Historie: Initiative M

Foto(C) ÖGB-Archiv
Dieses Plakat, das zur Verteidigung des Mitbestimmungsrechts für junge ArbeitnehmerInnen aufrief, begleitete die „Initiative M“ in den 1980er-Jahren. Die Kampagne der Gewerkschaftsjugend begann 1983 mit der Einberufung der ersten Jugendvertrauensrätekonferenz.
Seit das Mitbestimmungsrecht der jungen ArbeitnehmerInnen im Betrieb gilt, ist die Gewerkschaftsjugend Schutzschild der JugendvertrauensrätInnen.
Nicht jedes politische Retro-Projekt lässt sich durchpeitschen, wenn die Betroffenen wissen, worum es tatsächlich geht. Das zeigte sich, als sich die Gewerkschaftsjugend erfolgreich gegen den 2018 verkündeten Plan der Regierung wehrte, das seit 1973 bestehende gesetzliche Recht auf Jugendvertrauensräte abzuschaffen. Dieser Plan war Teil des Regierungsprogramms, das in vielen kleinen und größeren Schritten tragende Steine aus dem Gebäude des demokratischen Sozialstaats herausbrechen soll.

Schon während der Verhandlungen über das Betriebsrätegesetz 1947 forderte der Österreichische Gewerkschaftsbund, dass die jungen ArbeitnehmerInnen, die Lehrlinge und die vielen angelernten Jugendlichen, ihre eigene Vertretung haben sollten.
Schon während der Verhandlungen über das Betriebsrätegesetz 1947 forderte der Österreichische Gewerkschaftsbund, dass die jungen ArbeitnehmerInnen, die Lehrlinge und die vielen angelernten Jugendlichen, ihre eigene Vertretung haben sollten. Das Betriebsrätegesetz von 1919 war eine weltweite Pionierleistung für die Mitbestimmung im Betrieb, nach den Erfahrungen mit der Rechtlosigkeit der ArbeitnehmerInnen unter den faschistischen Diktaturen sollten die Mitbestimmungsmöglichkeiten aber nach 1945 weiter ausgebaut werden. Die schwierigen Verhandlungen zwischen Gewerkschaft, Wirtschaftskammer und Staat brachten wichtige Fortschritte gegenüber der Ersten Republik, die Forderung nach dem Mitbestimmungsrecht für Jugendliche konnte aber noch nicht durchgesetzt werden. Das lag nicht nur an der ablehnenden Haltung der ArbeitgeberInnen, sondern auch am Unverständnis mancher BetriebsrätInnen, die meinten, bei ihnen sei die Vertretung der Jugendlichen ohnehin gut aufgehoben.

Die ÖGJ ließ sich nicht entmutigen.

Doch die ÖGJ ließ sich nicht entmutigen. Mit Hilfe aufgeschlossener Betriebsratsvorsitzender und wenn ArbeitgeberInnen zustimmten, wurden zunächst einzelne Vertrauensleute bestellt. Kurz darauf organisierte die ÖGJ schon die ersten Wahlen von Jugendvertrauensleuten. 1949 arbeitete der Bundesjugendvorstand schließlich eine Wahlordnung aus, die in vielerlei Hinsicht als „Urfassung“ des Gesetzes von 1973 angesehen werden kann. Es gehörte in vielen Betrieben Mut dazu, bei diesen Wahlen zu kandidieren, denn nicht überall wurden die JugendvertreterInnen vom Management anerkannt. Man musste mit Schikanen bis hin zur Entlassung rechnen. Es lässt sich also nachvollziehen, welchen Fortschritt für die Betriebsdemokratie das gesetzliche Recht auf Jugendvertrauensräte darstellte.

Dem Gesetzesbeschluss war die ÖGJ-Kampagne „M wie Mitbestimmung“ vorangegangen. Zehn Jahre später folgte die „Initiative M – Mitbestimmung muss erkämpft werden“, denn angesichts der zunehmenden Jugendarbeitslosigkeit fürchteten viele junge ArbeitnehmerInnen um ihre Lehrstellen. Sie verzichteten auf die in den Unternehmen nach wie vor nicht immer erwünschte Wahl von Jugendvertrauensräten. Davon gingen neue Impulse aus, aber die Betriebsdemokratie hatte es im Zeitalter des Turbokapitalismus immer schwerer. Die Entwicklung am Arbeitsmarkt führte dazu, dass eine erhebliche Zahl junger ArbeitnehmerInnen vom Vertretungsrecht ausgeschlossen war. 2010 und 2011 erreichte die ÖGJ, dass die Jugendlichen in den überbetrieblichen Ausbildungsbetrieben und die zunehmende Zahl an Lehrlingen über 18 Jahren in das Vertretungsrecht einbezogen wurden.

Ausgewählt und kommentiert von
Brigitte Pellar
Historikerin

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 3/19.

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Über den/die Autor:in

Brigitte Pellar

Brigitte Pellar ist Historikerin mit dem Schwerpunkt Geschichte der ArbeitnehmerInnen-Interessenvertretungen und war bis 2007 Leiterin des Instituts für Gewerkschafts- und AK-Geschichte in der AK Wien.

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