EU verstehen leicht gemacht: Europäische Union im Überblick

Die Fahne der Europäischen Union mit einem Kran im Vordergrund.
Bei der Europäischen Union gibt es immer was zu tun. | © Adobestock/Sir_Oliver
Die Europäische Union prägt unseren Alltag und ist entscheidend für die nationale Politik. Mit dieser Übersicht behalten Sie den Überblick.

Flüchtende Menschen auf dem Weg nach Österreich. Elektroautos auf der einen und Abgasgrenzwerte auf der anderen Seite. Außenpolitik gegenüber Russland, den USA oder China, Energie- und Mobilitätswende, Inflation und Digitalisierung. Jedes Thema, das Schlagzeilen macht, wird maßgeblich in der Europäischen Union (EU) gestaltet, gelöst und diskutiert. Das liegt auch an der Vielzahl der Institutionen und Organen der Gemeinschaft. Dieser Beitrag soll helfen, sich einen Überblick über die Europäische Union zu verschaffen.

Was ist die Europäische Union?

Die Europäische Union (EU) ist ein politischer und wirtschaftlicher Zusammenschluss von 27 europäischen Staaten, in denen rund 448 Millionen Menschen leben. Gemeinsam wollen sie verschiedene Probleme in allen Politikbereichen lösen. Zu diesem Zweck gibt es in der EU sieben verschiedene Institutionen: das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat der Europäischen Union („der Rat“), die Europäische Kommission, den Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und den Rechnungshof.

Die Europäische Union hat keinen einzelnen Hauptsitz. Vielmehr hat die EU ihre Institutionen auf mehrere Städte verteilt. In Brüssel (Belgien) befinden sich mit der Europäischen Kommission, dem Rat der Europäischen Union und dem Europäischen Rat die meisten Einrichtungen. Brüssel gilt daher als das politische Zentrum der EU. In Straßburg (Frankreich) hält das Europäische Parlament seine monatlichen Plenarsitzungen ab. Der Gerichtshof der Europäischen Union, der Europäische Rechnungshof und die Europäische Investitionsbank haben ihren Sitz in Luxemburg.

Ein Mann jongliert mit gelben Sternen. Symbolbild für die EU.
Die Europäische Union verstehen? Ein Kinderspiel.| © Markus Zahradnik

Kurze Geschichte der EU

Die Geschichte der Europäischen Union ist geprägt vom Wunsch nach Frieden, Versöhnung und wirtschaftlichem Aufschwung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. So wurde im Jahr 1951 die Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) von sechs Ländern (Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande) gegründet. Sechs Jahre später nahmen die Mitglieder weitere Wirtschaftssektoren auf und es entstanden die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom). Bis in die 1980er Jahre wuchs die Gemeinschaft durch die Aufnahme neuer Mitglieder und neuer Wirtschaftsbereiche (Landwirtschaft, Handel, Fischerei).

Im Jahr 1993 wird mit dem Vertrag von Maastricht die Europäische Union gegründet. Er legt auch den Grundstein für die gemeinsame Währung, den Euro. Bis in die 2000er Jahre wächst die EU auf zunächst 25, dann 27 Mitgliedstaaten. Der Euro wird eingeführt und der Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen geschaffen.

Übersicht: Geschichte der EU

1951: Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) durch sechs Nationen (Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande).

1957: Die Römischen Verträge dehnen die Zusammenarbeit auf weitere Wirtschaftsbereiche aus und gründen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom).

1960er bis 1980er Jahre: Die Gemeinschaft wächst durch den Beitritt neuer Mitglieder und entwickelt gemeinsame Politiken in Bereichen wie Landwirtschaft, Handel und Fischerei.

1993: Der Vertrag von Maastricht führt zur Gründung der Europäischen Union und legt den Grundstein für die gemeinsame Währung, den Euro.

1990er und 2000er Jahre: Durch weitere Erweiterungen wächst die EU auf 25, dann 27 Mitgliedstaaten. Der Euro wird eingeführt und der Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen geschaffen.

Länder der Europäischen Union

Die Europäische Union besteht derzeit aus 27 Mitgliedsstaaten, deren Zahl sich am 31. Januar 2020 mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs – dem sogenannten „Brexit“ – reduziert hatte. Das letzte Land, das der EU beitrat, war Kroatien am 1. Juli 2013. Der Erweiterungsprozess ist komplex und erfordert, dass die Beitrittskandidaten eine Reihe von Kriterien in Bezug auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfüllen. Aktuell gelten Albanien, die Republik Moldau, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien, die Türkei und die Ukraine als EU-Beitrittskandidaten.

