Reform bringt mehr Fairness
Im Jahr 2002 wurde das Kinderbetreuungsgeld (KBG) geschaffen, welches das bisherige Karenzgeld ersetzte. Seitdem wurde das Kinderbetreuungsgeldgesetz immer wieder reformiert, die letzte Novelle soll nun mehr Flexibilität und Fairness bringen. Außerdem schafft sie zusätzliche Anreize für eine partnerschaftliche Teilung und gilt auch für gleichgeschlechtliche Paare, Adoptiv- und Pflegeeltern.
Neues, flexibles Konto
Während das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld in der bisherigen Form bestehen bleibt, wurden die vier Pauschalvarianten durch ein flexibel gestaltbares Kinderbetreuungsgeldkonto ersetzt, das für Geburten ab 1. März 2017 gilt. Das neue Konto bezweckt, dass alle Eltern dieselbe Geldsumme erhalten – unabhängig von der Bezugsdauer. Das ist fair und „steigert die Chancen für den früheren Wiedereinstieg in den Beruf, weil nun Frauen, die sich für eine kürzere Bezugsdauer entscheiden, gleich viel Geld erhalten wie jene, die länger Kinderbetreuungsgeld beziehen“, erklärt Renate Anderl, ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende. Außerdem bekommen Eltern neue Gestaltungsmöglichkeiten, denn nun können sie beim KBG-Konto selbst entscheiden, über welchen Zeitraum der pauschale Gesamtbetrag (Bezug durch einen Elternteil: 12.366 Euro, Bezug durch beide Elternteile: 15.449 Euro) ausbezahlt wird. Bezieht nur ein Elternteil das KBG, kann frei zwischen 365 und 851 Tagen gewählt werden. Beziehen Mutter und Vater abwechselnd KBG, erhöht sich die mögliche Bezugsdauer auf 456 bis zu 1.063 Tage. Untereinander können sie zweimal wechseln. Ein Block muss aber mindestens 61 Tage dauern. Im Gegensatz zum einkommensabhängigen KBG haben die Eltern im Konto-Modell auch einmal die Möglichkeit, die Dauer des Bezugs zu ändern. „Das ermöglicht den Eltern, ihre Lebensplanung, die sich immer wieder ändern kann, flexibel zu gestalten“, betont lsabella Guzi, Bundesfrauensekretärin im ÖGB.
Anreize zur Gleichstellung
Des Weiteren sieht die Reform auch mehrere positive Aspekte für eine stärkere Väterbeteiligung bzw. partnerschaftliche Teilung vor. Dazu gehören die Einführung des „Partnerschaftsbonus“ und des „Familienzeitbonus“ (bzw. Papamonat). So wie beim neuen Pauschalkonto gelten diese Maßnahmen nur für Geburten ab 1. März 2017. Haben die Eltern das KBG zu annähernd gleichen Teilen (im Verhältnis 50:50 bis maximal 60:40) bezogen, so gebührt ihnen ein Partnerschaftsbonus in der Höhe von jeweils 500 Euro (insgesamt für beide Eltern somit 1.000 Euro) als Einmalzahlung. Dieser gilt sowohl für das Konto-Modell als auch für die einkommensabhängige Variante. „Der Partnerschaftsbonus und der ‚Papamonat‘ sind wichtige Instrumente für mehr Gleichstellung und führen dazu, die Beteiligung von Vätern an der Kindererziehung zu steigern“, sagt Anderl.
Der Familienzeitbonus ist eine Geldleistung in der Höhe von rund 700 Euro für erwerbstätige Väter unmittelbar nach der Geburt eines Kindes, um sich in dieser Zeit ausschließlich der Familie widmen zu können. Um diesen Bonus zu erhalten, ist es notwendig, dass der Vater die Erwerbstätigkeit für 28 bis 31 Kalendertage innerhalb von 91 Kalendertagen ab der Geburt unterbricht.
Rechtsanspruch fehlt
Väter haben zwar Anspruch auf finanzielle Unterstützung, wenn sie die Familienzeit nehmen, einen Rechtsanspruch gibt es jedoch nicht. Der Arbeitgeber muss seine Zustimmung geben. Ausnahme: In manchen Kollektivverträgen, Betriebsvereinbarungen sowie häufig im öffentlichen Dienst gibt es einen Rechtsanspruch auf eine unbezahlte Dienstfreistellung anlässlich der Geburt des Kindes (Papa-/Babymonat bzw. Frühkarenz). Diese Freistellungsansprüche dauern meistens vier Wochen. Während des Bezugs des Familienzeitbonus gibt es auch keinen ausdrücklichen Kündigungsschutz, wie von Arbeiterkammer und ÖGB gefordert. Anderl betont in diesem Zusammenhang, dass Väter in dieser Zeit nicht schutzlos sind, ein Motivkündigungsschutz wird über das Gleichbehandlungsgesetz gewährleistet.
