieser Funktion ihre Vorgängerin als Kollektivvertragsverhandlerin.
Welche Forderungen stellen die Gewerkschaften vida und GPA-djp in den aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen?
ES / Die Forderung heuer ist recht einfach – es ist nur eine Forderung, im Unterschied zu den Jahren davor: Wir fordern die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Das würde bedeuten, dass Vollzeit-Arbeitskräfte weniger arbeiten und dass Teilzeit-Arbeitskräfte eine ordentliche Lohn- und Gehaltserhöhung von 8,6 Prozent bekommen würden.
Wie wird die Forderung nach der 35-Stunden-Woche argumentiert?
MG / Die Branche besteht zu 70 Prozent aus Teilzeitbeschäftigten; sprich: Nur 30 Prozent sind wirklich Vollzeitbeschäftigte mit 38 Stunden. Alle Teilzeitbeschäftigten hätten sofort eine Lohnerhöhung von 8,6 Prozent, die Vollzeitbeschäftigten eine Arbeitszeitverkürzung.
Die Arbeitgeberseite diskutiert ganz heiß über die stationäre Pflege, mit der Aussage: „Da ist das überhaupt nicht machbar.“ Aber als Beispiel: Ein durchschnittliches Pflegeheim hat circa 100 Beschäftigte in den unterschiedlichsten Professionalitäten. Es gibt ja nicht nur Krankenschwestern in Pflegeheimen. Und selbst wenn man davon ausgeht, dass dort der Anteil an Vollzeitbeschäftigten höher ist – etwa 50 Prozent – und man hier die Arbeitszeit verkürzt, dann würde das 4,28 Vollzeit-Äquivalente mehr erfordern.
Schaut man sich das wirklich in Zahlen an, wird sehr schnell klar: Die 35-Stunden-Woche kann hier keinen Personalmangel auslösen.
Gibt es einen allgemeinen Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft?
ES / Wir haben keinen Fachkräftemangel, sondern wir haben in unserem Bereich ein unglaubliches Fachkräftepotenzial, das sozusagen nur gehoben werden muss. Einerseits durch die vielen Teilzeitbeschäftigten, aber andererseits auch durch ganz viele, die diesen Beruf verlassen haben und jetzt in anderen Branchen arbeiten. Die sollte man wieder zurückgewinnen.
MG / Im Rahmen der Registrierung der Gesundheitsberufe wurde eine Bestandsregistrierung abgeschlossen. Diese hat gezeigt: Es gibt circa 30.000 Menschen in Gesundheitsberufen, die letztendlich nicht im Job arbeiten. Also: Wenn man den Job attraktiver macht, würden vielleicht aus dieser Gruppe Menschen wieder zurückkehren.
Wie argumentiert die Arbeitgeberseite?
MG / Wir waren auf einem guten Verhandlungsweg. In der ersten und in der zweiten Verhandlungsrunde hat es wirklich Verständnis für die Forderung gegeben. Auch manche Arbeitgeber haben darin eine Chance für die Branche gesehen.
In der vierten Verhandlungsrunde hat der stationäre Pflege- und Betreuungsbereich überreagiert, sag ich einmal, und beschlossen: Aufgrund des Personalmangels geht gar nichts. Es wurde uns dann eine „gigantische“ Lohnerhöhung von 2,35 Prozent angeboten. Ich glaube nicht, dass sich die Arbeitsbedingungen dadurch verbessern, und auch die Einkommenssituation würde sich damit nicht ändern. Die Argumentation der Arbeitgeberseite, einfach zu sagen: „Wir haben jetzt schon zu wenig Personal, deshalb geht Arbeitszeitverkürzung gar nicht“, ist eine Sackgasse. Viele dieser Betriebe suchen nur mehr 30-Stunden-Kräfte, es werden nur Teilzeitjobs angeboten. Dann ist es ja eigentlich kein Problem, die Arbeitszeit zu verkürzen.
Es gibt kein Forderungsprogramm, das nicht von den Funktionären abgesagt wurde. Wir haben immer einen großen Mehrheitsbeschluss dazu.
Michaela Guglberger
Welche Schritte setzt die Gewerkschaft?
MG / In der Zwischenzeit haben wir in den Betrieben Betriebsversammlungen abgehalten, es gab öffentliche Kundgebungen, Mahnwachen, Demonstrationen in den Bundesländern. (Anmerkung der Redaktion: Nach der sechsten ergebnislosen Verhandlungsrunde ist es in der Folge auch zu Streiks gekommen.)