Gastkommentar: Lasst uns die Sozialversicherung zurückholen!

Eine Frau steht in einem OP-Saal und drückt Knöpfe auf einem Monitor. Symbolbild für die Sozialversicherung.
Die Sozialversicherung gehört den Beschäftigten. Das meint Susanne Haslinger von der PRO-GE Grundlagenabteilung. | © Adobestock/gpointstudio
„Es macht einen Unterschied, ob bestmögliche Versorgung oder Profitinteressen hinter den Entscheidungen um die medizinische Versorgung stehen“: Warum die Sozialversicherung in die Hände der Beschäftigten gehört, erklärt Susanne Haslinger von der PRO-GE Grundlagenabteilung in ihrem Gastkommentar.
Rund vier Millionen Arbeitnehmer:innen wählen heuer ihre Vertreter:innen in der Arbeiterkammer. Eine Interessenvertretung für die Vielen, die nicht vom Erben, nicht von der Rendite leben. Dass wir Arbeitnehmer:innen unsere Interessen hier selbst in die Hand nehmen und uns nicht von wohlmeinenden Arbeitgeber:innen vertreten lassen, liegt auf der Hand.

Wenig bekannt ist, dass sich aus dem Ergebnis der AK-Wahl auch ableitet, wer uns Arbeitnehmer:innen in einer anderen selbstverwalteten Institution vertritt: in der Sozialversicherung. Obwohl die zentralere Errungenschaft der Arbeiter:innenbewegung – sie schützt vor den existenzbedrohenden Risiken Krankheit, Unfall und Alter –, wirkt Selbstverwaltung hier stets ein bisschen sperrig, verstaubt und irgendwie – ja, anrüchig. Das ist kein Zufall, sondern politisch gewollt. Erzählt wird uns die Mär ausgerechnet von jenen, die nicht Teil der Versichertengemeinschaft sind und damit in der Selbstverwaltung (zu Recht) keine Entscheidungsmacht haben.

Denn: Die Sozialversicherung wird von uns Versicherten selbst verwaltet. Nicht von jedem und jeder persönlich, sondern wie in der Arbeiterkammer und wie in den Gemeinden durch Vertreter:innen. Das hat auch historische Gründe. Vor knapp 150 Jahren, als die ersten Krankenkassen entstanden, war seitens der Arbeitnehmer:innen dem Staat schlicht nicht sonderlich zu trauen. Man musste die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen. Auch die Arbeitgeber:innen hatten durch die Beitragsabfuhr schnell eine wichtige Rolle und daher stets eine fixe Kontrollfunktion.

Seit 2020 verfügen die Arbeitgeber:innen nach einer Gesetzesänderung über die Hälfte der Stimmen in den Gremien der Krankenkasse – eine „Reform“ zum Schaden der Versicherten. Denn eines sind die Arbeitgeber:innen in der Österreichischen Gesundheitskasse (mit 7,5 Mio. Versicherten) nicht: Versicherte. Ihre Interessenlage ist also eine andere.

Es macht einen Unterschied, ob bestmögliche Versorgung oder budgetäre Sachzwänge und Profitinteressen hinter den Entscheidungen um die medizinische Versorgung stehen. Es macht einen Unterschied, ob ein weiteres MRT-Gerät aufgestellt werden kann oder die Ärztekammer ein Veto hat. Lasst uns die Sozialversicherung zurückholen! Wir brauchen sie.

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Über den/die Autor:in

Susanne Haslinger

Mag.a Susanne Haslinger ist Juristin und in der sozialpolitischen Abteilung der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) tätig.

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