Tarnen und täuschen

Ein Mechaniker arbeitet an einem Auto. Symbolbild für das Greenwashing, das Unternehmen betreiben.
Greenwashing: Zwölf weltweit namhafte Konzerne verfügen bisher über keine Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen. | © Volkswagen/DB2019AL02665
Unternehmen verursachen einen Großteil der globalen CO2-Emissionen. Nach eigenen Angaben sind sie bemüht, den Ausstoß zu senken. Doch meist steckt nur Greenwashing dahinter.

Der Wind hat sich gedreht. Ab dem Jahr 2004 diskutierte die Welt zunächst über den CO2-Fußabdruck, den jeder Mensch hinterlässt. Der Energiekonzern BP hatte einen Online-Rechner eingeführt. Jede:r konnte sich selbst seine:ihre Portion Schuld an der Klimakatastrophe ausrechnen. Mittlerweile hat sich aber die Erkenntnis durchgesetzt, dass Unternehmen rund 71 Prozent der globalen CO2-Emissionen verursachen. Die Energieindustrie alleine bläst fast doppelt so viel Emissionen in die Luft wie der Transportsektor. Und versucht das, durch Greenwashing zu verschleiern.

Denn Konzerne sind verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Darin fassen die Firmen ihre Bemühungen zur Reduktion ihres CO2-Fußabdrucks zusammen. Kontrolliert werden diese Ziele unter anderem vom Corporate Climate Responsibility Monitor (CCRM). Er analysiert die Klimastrategien von 24 globalen Unternehmen, die in Summe 2,2 Gigatonnen Treibhausgase ausstoßen. Das Ergebnis des CCRM ist ernüchternd. Die Verpflichtungen der Unternehmen seien unklar, die Kompensationspläne unglaubwürdig und bestimmte Emissionsbereiche blieben unberücksichtigt.

Musterschüler in Sachen Greenwashing

Das ist überraschend, denn der CCRM hat die 24 Unternehmen nicht zufällig ausgesucht. Es handelt sich um Firmen, die sich selbst als besonders ambitioniert im Kampf gegen die Klimakatastrophe inszenieren. Sie haben teils sogar Dekarbonisierungspläne angekündigt, die helfen sollen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. „Insgesamt stufen wir die Klimastrategien von 15 der 24 Unternehmen als von geringer oder sehr geringer Integrität ein. Wir haben festgestellt, dass die meisten Strategien der Unternehmen keine Beispiele für eine gute Praxis beim Klimaführungsmanagement darstellen“, fasst der Report diese Pläne zusammen.

Die Minimalanforderung, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, ist eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 48 Prozent bis ins Jahr 2030. Gerade einmal vier Firmen (Maersk, Stellantis, H&M-Group und Apple) haben überhaupt ein Reduktionsziel, das diese Hürde nimmt. Im Schnitt nehmen sich die Firmen eine Verringerung der CO2-Emissionen von 21 Prozent vor. Beim Ziel der Klimaneutralität fällt die Analyse noch dramatischer aus. Dafür müssten die Konzerne ihre Emissionen langfristig um 90 Prozent reduzieren. Gerade einmal fünf haben das überhaupt vor (Maersk, Thyssenkrupp, Stellantis, H&M Group und Holcim). Sieben Firmen haben unzureichende Ziele (Carrefour, Walmart, Samsung, Google, Microsoft und Apple, Ahold Delhaize). Und zwölf haben sich dieses Ziel nicht einmal gesetzt.

Darunter (beispielhaft) auch Volkswagen, die derzeit mit harten Bandagen mit der IG Metall verhandeln. Der Autobauer erntet im Report viel Kritik, unter anderem für die Behauptung, einzelne Produktionslinien seien bereits klimaneutral. Der Report erklärt, dass VW 6,1 Megatonnen CO2-Äquivalent per Zertifikate verschwinden ließ. Für diese Ausgleichsgutschriften hat VW im Jahr 2022 ein Joint Venture mit ClimatePartner gegründet. Es soll Waldschutz- und Aufforstungsprojekte entwickeln und finanzieren. Diese Art der Kompensation sei ungeeignet, da die Bindung von Kohlenstoff auf diesem Weg unbeständig sei. Für eine entsprechende Skalierung fehle es an finanziellen Mitteln. Die Maßnahmen von VW würden nicht ausreichen, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Doch damit ist der Autobauer in bester Gesellschaft.

Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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