Österreichs Wohnungspolitik stellt den Anspruch, ausreichend Wohnraum in guter Qualität zu schaffen – leistbar für alle sozialen Schichten und unabhängig vom Einkommen der Menschen. Das Eingreifen des Staates in den Wohnungsmarkt ist daher notwendig und richtig. Während in anderen Staaten Europas die Anbindung an nationale Sozialpolitiken stark ausgeprägt ist, geht Österreich in der Wohnungspolitik einen eigenen Weg. Wie sehen die Eckpunkte dieses Weges aus
1. Komplexes Kompetenzgefüge
Das Kompetenzgefüge der österreichischen Wohnungspolitik ist komplex. Entscheidungen verteilen sich auf unterschiedliche föderale Ebenen. Und neben den Gebietskörperschaften spielen auch andere Träger eine Rolle, wie etwa der gemeinnützige Sektor, Bausparkassen und Wohnbaubanken.
Der Bund gestaltet den Wohnungsbestand durch die Gesetzgebung, darunter das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), das Mietrechtsgesetz (MRG) und das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Wichtige Träger sind hierbei etwa das Wirtschaftsministerium (WGG), das Justizministerium (MRG und WEG), das Finanzministerium (Finanzausgleich), die Wohnbaubanken und die Bausparförderung. Die Wohnbauförderung, das bedeutendste Instrument der österreichischen Wohnpolitik, liegt seit 1989 im Kompetenzbereich der Länder – sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Umsetzung.
Auf Gemeindeebene ist vor allem die örtliche Raumplanung geregelt. Darüber hinaus liegen hier die baupolizeilichen Kompetenzen. Vielfach wirken die Gemeinden auch bei der Umsetzung der Wohnbauförderung mit.
2. Das stärkste Instrument der Politik
Die öffentliche Förderung des Wohnbaus hat in Österreich eine lange Tradition. Das erste Bundesgesetz zur Ausgestaltung des staatlichen Wohnungsfürsorgegesetzes in einen Bundeswohn- und Siedlungsfonds stammt aus dem Jahr 1921.
Seither wurden in diesem Bereich laufend Veränderungen durchgeführt. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen direkter und indirekter Förderung. Unter direkter Förderung versteht man Förderungen wie Darlehen, Zuschüsse und Beihilfen. Demgegenüber stehen indirekte Förderungen, wie zum Beispiel Steuererleichterungen. Im Gegensatz zu anderen Ländern nehmen die direkten Förderungen in Österreich den wesentlich bedeutenderen Faktor ein.
Bei den direkten Förderungen wiederum unterscheidet man zwischen Objekt- und Subjektförderung. Objektförderung sind jene Maßnahmen, die direkt zur Finanzierung von Bau- oder Sanierungsarbeiten am Gebäude oder an der Wohnung dienen. Sie werden unabhängig von den NutzerInnen gewährt.
Subjektförderung hingegen wird den MieterInnen oder NutzerInnen der Wohnung zur Reduzierung der Wohnkosten ausbezahlt. In den Bundesländern überwiegt die Objektförderung deutlich. Sie hat gegenüber der Subjektförderung mehrere Vorteile: Sie regt etwa die Neubautätigkeit an und trägt so zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt bei. Außerdem lassen sich durch die öffentliche Förderung beträchtliche Beschäftigungseffekte initiieren.
Die Subjektförderung hat in Österreich eine geringere Bedeutung als in anderen Ländern, obwohl in den letzten Jahren auch bei dieser Fördermaßnahme ein Anstieg zu erkennen ist. Grundsätzlich kann man sie als notwendige Ergänzung sehen, die leistbares Wohnen auch für Haushalte mit niedrigerem Einkommen ermöglicht. Sie trägt somit zu einem sozialen Ausgleich bei.
3. Was macht Österreich anders?
Die Förderstruktur in Österreich weicht erheblich von anderen europäischen Staaten ab. Die Förderung mittels Beihilfe (Subjektförderung) ist in Großbritannien, Frankreich und Schweden die bedeutendere Maßnahme. In Deutschland oder in den Niederlanden setzt man vermehrt auf die indirekte Förderung (mittels Steuererleichterungen).
