Vier Mängel bei den Einkommensberichten
Um zu überprüfen, ob der Grundsatz „Gleiches Geld für gleich(wertig)e Arbeit“ eingehalten wird, setzt Österreich seit zehn Jahren auf Einkommensberichte. Grundlage dafür ist das Gleichbehandlungsgesetz von 1979. Doch erfüllen sie ihren Zweck wirklich?
1 / Keine klare Definition
Es fehlt eine Definition zu gleichwertiger Arbeit, erklärt Melanie Kocsan von der Abteilung Arbeitsrecht der AK Wien. „Nur der oder die Arbeitgeber:in verfügt über die nötigen Informationen, um dem Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche oder gleichwertige Arbeit zu entsprechen. Macht über betriebliche Informationen dieser Art ist also auch Definitionsmacht über die Gleichwertigkeit von Arbeit, die jedoch im prinzipiellen Widerspruch zum Gleichbehandlungsgebot beim Entgelt steht.“
2 / Eng eingegrenzter Kreis
Nur große Unternehmen ab 150 Beschäftigten sind überhaupt alle zwei Jahre zu Einkommensberichten verpflichtet. Die Schwelle sollte – hört man auf die Empfehlung der Arbeiterkammer – deutlich gesenkt werden.
3 / Nur grober Durchschnitt
In den Einkommensberichten ist zudem lediglich das Durchschnittsentgelt anzugeben, ohne Aufschlüsselung von Mehr- und Überstunden, Zulagen etc. „Die Vergleichbarkeit der Entgeltsituation zwischen Männern und Frauen ist daher schwer herzustellen“, hält Expertin Melanie Kocsan fest.
4 / Fehlende Vergleichbarkeit
Aus Datenschutzgründen werden die Einkommensberichte anonymisiert erstellt. Dadurch lassen sich jedoch keinerlei konkrete Rückschlüsse auf bestehende Entgeltunterschiede zu einer Vergleichsperson ziehen. Verschwiegenheitsklauseln in den Arbeitsverträgen erschweren oft zusätzlich den Informationsaustausch unter den Mitarbeiter:innen – vor allem dann, wenn Einkommensberichte nicht verpflichtend sind.