Die „alte“ (bis Neujahr 2014 gültige) Regelung wurde auch vielfach von anderen eingefordert, so von Landesbediensteten. 2018 kritisierte der Rechnungshof diesen Umstand. Demnach erfolgten zwischen 2010 und 2015 etwa 62 Prozent der Ruhestandsversetzungen in Niederösterreich und Tirol nach der genannten „Hacklerregelung“. Im Bund war es noch die Hälfte. Das höchste Antrittsalter hatte das Burgenland mit im Schnitt 61 Jahren. Im Bund lag die Schwelle bei 60,7 jahren. Allgemein stieg das Pensionsantrittsalter zuletzt wieder.
Klarheit vor Einheit
2014 wurden neue Altersgrenzen für die Langzeitversicherungspension gezogen. Das ist die übergeordnete Kategorie der „Hacklerregelung“ – neben der Schwerarbeitspension. Da diese Begriffe in der Debatte mehr oder minder bewusst vermischt werden, um sie alle schlechtzureden, lohnt eine klare Abgrenzung.
- 45 Versicherungsjahre
- Hälfte der letzten 20 Jahre in Schwerarbeit
- Monatseinkommen zwischen € 446,81 und € 4.376,13
Die Schwerarbeitspension gibt es seit dem Allgemeinen Pensionsgesetz 2007. Anspruch haben bis 2024 zunächst nur Männer, die 45 Versicherungsjahre (= 540 Beitragsmonate) vorweisen können. Sie müssen innerhalb der letzten 20 Jahre (= 240 Monate) wenigstens die Hälfte mit Schwerarbeit zugebracht haben. Am Stichtag dürfen Versicherte kein Monatseinkommen über der Geringfügigkeitsgrenze (446,81 Euro) beziehen. Bezüge aus einem öffentlichen Mandat dürfen 4.376,13 Euro nicht übersteigen. Liegen diese Kriterien vor, ist der Versicherte mit 60 Jahren bezugsberechtigt. Dabei ist mit Abschlägen in Höhe von 1,8 Prozent pro Jahr zu rechnen.
Mit 62 statt zuvor 60 Jahren dürfen Männer die Langzeitversicherungspension beanspruchen. Sie heißt im Sozialministerium allgemein „Hacklerregelung neu“. Die alte Regelung lief zu Neujahr 2014 aus. Seither gilt eine höhere Altersgrenze. Bei Frauen ist der Antritt gestaffelt und rangiert im Moment von 57 bis 62. Zuvor galten für sie 55 Jahre. Wie Männer müssen die jüngeren Kohorten mindestens 45 Beitragsjahre vorweisen.
[infogram id=“aandw-online-pensionen-hacklerregelung-antrittsalter-1hzj4oq59pg32pw?live“]Schließlich gibt es noch eine echte Hacklerregelung. Heute heißt sie offiziell „Vorzeitige Alterspension“ – Langzeitversicherungspension mit Schwerarbeit oder „Hacklerregelung mit Schwerarbeit“. Mit der Umbenennung erfolgte eine genauere, rechtsgültige Definition von Schwerarbeit sowie eine Liste betroffener Berufe.
- Schicht- oder Wechseldienst (inkl. min. 6 Nachtdiensten)
- Tätigkeiten unter regelmäßiger Hitze (z. B. Gießer) oder Kälte (Arbeitsräume überwiegend -21 °C)
- Kalorienaufwand an einem Achtstundentag von 2.000 kcal (Männer) bzw. 1.400 kcal (Frauen)
Beschäftigte, auf die zumindest eine der Eingrenzungen zutrifft, dürfen immer noch mit 55 (Frauen) beziehungsweise 60 Jahren (Männer) vorzeitig in Ruhestand gehen. Frauen können schon jetzt diese Pensionsart beantragen und müssen dabei mindestens 40 Beitragsjahre vorweisen. Für Männer gelten 45 Beitragsjahre. Wie in der Schwerarbeitspension müssen wenigstens zehn der vergangenen 20 Berufsjahre mit körperlich oder psychisch besonders belastender Arbeit zugebracht worden sein. Als Beitragsmonate gelten dabei auch Kindererziehungszeiten, Pflichtdienste, entsprechend lange Krankenstände und andere Ersatzzeiten, sofern Betroffene 186,74 Euro pro Ersatzmonat einzahlten.
Korridorpension statt „Hacklerregelung“?
Es ist unstrittig, dass die eben beschriebene Abgrenzung Vorteile bringt. HacklerInnen werden weiter als solche behandelt, ihre Lebensleistung und ihr Verschleiß anerkannt und mit einer entsprechend vorgezogener Pension belohnt. Beschäftigte, die einen geringeren Verschleiß vorweisen – etwa die viel gescholtenen Landesbediensteten –, sind von dieser Regelung deutlich ausgenommen. Es lässt sich sagen, dass die heutige „Hacklerregelung“ viele Kriterien mitbringt, die sie zielsicherer machen sollte. Dass sie vom Staat oft falsch vergeben wurde, wie der RH bemängelte, macht die Regelung nicht überflüssig. Es liegt am Staat und an der Pensionsversicherungsanstalt, hier genauer zu sein.
Industriellenvereinigung, marktorientierte PolitikerInnen und neoliberale Denkfabriken fordern gerade in Wahlkampfzeiten immer wieder die Abschaffung der Langzeitversicherung. Sie übersehen bewusst die Leistung der Betroffenen.
Diese Einsicht reicht der Industriellenvereinigung, marktorientierten PolitikerInnen und neoliberalen Denkfabriken aber nicht. Sie fordern gerade in Wahlkampfzeiten immer wieder die Abschaffung der Langzeitversicherung. Dabei listen sie selten die dahinterstehenden Kriterien auf. Sie übersehen bewusst die Leistung der Betroffenen und vertrösten sie allgemein auf die Korridorpension oder „Bürgergeld“, votieren also für Altersteilzeit. Gleichzeitig sträuben sie sich gegen das Senioritätsprinzip. Statt dreier Optionen votieren sie für bürgerliche Gleichmacherei und Sparsamkeit. Das geht mit dem oft beschworenen „Mehr Brutto vom Netto“ nicht zusammen.
„Wahlzuckerl“ und andere Investitionen
Für die AK-Referentinnen Pia Kranawetter und Romana Brait ist die dahinterstehende Strategie klar: Investitionen sollen vermieden werden. Sozialpolitische Ausgaben in Wahlkampfzeiten würden als „Wahlzuckerl“ grundsätzlich schlechtgeredet, argumentieren sie am A&W Blog. Sie plädieren für eine inhaltliche Bewertung.
Kosten Pensionsanpassungen,
Abschaffung der Internatskosten für Lehrlinge
vor Wahl 2017
€ 391 Mio.
Kosten
Bankenpaket (ESVG)
2008 – 2017
€ 14.100.000 Mio.
So seien vor der Wahl 2017 etwa Pensionsanpassungen und die Abschaffung der Internatskosten für Lehrlinge beschlossen worden. Alles in allem hätten die Beschlüsse 391 Millionen Euro ausgemacht. Das sind lediglich 0,1 Prozent des BIP, wie sie vorrechnen. Und als man 2008 – woran sich manche Bürgerliche mit Schaudern erinnern – 1,281 Millionen Euro (0,4 Prozent des damaligen BIP) ausgab, wurde die alte „Hacklerregelung“ verlängert. Sie schlug sich nicht sofort, sondern erst 2011 zu Buche.
Auf der anderen Seite stehen Bankenrettung und der Hypo-Skandal.