Den hohen Anteil an Objektförderung erreicht kein anderes der vorhin angeführten Länder. Vergleicht man nun die öffentlichen Ausgaben für die Wohnbauförderung in Zusammenhang mit deren Struktur, so zeigt sich, dass das österreichische System mit der starken Objektförderschiene gleiche oder niedrigere Kosten verursacht als in jenen Ländern, die auf Förderung mittels Beihilfen (Subjektförderung) und indirekte Förderinstrumente setzen.
4. Was Förderungen kosten
Das österreichische wohnungspolitische System verursacht öffentliche Kosten von circa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Darin enthalten sind die Wohnbauförderung der Bundesländer inklusive Sanierungsförderung und Wohnbeihilfe (Subjektförderung), die Förderung der Bausparkassen und Wohnbaubanken, der Sanierungsscheck des Bundes und sonstige subjektbezogene Fördermaßnahmen der Bundesländer. Die Ausgaben für die Wohnbauförderung der Länder liegen seit den 1990er- Jahren nominell bei konstant 2,5 Milliarden Euro. Bis 2009 stiegen sie auf über 2,9 Milliarden Euro an, um in der Folge wieder auf ca. 2,5 Milliarden Euro zu fallen. In den letzten Jahren lag der Wert wieder etwas über 2,5 Milliarden Euro.
5. Was Wohnbauförderung bewirkt
Die Wohnbauförderung ist aus vielerlei Hinsicht relevant. Aus Sicht der Wirtschaftspolitik schafft sie Anreize für Investitionen, die gleichzeitig Konjunkturimpuls sein können. Weitere Pluspunkte sind die damit verbundenen Beschäftigungswirkungen sowie die regionalwirtschaftlichen Impulse. Mit der Subjektförderschiene können sozialpolitisch bedenkliche Entwicklungen (z. B. nicht leistbarer Wohnraum) abgefedert werden. Gesellschafts- und verteilungspolitische Wirkungen werden angekurbelt. Ein weiteres Plus sind die umweltpolitischen Lenkungseffekte der Wohnbauförderung, die unter anderem die Verbreitung des Niedrigstenergie- und Passivhausstandards vorangetrieben hat.
6. Die Zukunft: Was ginge besser?
Obwohl das österreichische System der Wohnbauförderung im internationalen Vergleich als Positivbeispiel gilt, gibt es Potenzial für Verbesserungen. Um die Wohnbauförderung zukunftsfit zu machen, sind folgende Bereiche relevant: Oft wurde in den vergangenen Jahrzehnten mit der Wohnbauförderung Regionalpolitik betrieben. Doch auch Arbeitsmarkt-, Infrastruktur- und Verkehrspolitik müssen Hand in Hand gehen, um eine Region als Lebensmittelpunkt attraktiv zu gestalten. Aus Sicht der Raumordnung und -planung gibt es besonders im Förderbereich Eigenheim (Einfamilienhausbau, Doppelhäuser) Verbesserungschancen.
In der Vergangenheit wurde der Kritik an der Förderung des Eigenheims mit sehr hohen Qualitätsanforderungen (Standards) entgegengewirkt. Dadurch ging der Förderdurchsatz zurück, also jener Anteil der Eigenheime, der mit Wohnbaufördermitteln kofinanziert wurde. Dabei gingen auch die gewünschten Lenkungseffekte der Politik verloren. Die Förderung könnte in einem deutlich höheren Ausmaß dazu beitragen, dass neue Eigenheime am richtigen Ort (z. B. mit gutem Anschluss an die öffentliche Infrastruktur) und mit einer geringeren Inanspruchnahme von Bauland realisiert werden.
Die Förderung sollte auf Neubauten und Sanierungen im Ortsverbund abzielen. In Tirol hängt die Förderhöhe etwa maßgeblich von der Flächeninanspruchnahme ab. Darüber hinaus könnte auch bei der sozialen Treffsicherheit der Wohnbauförderung nachgebessert werden.
Studie AK Wien: „Wohnungsversorgung in Berlin und Wien“
WIFO-Studie: „Instrumente und Wirkungen der österreichischen Wohnungspolitik“
Gerald Fröhlich
Referat für Steuer- und Wohnpolitik der AK Niederösterreich
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 4/17.
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