Arbeitslosengeld zugesprochen
In der Stadt New York haben sich FahrerInnen und LieferantInnen zu einer Allianz zusammengeschlossen und wollen sich so mehr Ansprüche erkämpfen. Ein US-Gericht sprach zwei Uber-Fahrern bereits Arbeitslosengeld zu. Um den FahrerInnen Versicherungen anzubieten, erhöht der Mitfahrdienst in einigen US-Städten die Tarife auf KundInnenseite. ArbeitsrechtlerInnen kritisieren allerdings, dass das Unternehmen die Kosten nicht selbst übernimmt.
Wie wichtig eine Lobby für die selbstständigen FahrerInnen ist, zeigt der jüngste Fauxpas: Uber hat seinen FahrerInnen in New York City beinahe drei Jahre lang zu wenig ausgezahlt und sich einen zu großen Anteil der Einnahmen selbst behalten. 45 Millionen US-Dollar muss die Firma voraussichtlich an die betroffenen AuftragnehmerInnen zahlen.
An die US-Handelskommission zahlt Uber 20 Millionen Dollar Strafe, weil es FahrerInnen mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen in Höhe von 90.000 Dollar gelockt hatte – wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um eine falsche Behauptung. Dass die Jungunternehmen aus dem Silicon Valley ständig rechtliche Rahmen ausreizen, kommt sie teuer zu stehen. Sie leisten sich das Risiko trotzdem – in der Hoffnung, Regeln nicht nur zu brechen, sondern auch neu zu gestalten.
Gut vernetzte Unterstützung
Uber holt sich für den Kampf mit der Justiz und Politik auch gut vernetzte Unterstützung: David Plouffe war Berater von Ex-Präsident Barack Obama, wechselte danach zu Uber, wo er drei Jahre lang Chef für „Strategie und Regelwerk“ war. Von dort warb ihn Facebook-CEO Mark Zuckerberg für seine Wohltätigkeitsorganisation ab.
Der Taxi-Konkurrent verteidigt seine Beschäftigungsverhältnisse mit der Unabhängigkeit und Flexibilität, die die FahrerInnen schätzen würden. Doch schafft Uber mit dieser Prämisse auch eine Revolution am Arbeitsmarkt? Immerhin arbeitet das Start-up aktuell an einer autonomen Fahrtechnologie und hat die ersten Pilotprojekte mit selbstfahrenden Taxis gestartet. Die menschlichen ChauffeurInnen könnten theoretisch in Zukunft überflüssig werden.
CEO Travis Kalanick beschwichtigt, dass dies nicht in den nächsten Jahren eintreffen werde. MarktforscherInnen rechnen außerdem damit, dass mit der voranschreitenden Automatisierung zwar Jobs in der Gig-Economy wegfallen werden. Andererseits aber werden neue entstehen, die wir heute noch nicht kennen. Der Einfluss, den die neuen JobberInnen auf die Wirtschaft haben, ist noch schwer messbar, da konkrete Definitionen und Daten von den Auftraggebern fehlen.
Das Forschungsinstitut Brookings hat die Einzelunternehmer im Rahmen einer Marktstudie als jene, die mehr als 1.000 Dollar Einkommen freiberuflich generieren, kategorisiert. 93 Prozent davon fallen in die Bereiche Transport und Unterkünfte, also etwa Vermietung über die Wohnungsplattform Airbnb. Diese Gruppe macht in den USA laut Brookings 24 Millionen aus. Während ihr Anteil am Arbeitsmarkt rasant steigt, lässt parallel dazu das Wachstum bei Angestelltenverhältnissen nach. Auf jede/n Gig-JobberIn fielen 2014 0,5 Angestellte – im Jahr 1997 waren es noch 0,9.
Mangel an Regulierungen
Einer Analyse von McKinsey zufolge gehen 20 bis 30 Prozent der Erwerbstätigen – also bis zu 162 Millionen Menschen – in den USA und der Europäischen Union einer freiberuflichen Tätigkeit nach, 15 Prozent davon fallen auf die digitalen Plattformen. 30 Prozent der FreiberuflerInnen wählen diese Art der Beschäftigung bewusst, 40 Prozent nutzen sie für Zusatzeinkünfte.
Als Notlösung, weil eine Festanstellung eigentlich gewünscht wäre, sehen 14 Prozent der FreiberuflerInnen in der McKinsey-Studie ihre Situation. Das fehlende Datenmaterial und die Verschlossenheit der Start-ups bezüglich ihrer freiberuflichen MitarbeiterInnen machen den Mangel an Regulierungen deutlich. Während die innovativen Tech-Firmen vor einem zu starken Einfluss der öffentlichen Hand warnen, könnten neue Regeln Klarheit schaffen.
Breite Allianzen
Ein Lösungsansatz für eine bessere Vertretung der Gig-JobberInnen sind unternehmensübergreifende Allianzen, wie sie in New York bereits existieren. Als eines der wertvollsten Start-ups hat Uber jedenfalls die Macht, die Bedingungen für FahrerInnen, LieferantInnen und andere DienstleisterInnen zu beeinflussen – sowohl positiv als auch negativ.
Brookings: „Tracking the gig economy“
tinyurl.com/yap56sj2
Analyse von McKinsey:
tinyurl.com/j5apkrt
Elisabeth Oberndorfer
Freie Journalistin
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 5/17.
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