Am Dienstag, den 18. März wurde publik, dass Lieferando sämtliche fixen Dienstverträge aufkündigt, künftig werde man ausschließlich mit sogenannten „freien“ Dienstverhältnissen arbeiten. Laut Betriebsrat sind knapp 1.000 Zusteller:innen betroffen, laut Lieferando etwa 600.
Working poor
Schon zuvor wurde mit der Strampelei im orangen Trikot niemand reich. Zwar ist der Kollektivvertrag ein Novum in der Branche, doch 1.730 Euro brutto für eine 40-Stunden-Woche ermöglichen den Fahrer:innen lediglich ein Leben knapp über der Armutsgrenze. Durch die Umstellung auf freie Dienstverträge wird ihre Situation noch prekärer. Denn „frei“ bedeutet in diesem Zusammenhang „frei“ von sozialer Absicherung. „Freie“ erhalten kein 13. und 14. Gehalt, werden im Urlaub und Krankheitsfall nicht bezahlt, müssen für ihre Betriebsmittel (weitgehend) selbst aufkommen, Betriebsrat und Gewerkschaft sind für sie formal nicht zuständig. In der Tageszeitung DER STANDARD ist in einem Kommentar von „modernen Tagelöhnern“ die Rede.
Damit setzt Lieferando um, was die Konkurrenz schon längst betreibt: Profitmacherei auf dem Rücken von Menschen, die am Arbeitsmarkt wenig Rechte und kaum Alternativen haben.
Spekulationsobjekte
Unternehmen wie Lieferando, Foodora oder der Lieferdienst Wolt wurden nicht gegründet, um uns das Leben zu erleichtern. Hinter den österreichischen Ablegern stehen globale Konzerne, die mit reichlich Risikokapital ausgestattet sind, das zu mehr Kapital werden soll.
Laut einer aktuellen Meldung im Standard kündigt Lieferando Österreich alle angestellten Fahrer:innen. Die „Rider“ werden nur noch als „freie Dienstnehmer:innen“ beschäftigt.
Wir haben im Frühjahr 2024 mit Lieferant:innen gesprochen – ihre Arbeitsbedingungen waren schon damals alarmierend. 👇
— Arbeit&Wirtschaft Magazin (@aundwmagazin.bsky.social) 18. März 2025 um 16:15
Die Essenszustellung ist ein Investitions- und Spekulationsobjekt. In der Vergangenheit haben die Branchenriesen wiederholt bewiesen, dass sie Arbeitnehmer:innenrechte torpedieren oder sich aus Ländern zurückziehen, wenn die Profitmargen nicht den Erwartungen entsprechen. Und wenn ein Kollektivvertrag dem im Wege steht, wird er eben beiseitegeschafft.
Laut Koalitionsvertrag will die neue Regierung „ehestmöglich“ etwas an den Bedingungen in der Branche ändern. Es wäre höchst an der Zeit. Denn ein ähnliches Vorhaben versprach auch schon Schwarz-Grün.
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