Gibt es überhaupt „Bildungsferne“?

Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl
Natascha Strobl beantwortet für A&W "Die große Frage. | © Markus Zahradnik
Ob es Bildungsferne überhaupt gibt, was das sein soll und was sie mit dem elitären österreichischen Bildungssystem zu tun hat, erklärt Natascha Strobl, Politikwissenschaftlerin, für die Rubrik "Die Große" Frage im A&W-Magazin.
Es gibt eine lange und eine kurze Antwort auf diese Frage. Die kurze Antwort lautet: Nein, Bildungsferne gibt es nicht. Die lange Antwort ist etwas differenzierter. Bildung wird in diesem Zusammenhang gerne als sogenannte Formalbildung verstanden. Dabei wird zwischen einer Grundbildung und höherer Bildung bis hin zur akademischen Bildung unterschieden. Je früher eine Person dieses System verlässt, umso „bildungsferner“ ist sie – zumindest im allgemeinen Sprachgebrauch. Klingt logisch, hat aber tiefe soziale Aspekte. Es hat nämlich nicht jede Person die gleichen Chancen im und den gleichen Zugang zum Bildungssystem, das in Österreich extrem elitär ausgerichtet ist.

Österreichs elitäres Bildungssystem

Das zeigt sich an der frühen Trennung der Kinder nach der Volksschule. Der weitere Bildungsweg ist dann schon fast einzementiert. Je höher der Abschluss der Eltern, umso wahrscheinlicher ist ein hoher Bildungsabschluss für ihre Kinder. Bildung wird also vererbt. Bildung kann aber auch weiter gedacht werden. Sie findet nicht nur in der Schule, sondern auch eigenständig, in der Familie oder mit Freund:innen ganze ohne Zertifizierung statt. Bildungsferne ist also subjektiv. Insofern ist jeder Mensch gebildet, nicht jede:r hat aber die Chance auf die gleichen Abschlüsse.

Mehr zum Thema Bildung gibt es in der passenden Folge des Podcasts „Klassenkampf von oben“, in dem sich Michael Mazohl und Natascha Strobl dem Komplex ganzheitlich annehmen. Wie wird Bildung vererbt? Welche Kinder sind besonders betroffen – und welche Rolle könnte ein Ausbau von Ganztagsschulen spielen? Eine der wichtigsten Entscheidungen in der Bildungslaufbahn wird in Österreich im Alter von zehn Jahren getroffen. Was könnte eine gemeinsame Schule für alle Kinder bis zum 15. Lebensjahr verbessern?

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Über den/die Autor:in

Natascha Strobl

Natascha Strobl ist Politikwissenschaftlerin aus Wien und beschäftigt sich mit den rhetorischen Strategien der (extremen) Rechten. Auf Twitter liefert sie unter #NatsAnalysen tief gehende Analysen zu tagesaktuellen Themen.

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