Gold Plating – was ist das?
Worum geht es beim sogenannten Gold Plating? Regelmäßig werden auf EU-Ebene Richtlinien verabschiedet, die Mindeststandards für die jeweiligen Politikbereiche enthalten, beispielsweise Beschäftigung, VerbraucherInnenschutz oder Umwelt. Diese Richtlinien müssen in nationales Recht umgesetzt werden, wobei die im EU-Rechtstext definierten Mindeststandards nicht unterschritten werden dürfen.
Bereits im Vorfeld zu Verhandlungen für neue EU-Rechtsakte kämpfen Mitgliedsländer, die selbst niedrige Schutzniveaus haben, dafür, dass die Minimumstandards dieser Rechtsakte möglichst tief angesetzt werden. Damit wollen diese Länder die Aufwendungen möglichst gering halten, die eine Hebung ihrer rückständigen, teils veralteten Standards mit sich bringen würde.
Viele EU-Staaten haben demgegenüber wesentlich fortschrittlichere Gesetze mit weit besseren Standards für ArbeitnehmerInnen, KonsumentInnen oder die Umwelt. Diese fortschrittlichen Regelungen mit überbordender Bürokratie oder besonderem Luxus in Verbindung zu bringen, ist irreführend. Im Gegenteil: Es geht um selbstverständliche, teilweise seit Jahrzehnten bestehende Standards, die nun unter dem Vorwand des Gold Plating infrage gestellt werden sollen.
Grundsätzlich finden sich schon in früheren Gesetzen Ansätze, die dem jetzigen Vorhaben der Regierung ähneln. Sowohl im Deregulierungsgesetz von 2001 als auch im Deregulierungsgrundsätzegesetz vom April 2017 findet sich der Passus, dass vorgegebene Standards in EU-Richtlinien nicht ohne Grund übererfüllt werden sollen. Allerdings ist diese Formulierung eher als genereller Grundsatz zu verstehen. Davon, dass der Gesetzgeber ohne jeglichen Grund fortschrittlichere Regeln erlässt, als an EU-Mindeststandards vorgesehen, ist wohl kaum auszugehen.
Die jetzige Gold-Plating-Diskussion ist jedoch vor allem als eines zu sehen: Als Wunschprogramm der Wirtschaft, um lästige, mit Kostenaufwand verbundene Standards loszuwerden. Die neue Regierung verliert dabei keine Zeit, die Wünsche der Großindustriellen und -unternehmerInnen zu erfüllen: Bis Mai haben Ministerien und Interessenvertretungen die Möglichkeit, Bestimmungen zu melden, die (aus Sicht der jeweiligen VertreterInnen) eine „Übererfüllung“ der im EU-Recht vorgegebenen Mindeststandards darstellen. Nach einer Begutachtungsphase könnte die Debatte im Nationalrat über die eingebrachten Vorschläge bereits im Herbst folgen.