BezieherInnen des pauschalen KBG dürfen bis zu 60 Prozent der Letzteinkünfte aus dem Kalenderjahr vor der Geburt, in dem kein KBG bezogen wurde, dazuverdienen.
Hat sich jemand für das Kontomodell entschieden und liegen die 60 Prozent der Letzteinkünfte unter 16.200 Euro pro Kalenderjahr, dann dürfen bis zu 16.200 Euro pro Jahr dazuverdient werden. Im einkommensabhängigen System ist ein Zuverdienst von maximal 6.800 Euro im Kalenderjahr zulässig. Die ÖGB-Frauen empfehlen, bei der „fixen“ Zuverdienstgrenze in der Höhe von 16.200 Euro ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.235 Euro nicht zu übersteigen. Bei der Zuverdienstgrenze von 6.800 Euro wäre es ratsam, nicht mehr als bis zur Geringfügigkeitsgrenze pro Monat zu verdienen.
Im europäischen Vergleich
Vergangenes Jahr hat Helene Dearing im A&W-Blog (blog.arbeit-wirtschaft.at/author/helenedearing) das österreichische Kinderbetreuungsgeld im europäischen Vergleich eingeordnet. Fokus der Analyse war die Frage, wie gut Karenzmodelle eine partnerschaftliche Aufteilung der Arbeit von frischgebackenen Eltern fördern. Diese Frage wird anhand des „Equal Gender Division of Labour“-(EGDL)-Indikators beantwortet, der ein „ideales“ Referenzmodell als Maßstab nimmt. Dieses sieht 14 Monate an gut bezahlter Karenz vor, wobei die Hälfte davon für Väter reserviert ist.
Das Fazit der Analyse: Grundsätzlich ist das bisherige Kinderbetreuungsgeld (KBG) schwer einzuordnen, da es fünf verschiedene Auszahlungsvarianten vorsah. Rangierte die längste Pauschalvariante des KBG (30+6) beim EGDL-Ranking aller Länder im unteren Mittelfeld, so befindet sich Österreich mit dem einkommensabhängigen KBG – gleich nach Island und Schweden – auf Platz 3 des Rankings und ist somit in einer Ländergruppe, die besonders gut eine partnerschaftliche Arbeitsaufteilung fördert.
Online Rechner
Für eine bessere Planbarkeit und um die werdenden Eltern bei ihrer Entscheidung besser zu unterstützen und ihnen behilflich zu sein, haben die ÖGB-Frauen auf einen Online-Rechner gepocht. Dieser wurde rechtzeitig vor dem 1. März zur Verfügung gestellt. „Es war wichtig, dass das Kinderbetreuungsgeldkonto durch einen Online-Rechner für Eltern einfach anwendbar wird. So können sich Mutter und Vater auch alle Beträge selber ausrechnen und vorbereitet sein“, erklärt die ÖGB-Vizepräsidentin.
Auf der Homepage des Familienministeriums (www.bmfj.gv.at) gibt es fünf Rechner: den Rechner für das KBG-Konto, den Rechner für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, den Rechner für den Familienzeitbonus, den Rechner für die individuelle Zuverdienstgrenze und den Rechner für den laufenden Zuverdienst.
Rechtsinfos der ÖGB-Frauen
In der Rechtsinfo „Baby-Package“ informieren die ÖGB-Frauen zusätzlich über die Möglichkeit der Karenz, zeigen die verschiedensten Möglichkeiten des Kinderbetreuungsgeldbezugs und der partnerschaftlichen Teilung auf und warnen vor Fallen wie etwa, dass die Dauer des Karenzurlaubes nicht mit der längstmöglichen Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldkontos übereinstimmt. Die Broschüre klärt auch über Geldleistungen, die beantragt werden können, Beihilfen und steuerrechtliche Vergünstigungen auf. Ein übersichtlicher Terminkalender erleichtert es, notwendige Behördenwege und Termine rechtzeitig planen zu können und den Überblick nicht zu verlieren. Außerdem sind zu diesen Themen Briefvorlagen auf der Homepage der ÖGB-Frauen bereitgestellt.
Der Kinderbetreuungsgeld-Rechner ist abzurufen unter:
www.bmfj.gv.at
Homepage der ÖGB Frauen:
www.oegb.at/frauen
Homepage der Arbeiterkammer:
tinyurl.com/jdfxm37
Amela Muratovic
ÖGB Kommunikation
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 2/17.
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