Forschungsstandort Österreich

Foto (C) ÖGB-Verlag/Michael Mazohl

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Österreichs forschende Unternehmen werden gut bedient. Macht die öffentliche Hand auch das Richtige?
Österreichs Wirtschaft kann im Wettbewerb nur mit Qualität, technologischem Vorsprung und hoher Wertschöpfung bestehen. Die Alternative wäre ein Wettbewerb über den Preis allein – dieser aber erzeugt Lohndruck und wirkt sich mittelfristig nachteilig auf die Wettbewerbsfähigkeit aus.

Innovation, Forschung und Entwicklung sind daher wichtige Schlüssel für die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen, wie eine im Auftrag der AK durchgeführte Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) nachweist. Das heißt aber auch, dass in den Bereich der Qualifikation, der Aus- und Weiterbildung investiert werden muss, insbesondere im Zusammenhang mit der fortschreitenden Digitalisierung. Eine gute Forschungspolitik hat eine entsprechend zielorientierte Bildungspolitik als Voraussetzung.

Zweithöchste Forschungsquote

Bei Forschung und Entwicklung (F&E) hat Österreich in den letzten 25 Jahren stark aufgeholt, inzwischen hat es die zweithöchste Forschungsquote in der EU erreicht. Trotzdem zählt Österreich nicht zu den führenden Innovationsländern in der EU, neben anderen Faktoren auch wegen der eher durchschnittlichen AkademikerInnenquote. Österreichs Ausgaben für Forschung und Entwicklung haben sich seit Beginn der 1990er-Jahre mehr als verdoppelt, sie lagen 2015 bei 3,12 Prozent gemessen am BIP (die sogenannte F&E-Quote). Der Durchschnitt der EU-28 beträgt 1,96 Prozent, in der OECD sind es 2,38 Prozent.

Ziel nicht mehr erreichbar

Selbst die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise führte nur zu einem kurzfristigen leichten Rückgang. Damit hat der Standort Österreich das traditionelle Vorzeigeland Finnland weit überholt. Dessen F&E-Quote sinkt übrigens von Jahr zu Jahr (2010 lag sie noch bei 3,64 Prozent, 2015 waren es nur mehr 2,9 Prozent).

Österreich hat somit die zweithöchste F&E-Quote in der EU hinter Schweden mit 3,28 Prozent. OECD-weit liegt Österreich an sechster Stelle und zählt auch zu den Spitzenländern, was die Förderung von F&E im Unternehmenssektor betrifft.

Was die Finanzierung von Unternehmensausgaben für F&E durch die öffentliche Hand angeht, wird Österreich mit 12 Prozent innerhalb der EU nur von Ungarn und Rumänien übertroffen. Der Wert ist etwa doppelt so hoch wie der EU-Durchschnitt und bis zu siebenmal so hoch wie jener der im EU-Innovationsranking 2017 ausgewiesenen „Innovation Leaders“ Schweden, Dänemark, Finnland, Niederlande, Vereinigtes Königreich und Deutschland. Österreich zählt damit zur Gruppe der „Strong Innovators“.

Die Forschungsquote 2017 liegt in Österreich bei 3,14 Prozent. Die Bundesregierung hat jedoch bereits 2011 in ihrer Forschungsstrategie festgelegt, dass sie diese deutlich erhöhen möchte: Das Ziel wurde mit 3,76 Prozent für 2020 festgelegt. Aufgrund der Budgetziele und der bis vor Kurzem noch eher verhaltenen Konjunktur scheint dieses äußerst ehrgeizige und eher willkürlich festgelegte Ziel nicht mehr erreichbar. Hinzu kommt noch ein strukturelles Problem bei den F&E-Ausgaben: Der Anteil der Finanzierung der gesamte F&E-Ausgaben Österreichs durch die öffentliche Hand ist mit 36 Prozent immer noch zu hoch, der Beitrag der heimischen Wirtschaft liegt nur bei mageren 48 Prozent.

Weitere Investitionen nötig

Die europäischen Zielvorgaben und die österreichische Forschungsstrategie sehen vor, dass maximal ein Drittel der Förderungen von der öffentlichen Hand finanziert wird, mindestens zwei Drittel sollen von den Unternehmen selbst kommen. Selbst wenn man den – international gesehen – sehr hohen Finanzierungsanteil durch Unternehmen aus dem Ausland hinzuzählt, werden kaum 64 Prozent erreicht. Möchte man am Ziel der Bundesregierung, die F&E-Quote maßgeblich zu steigern, festhalten, sind noch weitere Investitionen in den Bereich Forschung, Technologie, Innovation (FTI) notwendig – insbesondere seitens der Wirtschaft, aber auch seitens der öffentlichen Hand.

