Erst Ausbildung, dann Job
Von erschreckend hoher Jugendarbeitslosigkeit wie in Griechenland oder Spanien ist Österreich meilenweit entfernt. Laut EUROSTAT betrug in Österreich die Jugendarbeitslosenrate im Dezember 2017 9,5 Prozent gegenüber 10,4 Prozent im Dezember 2016. Diese Zahl spiegelt aber nur einen Teil der Wirklichkeit wider. Viele Jugendliche haben auch hierzulande Schwierigkeiten, eine Beschäftigung zu finden. „Nur die Hälfte aller Arbeitsuchenden hat einen Pflichtschulabschluss. Jedes Jahr verlassen viele Jugendliche die Pflichtschule und machen dann keine weiterführende Ausbildung. „Die Gefahr, arbeitslos zu werden, verringert sich um 18 Prozent, wenn man eine weiterführende Ausbildung absolviert hat“, sagt Sascha Ernszt, Vorsitzender der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ). Daher hat die ÖGJ die Einführung der Ausbildungspflicht begrüßt – ganz konsequent als Erweiterung der Ausbildungsgarantie. „Jugendliche Hilfsarbeit muss vermieden werden. Hier wird versucht, auch den letzten Jugendlichen von der Straße zu holen und erst dann in den Arbeitsmarkt zu schicken, wenn er eine Ausbildung gemacht hat.“
Wie es nun mit dieser Maßnahme weitergehen soll, ist fraglich. Die neue Regierung will sie evaluieren. Außerdem wurde Ende Februar bekannt, dass die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik des Arbeitsmarktservice (AMS) um 600 Millionen gekürzt werden sollen. Das bedeutet wohl auch, dass die Ausbildung der so dringend benötigten Fachkräfte in Gefahr ist, sowohl in AMS-Schulungszentren als auch in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten. Anders ausgedrückt gefährdet die Kürzungspolitik das gesamte Jugendauffangnetz, das nur in einem Zusammenspiel von (aufsuchender) Jugend- und Sozialarbeit, niederschwelligen Angeboten, überbetrieblichen sowie betrieblichen Lehrplätzen funktioniert.
Abkehr von Erfolgsmodellen
Angesichts der positiven Entwicklung der vergangenen Monate – die Konjunktur springt an, die Beschäftigung steigt und die Arbeitslosigkeit sinkt – wäre es für die Regierung eigentlich ein guter Zeitpunkt, vorhandene Mittel in der Arbeitsmarktpolitik vor allem auch für benachteiligte Jugendliche zu verwenden. Doch stattdessen soll zusammengestrichen werden. Schaut man sich das Regierungsprogramm im Detail an, so ist von Jugendarbeitslosigkeit keine Rede. Hingegen kommt sehr oft das Wort „Fachkräfte“ vor. Einige der zentralen Jugendmaßnahmen zur Sicherung des Fachkräftebedarfs aus dem Regierungsprogramm lauten:
- Beihilfenbezug während der Überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA) so ausgestalten, dass ein klarer Anreiz zur Aufnahme einer betrieblichen Lehre besteht;
- Verkürzung des Verbleibs in den Einrichtungen durch verstärktes Vermitteln auf betriebliche Lehrstellen und finanzielle Unterstützung des Betriebs;
- Verträge mit ÜBA sind so auszugestalten, dass ein klarer Fokus auf die möglichst rasche Vermittlung in Betriebe besteht;
- Produktionsschulen evaluieren;
- Ausbildungspflicht bis 18 und Ausbildungsgarantie bis 25 evaluieren;
- Ausbau der Förderung der betrieblichen Lehrausbildung durch das AMS, gleichzeitig Reduktion der ÜBA auf das zwingend Notwendige;
- Weiterentwicklung und Sicherstellung der Finanzierung betrieblicher Lehrstellenförderung aus den Mitteln der Arbeitsmarktpolitik. Die Finanzierung soll aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds herausgenommen und beim AMS zusammengeführt werden;
- Prüfung eines Blum-Bonus Neu;
- Ausbildung stärker am Bedarf der Wirtschaft orientieren.