Steigende Belastung
Was das konkret bedeutet, beschreibt Peter Styblo: „Die Belegschaft ist bei uns großteils stabil geblieben, auch weil wir untereinander ein gutes Klima haben. Aber es gab doch Rationalisierungen. Manche Kolleg:innen sind früher als geplant in Pension gegangen. Die Kurzarbeit hat Einschränkungen bedeutet. Wir sind eine Niedriglohnbranche. Jobs sind teilweise auf der Mangelliste, weil keiner unter den bestehenden Bedingungen arbeiten möchte. Mit der Kurzarbeit ist in vielen Bereichen das Trinkgeld weggefallen. Bei steigenden Lebenshaltungskosten ist das eine zusätzliche Belastung.“
Herrsche einmal kein Lockdown, könne es kurzzeitig zu Belastungsspitzen kommen, so Styblo, der aufgrund der Rationalisierungen im InterConti als Betriebsratsvorsitzender nicht mehr freigestellt ist. „Wir können solche Spitzen nicht mehr gut abdecken. Wir haben zwar nur knapp 40 Prozent des Geschäfts im Vergleich zur Vorkrisenzeit, aber wenn dann mal Vollbetrieb ist, bleibt es an wenigen Kräften hängen“, sagt er. „Hinzu kommt, dass es früher in Wien mehr Leasingfirmen gab, die im Notfall bei der Personalabdeckung geholfen haben. Jetzt gibt es nur noch eine solche Firma. Und die ist teuer geworden. Sie scheint am Wochenende mehr zu verlangen. Das ist in der Branche eine Besonderheit, denn normalerweise gibt es keine Wochenendzuschläge.“
Mit den sich stetig ändernden Corona-Maßnahmen werde es nicht einfacher, so Styblo. „Es geht durch die Medien, dass bald 2G plus für die Gastronomie kommt. Wie sollen wir das umsetzen?“ Dabei habe das Hotel viele Maßnahmen gesetzt: „Wir haben seit Beginn der Krise eine Firmenteststraße. Wir machen ‚Alles gurgelt‘ im Betrieb. Und wir haben uns mit Erfolg als Betrieb am Impfprogramm beteiligt. Auch für die Drittimpfung gibt es im Haus eine große Bereitschaft mitzumachen.“
Leben auf prekären Beinen
Für einen großen Teil der Hotellerie-Beschäftigten steht selbst ohne COVID-19 das tägliche Leben auf prekären Beinen. So gaben in der IFES-Studie 53 Prozent der teilnehmenden Empfangsbediensteten sowie 48 Prozent des teilnehmenden Küchen- und Servicepersonals an, „gerade so“ mit ihrem derzeitigen Einkommen auszukommen. Das bedeutet: Solange keine plötzlichen größeren Ausgaben anstehen, reichen die Löhne zum Überleben. 20 beziehungsweise 35 Prozent erklärten aber auch: „Es reicht nicht aus.“
Mit der Pandemie verschärfte sich die Situation deutlich. Auf die Frage, ob sich Corona auf ihre finanzielle Situation ausgewirkt habe, antworteten 64 Prozent der Studienteilnehmer:innen: „Ich musste Einsparungen machen.“ 56 Prozent gaben an, finanzielle Ressourcen angreifen zu müssen. 16 Prozent haben sich verschuldet, und neun Prozent konnten laut eigener Aussage Schulden oder Ratenzahlungen nicht mehr bedienen. Hier habe es eine Entwicklung gegeben, so Studienautorin Waldhauser: „Am Anfang der Krise ist die Zufriedenheit unter den Beschäftigten sogar gestiegen, weil sie froh waren, durch die Kurzarbeit noch einen Job zu haben. Doch mit dem Dahinschmelzen der Ersparnisse lässt dieser Effekt deutlich nach.“
Im InterConti Wien kommt hinzu, dass die dort Beschäftigten trotz des bis Pandemiebeginn anhaltenden Reisebooms in der Bundeshauptstadt schon seit Jahren einer unsicheren Zukunft entgegenblicken. „Das InterContinental Wien ist im Eigentum der Wert Invest GmbH“, sagt Peter Styblo. „Deren Eigentümer Michael Tojner hat schon vor Jahren den Abriss des Hotels angekündigt. Dann wären alle 150 Beschäftigten schlagartig ihren Job los. Bis heute wissen wir nicht, ob oder wann dieser Abriss kommt.“