Anfang 1957 verlangte der ÖGB in einem „Exposé“, das sich an die Bundesregierung, die Wirtschaftskammer und die Landwirtschaftskammer richtete, unter anderem:
Im laufenden Jahre sollte es auf dem Gebiete der Preisbildung möglich sein, folgende Ziele zu realisieren:
a) Die Letztverbraucherpreise für Mehl und Mehlprodukte …, Zucker und für Milch sowie Milchprodukte bleiben unverändert erhalten;
b) ebenso werden die Preise für Speisefette … und für Fleisch und Fleischwaren stabilisiert. …;
d) Bei der in Aussicht genommenen Tarifregulierung ist auf die geringe finanzielle Leistungsfähigkeit der Arbeiterhaushalte Bedacht zu nehmen…
e) mit besonderer Aufmerksamkeit ist die Preisentwicklung bei Haushaltswaren zu verfolgen, die von der Textil-, Eisen-, Metall-, der Holz- und der chemischen Industrie erzeugt werden.
Die in diesem Exposé noch getrennt vorgeschlagenen „Paritätischen Kommissionen“ zur Überprüfung der Preisentwicklung und zur Freigabe von Kollektivvertragsverhandlungen wurden dann in einem Gremium zusammengefasst, für die Preisregulierung setzte die Vollversammlung der „Paritätischen“ noch in ihrer ersten Sitzung einen eigenen Unterausschuss ein. Dieser „Preisunterausschuss“ war grundsätzlich für alle Preiserhöhungswünsche aller österreichischen Unternehmen zuständig, soweit die Preise nicht von einer Gebietskörperschaft genehmigt oder amtlich reguliert wurden. In der Praxis hatte es der Unterausschuss allerdings vorwiegend mit inländischen Industrieprodukten zu tun.
Das Ergebnis der Kompromissfindung konnte sich durchaus sehen lassen: Die Steigerung der Lebenshaltungskosten fiel 1957 mit zwei Prozent sehr niedrig aus, die Reallohnsteigerungen waren für die ArbeitnehmerInnen spürbar. Allerdings bekämpften AnhängerInnen des absoluten freien Marktes das volkswirtschaftliche Regulierungssystem, und mit dem Vormarsch eines neoliberalen Politikverständnisses setzten sie sich ab den 1980er-Jahren immer stärker durch. 1994 wurde der letzte Erhöhungsantrag an den „Preisunterausschuss“ gestellt und 1998 endete die Tätigkeit der „Paritätischen Kommission“ mit Ausnahme ihres „Beirats für Wirtschafts- und Sozialfragen“ ganz.
Brigitte Pellar
Historikerin
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 1/17.
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