Liste der 27 EU-Mitgliedsstaaten

  • Belgien
  • Bulgarien
  • Dänemark
  • Deutschland
  • Estland
  • Finnland
  • Frankreich
  • Griechenland
  • Irland
  • Italien
  • Kroatien
  • Lettland
  • Litauen
  • Luxemburg
  • Malta
  • Niederlande
  • Österreich
  • Polen
  • Portugal
  • Rumänien
  • Schweden
  • Slowakei
  • Slowenien
  • Spanien
  • Tschechien
  • Ungarn
  • Zypern (griechischer Teil)

Von diesen 27 Ländern verwenden 20 die gemeinschaftliche Währung Euro. Bulgarien, Dänemark, Polen, Rumänien, Schweden, Ungarn und Tschechien verwenden noch ihre jeweiligen nationalen Währungen.

Warum gehört die Schweiz nicht zur EU?
Die Schweiz ist aus mehreren Gründen nicht Mitglied der Europäischen Union. Zum einen hat das Land eine lange Tradition der Neutralität. Viele Schweizer:innen würden diese durch einen Beitritt zur EU verwässert sehen. Gleiches gilt für die Souveränität und direkte Demokratie. Obwohl die Schweiz nicht zur EU gehört, unterhält sie über eine Reihe von bilateralen Abkommen enge Beziehungen zur EU. Diese Abkommen regeln den Zugang zum EU-Binnenmarkt, die Personenfreizügigkeit und die Zusammenarbeit in Bereichen wie Forschung, Bildung und Umwelt.

Institutionen der Europäischen Union

Die Institutionen der Europäischen Union bilden die grundlegende Struktur der EU. Sie sind im Vertrag über die Europäische Union (EUV) verankert und sollen die Funktionsweise der EU garantieren. Sie arbeiten zusammen, um die Ziele der EU zu erreichen.

Die sieben Institutionen der EU:

  • Europäisches Parlament: Vertritt die Bürgerinnen und Bürger der EU. Verabschiedet gemeinsam mit dem Rat Gesetze. Kontrolliert den EU-Haushalt. Übt die demokratische Kontrolle über die anderen Institutionen aus.
  • Europäischer Rat: Setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten zusammen. Definiert die allgemeinen politischen Ziele und Prioritäten der EU. Trifft Entscheidungen in Krisensituationen.
  • Rat der Europäischen Union (Ministerrat): Vertritt die Regierungen der Mitgliedstaaten. Verabschiedet gemeinsam mit dem Parlament Gesetze. Koordiniert die Politik der Mitgliedstaaten in verschiedenen Bereichen.
  • Europäische Kommission: Die „Regierung“ der EU. Schlägt Gesetze vor. Setzt EU-Recht um und überwacht seine Einhaltung. Vertritt die EU auf internationaler Ebene.
  • Gerichtshof der Europäischen Union: Sichert die einheitliche Auslegung und Anwendung des EU-Rechts. Entscheidet über Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, Institutionen und Privatpersonen.
  • Europäische Zentralbank: Verantwortlich für die Geldpolitik in der Eurozone. Sorgt für Preisstabilität. Gibt Euro-Banknoten aus.
  • Europäischer Rechnungshof: Prüft die Einnahmen und Ausgaben der EU. Stellt sicher, dass die EU-Gelder ordnungsgemäß verwendet werden.

Was sind die Ziele der EU?

Die Ziele der Europäischen Union ergeben sich in erster Linie aus ihrer Geschichte. Zum einen will die Gemeinschaft Frieden, Sicherheit und Freiheit gewährleisten. Zum anderen will sie wirtschaftlichen Wohlstand und soziale Gerechtigkeit erreichen. Zusätzlich möchte sie diese Ziele auch im Rest der Welt fördern.

Die Ziele der Europäischen Union

Frieden, Sicherheit und Freiheit: Historisch gesehen sind dies die ersten Ziele der EU, die noch auf den Erfahrungen des zweiten Weltkriegs beruhen. Entsprechend setzt sich die EU für die Wahrung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein. Beim Thema Sicherheit dominieren heute Terrorismus und organisierte Kriminalität die Agenda.

Wirtschaftlicher Wohlstand und soziale Gerechtigkeit: Einer der wichtigsten Vorteile von EU-Mitgliedern ist der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital. Er ist die Grundvoraussetzungen für viele andere Ziele wie soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit und den Schutz der Schwächsten. Zu diesen nachhaltigen Zielen gehört auch der Klimaschutz.

Einfluss und Verantwortung in der Welt: Global betrachtet engagiert sich die EU für Friedensförderung, leistet Entwicklungshilfe und fördert Demokratie und Menschenrechte.

Die vier Grundfreiheiten der EU
Zu den größten Errungenschaften der Europäischen Union zählen die vier Grundfreiheiten. Damit sind der freie Warenverkehr, der freie Personenverkehr, der freie Dienstleistungsverkehr und der freie Kapitalverkehr gemeint. Waren können innerhalb der EU ohne Zölle oder andere Handelsbeschränkungen frei gehandelt werden. EU-Bürger:innen haben das Recht, sich in jedem EU-Land frei aufzuhalten, zu arbeiten, zu studieren oder in Rente zu gehen. Unternehmen und Selbstständige können ihre Dienstleistungen in jedem EU-Land anbieten, ohne diskriminiert zu werden. Kapital kann innerhalb der EU frei transferiert werden, einschließlich Investitionen, Zahlungen und Kredite.

