Hilfen gegen die Inflation nicht treffsicher genug
In der Teuerungskrise hat es die Österreichische Regierung verpasst, eine nachhaltige Sozialleistungsreform durchzuführen, bemängelt das Momentum Institut. Zwar hätten die Einmalzahlungen in einer schwierigen Situation den ärmsten Haushalten akut geholfen, doch blieben echte Veränderungen aus. Mindestsicherung und oft auch das Arbeitslosengeld lägen unter der Armutsgefährdungsschwelle. In Zeiten, in denen die Preise monatlich im zweistelligen Prozentbereich steigen, sind die Menschen so nicht vor der Armut geschützt. Im Gegenteil.
Eine Anhebung der Sozialleistungen wäre treffsicherer und nachhaltiger gewesen als Einmalzahlungen. Sobald die Zuschüsse ausgegeben sind, stehen die Menschen wieder vor dem gleichen Problem. Die Preise sind immer noch zu hoch, das Einkommen ist aber nicht gestiegen. In den vergangenen zwanzig Jahren hat beispielsweise die Familienbeihilfe rund ein Drittel seiner Kaufkraft eingebüßt. Derartig extreme Preissteigerungen wie jetzt waren in dieser Zeit aber gar nicht dabei.
Abschaffung der Kalten Progression: Mangelnde Treffsicherheit
Die Seite der Arbeitgeber:innen führte in den KV-Verhandlungen das Argument an, dass die Abschaffung der Kalten Progression eine Antiteuerungsmaßnahme sei, die den Arbeitnehmer:innen zugutekäme. Da bräuchte es keine Gehaltssprünge. Das ist falsch. Auch hier fehlt es an der Treffsicherheit. Denn von der Abschaffung der Kalten Progression profitieren niedrigere Einkommen kaum. „Sie erhalten im Schnitt nur rund 36 Euro im Jahr mehr, während bei den 20 Prozent der Haushalte mit den Top-Einkommen 252 Euro landen“, rechnet das Momentum Institut vor. „Für jeden Euro, der bei den ärmsten Haushalten ankommt, verteilt die Maßnahme über sieben Euro an die reichsten Haushalte.“
Eine Betrachtung, die sich auch für andere Maßnahmen der Regierung lohnt. So kann deren Treffsicherheit gegen die Inflation am einfachsten bewertet werden. Für jeden Euro, der an einen armen Haushalt geht, gehen an einen reichen Haushalt:
- Ausgleich der Kalten Progression: 7,10 Euro
- Sozialversicherungsbeiträge um 0,5 Prozentpunkte senken: 4,25 Euro
- Anhebung von Verkehrs- und Pensionistenabsetzbeträgen um 150 Euro: 2,40 Euro
- Senkung Mehrwertsteuer auf Treibstoffe auf sieben Prozent: 1,90 Euro
- Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel: 1,20 Euro
- Valorisierung von Familienbeihilfe und Pflegegeld: 0,60 Euro
- Erhöhung der Sozialleistungen: 0,10 Euro.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass lediglich bei einer Erhöhung von Familienbeihilfe, Pflegegeld und Sozialhilfe ärmere Haushalte stärker profitieren als reiche. Diese Maßnahmen gegen die Inflation wären also besonders treffsicher. Zumindest dann, wenn es das Ziel der Politik ist, ärmere Haushalte in der Teuerungskrise besonders zu unterstützen.
#Finanzminister Brunner meinte i Budgetrede, dass eine solide Budgetpolitik keine Frage d #Ideologie sei, sondern eine Frage d Hausverstands. In d neuen Ausgabe analysieren wir, wieviel Hausverstand d 3.#Budget d schwarz-grünen #Regierung tatsächlich hat: https://t.co/tcb7hMxBeE
— Arbeit&Wirtschaft Magazin (@AundWMagazin) November 11, 2022
Überförderung von Unternehmen, Sparkurs bei ärmeren Menschen
„Die Regierung griff tief in die Taschen, für viele Unternehmen weit tiefer, als notwendig gewesen wäre. Es kam zu massiver Überförderung“, teilt das Momentum Institut gegenüber Arbeit&Wirtschaft mit. Gleichzeitig würde die Regierung aber zögern, die Grundbedürfnisse der ärmeren Haushalte zu sichern. „Schlimmer noch: Tief in die Taschen greift die Regierung auch jetzt wieder, nachhaltig unterstützt werden aber vor allem Gut- und Bestverdienende.“ Damit ist beispielsweise die geringe Treffsicherheit bei der Abschaffung der Kalten Progression gemeint. Aber auch Steuergeschenke an Unternehmen wie die Absenkung der KöST und die Nichteinführung einer Übergewinnabgabe gemeint. Spanien macht derweil vor, wie eine Regierung zielgerichtet gegen die Inflation vorgehen kann.