Auch wenn ihre Positionen oft unterschiedlich waren, verband die Kommissionsmitglieder ein gemeinsames Anliegen: Sie wollten „allen vor Augen führen, dass dringend etwas gegen die Massenarbeitslosigkeit unternommen werden muss: … weil anhaltend hohe Arbeitslosigkeit letztlich zu einer Bedrohung für das gesamte soziale Gefüge der westeuropäischen Staaten werden kann.“ Es war für lange Zeit der letzte Versuch, die Stärken des Sozialstaats zur Bewältigung einer Wirtschaftskrise einzusetzen, statt die Entwicklung den „Kräften des freien Marktes“ zu überlassen.
Es war für lange Zeit der letzte Versuch, die Stärken des Sozialstaats zur Bewältigung einer Wirtschaftskrise einzusetzen, statt die Entwicklung den „Kräften des freien Marktes“ zu überlassen.
Das Ergebnis dieser neoliberalen Strategie zeigte sich schon in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre: eine große Zahl von „Working Poor“ in den USA und Großbritannien, an Menschen, die trotz fleißiger Arbeit in die Armutsfalle gerieten, und fast überall das Hinnehmen eines merkbaren Anteils an Arbeitslosen als Normalzustand. Die Kommission hielt dem entgegen, dass es unverzichtbar und auch weiter möglich sei, das Ziel der Vollbeschäftigung zu verfolgen. Sie setzte dabei auf ein Maßnahmenbündel statt auf einfache populistische Lösungen, die angesichts der wirtschaftlichen Probleme unverantwortlich gewesen wären.
Der Bericht der „Kreisky-Kommission“ in der deutschen Fassung wurde 1989 im Bildungszentrum der Wiener Arbeiterkammer präsentiert.
Die beiden Ölpreisschocks der 1970er-Jahre hatten eine weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst und schlugen auf die schon Ende der 1960er-Jahre beginnende Krise der Stahlproduktion durch. Die Nachfrage nach Stahl aus Westeuropa und Nordamerika war mit dem Ende der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgegangen. Die Konkurrenz durch billige Massenproduktion in anderen Teilen der Welt, der Rückgang von Berg- und Schiffsbau und technologische Innovationen bei Kunststoffen taten ein Übriges – die Stahlkocher blieben auf ihren Überkapazitäten sitzen.
Die beiden Ölpreisschocks der 1970er-Jahre hatten eine weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst und schlugen auf die schon Ende der 1960er-Jahre beginnende Krise der Stahlproduktion durch. Die Nachfrage nach Stahl aus Westeuropa und Nordamerika war mit dem Ende der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgegangen.
Dazu kamen schwere Managementfehler, bei privaten Unternehmen genauso wie in Österreichs verstaatlichter Industrie. Viele Länder hatten mit einer „Stagflation“ zu kämpfen, mit einer Geldentwertung bei gleichzeitigem Wirtschaftsstillstand. Fusionen der „Big Player“ wie Thyssen und Krupp in Deutschland, Privatisierungen wie bei der österreichischen VÖEST und die damit verbundene Explosion der Arbeitslosigkeit waren die Folgen.
Altbundeskanzler Bruno Kreisky mit ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch 1989 bei der Präsentation des Kommissionsberichts für eine Beschäftigungsoffensive.
Wirtschaftswachstum mit Zukunftsperspektive
In den zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gehörenden europäischen Staaten stieg die Arbeitslosenrate durchschnittlich von 3,5 Prozent im Jahr 1973 auf 10,3 Prozent 1990. Österreich stand mit einer Steigerung von einem Prozent auf 3,8 Prozent in diesem Vergleich noch sehr gut da, wie überhaupt die Länder, in denen noch die allgemeine Überzeugung herrschte, „dass Arbeitslosigkeit ein soziales Übel ist und bekämpft werden muss“, die Arbeitslosenrate niedriger halten konnten.
Im Zentrum der Empfehlungen der Kreisky-Kommission standen staatliche Impulse für ein qualitatives Wirtschaftswachstum.
Im Zentrum der Empfehlungen der Kreisky-Kommission standen staatliche Impulse für ein qualitatives Wirtschaftswachstum. Es habe keinen Sinn, wurde festgestellt, nicht mehr lebensfähige Produktionsbereiche um der Beschäftigung willen aus Steuermitteln zu erhalten, entscheidend sei vielmehr, dort zu investieren, wo sich der zukünftige Bedarf abzeichne, etwa bei der „Telekommunikation“ (das Internet existierte damals nur zwischen Forschungseinrichtungen und im militärischen Komplex) und beim Umweltschutz. Letztlich würde es darum gehen, die Lebensqualität der gesamten Bevölkerung zu verbessern und dabei niemanden am Rande der Gesellschaft stehen zu lassen – auch im Interesse einer stabilen offenen Demokratie.