Europaflagge und Hymne

Die Europaflagge steht nicht nur für die EU, sondern auch für Europa und seine Werte als Ganzes. Das Design hat Arsène Heitz, ein Beamter des Europarats, im Jahr 1955 entworfen. Das Blau steht für den Himmel und symbolisiert Frieden, Freiheit und die Einheit Europas. Die zwölf goldenen Sterne bilden einen Kreis, der für Einheit, Solidarität und Harmonie zwischen den Völkern Europas steht. Die Zahl Zwölf steht nicht im direkten Zusammenhang mit der Anzahl der Mitgliedstaaten, sondern symbolisiert Vollkommenheit und Vollständigkeit.

Die Flagge der Europäischen Union an einem Flaggenmast im Wind.
Die Fahne der Europäischen Union. | © Adobestock/Henner Damke

Die Europahymne hat ihren Ursprung in der berühmten „Ode an die Freude“ aus dem letzten Satz der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Diese Melodie wurde 1972 vom Europarat als offizielle Hymne angenommen und 1985 von der Europäischen Gemeinschaft (dem Vorläufer der EU) übernommen. Der Text von Friedrich Schiller, auf dem die „Ode an die Freude“ basiert, ruft zu Frieden, Freiheit und Solidarität auf – zentrale Werte der europäischen Integration.

Mythen zur Europäischen Union

Die Gesetzgebung der Europäischen Union ist extrem komplex. Selbst für politisch Interessierte ist es schwierig, einen Überblick über den Stand der einzelnen Debatten zu behalten. Hinzu kommt, dass die Nationalstaaten oft noch Zeit und Spielraum haben, um die Regelungen umzusetzen. So fällt es leicht, den Bürger:innen mit einem vermeintlichen „Schreckgespenst“ Angst zu machen und zu behaupten, dass die EU ein bürokratisches und undemokratisches Monster sei, das den Kontakt zu den Menschen verloren habe. Mythen und Falschmeldungen schleichen sich so schnell in die Debatten ein.

Gurkenkrümmung

Die Regelung zur Gurkenkrümmung ist bis heute einer der bekanntesten und auch ältesten Mythen rund um die EU. Dahinter steckt die Verordnung 1677/88/EWG aus dem Jahr 1988. Auf Drängen von Handelsverbänden und Agrarministerien der Nationalstaaten legte die EU eine Maximalkrümmung fest. Ziel war es, den Transport zu vereinheitlichen und damit die Mengen besser kontrollieren zu können. Die Verordnung wurde zwar im Jahr 2009 abgeschafft, in der Praxis halten sich die Handelsketten aber bis heute daran.

Wasserprivatisierung

2013 plante die EU, europaweite Vorgaben für den Fall festzulegen, dass Kommunen ihre Wasserversorgung privatisieren möchten. Hintergrund war, dass in den Jahren zuvor viele Städte und Gemeinden ihre Wasserversorgung über Konzessionsverträge an private Firmen übertragen hatten. Dafür gab es aber keine EU-weit gültigen Regeln, die Transparenz, Rechtssicherheit und Chancengleichheit sichergestellt hätten. Eine Privatisierung kritischer Infrastruktur hat die Richtlinie nicht vorgeschrieben. Dennoch kam es – vor allem in Deutschland – zu massiven Bürgerprotest. Entsprechend wurde die Wasserversorgung aus der Richtlinie entfernt.

Bargeldabschaffung

Im Jahr 2018 hat die Europäische Zentralbank die Produktion von 500-Euro-Scheinen eingestellt. Sie sieht darin eine Maßnahme gegen Geldwäsche. Obwohl die Scheine weiterhin gültig sund (sie werden lediglich eingezogen und durch kleinere ersetzt, wenn sie bei der Zentralbank landen) und es keine Pläne oder Debatten zur Bargeldabschaffung gibt, glauben viele Menschen dennoch, dass die EU genau das vorhat.

Europäische Union in Kürze

  • Die Europäische Union (EU) ist ein Zusammenschluss von 27 europäischen Staaten, in denen rund 448 Millionen Menschen leben.
  • Um ihre gemeinsamen politischen Ziele umsetzen zu können, verfügt die EU über sieben Institutionen: das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat der Europäischen Union („der Rat“ genannt), die Europäische Kommission, den Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und den Rechnungshof.
  • Zu den wichtigsten Vorteilen der Europäischen Union gehören neben der Schaffung einer gemeinsamen Währung, die vier Grundfreiheiten (freier Warenverkehr, freier Personenverkehr, freier Dienstleistungsverkehr und der freier Kapitalverkehr).

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Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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