Die steuerliche (indirekte) Forschungsförderung, heute in Form einer Prämienauszahlung, hat die direkte weit überholt. In den letzten 15 Jahren wurde die Forschungsprämie schrittweise von 3 Prozent auf 12 Prozent angehoben und damit massiv ausgebaut, ohne dass jemals eine eingehende Evaluierung der Auswirkungen auf Unternehmensebene durchgeführt wurde.

Fehlende Qualitätskontrolle

Dabei wird die Kritik immer lauter, dass diese Förderung nach dem Gießkannenprinzip mit höheren Mitnahmeeffekten einhergehe. Zudem fehle im Vergleich zur direkten Forschungsförderung erstens die Qualitätskontrolle und zweitens sei der durch die Förderungen erzielte Zuwachs an Forschungsleistungen im Unternehmen deutlich geringer.

Daten der Statistik Austria belegen, dass die F&E-Ausgaben im Unternehmenssektor in Österreich auf relativ wenige (große) Unternehmen konzentriert sind und daher ein geringer Teil der heimischen Unternehmen von der steuerlichen Forschungsförderung in einem überproportionalen Ausmaß profitiert: Auf die forschungsstärksten 40 Unternehmen entfallen 50 Prozent der F&E-Ausgaben.

Gemäß Schätzung der Statistik Austria wird die Prämienauszahlung 2017 bereits 628 Millionen Euro betragen. Die 2017 erstmalig durchgeführte Evaluierung wurde auch gleich zum Anlass genommen, die Forschungsprämie auf 14 Prozent (für Wirtschaftsjahre ab 2018) zu erhöhen, obwohl die Evaluierungsstudie aufgrund unzureichender Verfügbarkeit von Daten nur eingeschränkt aussagekräftig ist (wie im Übrigen von den AutorInnen selbst angemerkt wird). Des Weiteren fehlt der Konnex zur direkten Forschungsförderung. Dies würde jedenfalls ab 2019 zu entsprechend stark erhöhten Prämien führen.

Eine Neuorientierung in der Förderungspolitik ist dringend notwendig. Die öffentliche Hand darf sich – im Sinne der Ökonomin Mariana Mazzucato – nicht auf das Setzen von Rahmenbedingungen und den Ausgleich von Marktversagen durch direkte und indirekte Förderungen beschränken. Sie muss langfristig vielmehr auf Nachhaltigkeit bedacht sein, strategisch planen und dabei auch eigenständige Impulse durch Investitionen in F&E und F&E-Infrastruktur setzen.

Das gilt insbesondere dort, wo gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen sind (z. B. Umwelt, Klima, Gesundheit, Alter) und/oder vielversprechende industriepolitische Ansätze vorhanden sind und privates Kapital (vorerst) aufgrund des hohen Risikos oder mangels ausreichender Rendite ausbleibt.

Umfassende Analyse zu empfehlen

Betreffend Forschungsprämie wäre eine ausführliche und umfassende Wirkungsanalyse des gesamten Fördersystems Österreichs, insbesondere im Hinblick auf eine bessere Abstimmung zwischen direkter und steuerlicher Forschungsförderung, zu empfehlen. Zu prüfen wäre auch eine Differenzierung der Förderungsprozentsätze nach Unternehmensgröße sowie die Einführung einer betragsmäßigen Obergrenze pro Unternehmen. Jedenfalls sollte die Überprüfung des Anspruchs auf eine Forschungsprämie durch die Forschungsförderungsgesellschaft FFG nicht nur für die eigenbetriebliche Forschung, sondern auch für die Auftragsforschung erfolgen.

Betriebsräte einbeziehen

Förderungsprogramme, die ArbeitnehmerInnen unmittelbar betreffen, wie Digitalisierung, Industrie 4.0 oder Nanotechnologie, sind unter Einbindung der ArbeitnehmerInnenorganisationen zu entwickeln. Auf Unternehmensebene sind die jeweiligen Betriebsratskörperschaften in die konkrete Umsetzung einzubeziehen.

Miron Passweg, Unternehmensförderungen: Forschungsprämie Reloaded, Wirtschaftspolitik – Standpunkte 26/2017, AK Wien:
tinyurl.com/yc4d6uzk
Main Science and Technology Indicators – Volume 2017/1, OECD 2017:
www.oecd.org/sti/msti.htm
Martin Falk, Innovation und Beschäftigung, WIFO, Juli 2013:
tinyurl.com/ybomt5sg

Von
Miron Passweg
Abteilung Wirtschaftspolitik der AK Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 10/17.

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