Als weiteren Grund bringt die Regierung vor, dass durch Qualifizierung nachhaltige Arbeitsplätze geschaffen werden sollen. Dieser grundsätzlichen Aussage kann zwar zugestimmt werden; liest man diese aber im Zusammenhang mit dem Regierungsprogramm und der darin angeführten Ideen, etwa zur Veränderung des Arbeitslosengeldes oder der Verlagerung von Schulungen direkt in die Betriebe, kann man vermuten, wohin die Reise geht: Es stehen nicht die Interessen der arbeitsuchenden Menschen im Mittelpunkt, sondern allein jene der Betriebe.
Nichts Gutes zu erahnen
Selbstverständlich ist auch einer neuen Regierung zuzugestehen, laufende Programme zu evaluieren. Und es war und ist auch die Position der VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen im AMS, für Gespräche jederzeit zur Verfügung zu stehen. Einer Diskussion zur Anpassungen der Maßnahme hin zu mehr Nachhaltigkeit oder geänderten Instrumenten verschließt sich die ArbeitnehmerInnenseite sicher nicht. Der aber schon in den ersten Tagen der neu angetretenen Bundesregierung sich abzeichnende Stil lässt für zukünftige arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nichts Gutes erahnen.
Politisches Kleingeld
Das Handeln der politisch Verantwortlichen erweckt den Anschein, dass hier auf dem Rücken arbeitsuchender Menschen politisches Kleingeld gemacht wird. Hierbei stehen die Sachlichkeit und die Bedürfnisse der Betroffenen im Hintergrund. Das Schicksal von Stefan R. ist kein Einzelfall, sondern vielmehr die traurige Realität für viele Betroffene. Diesen wieder einen sinnstiftenden Arbeitsplatz zu ermöglichen, sie wieder vom Rand der Gesellschaft in die Mitte zu holen und ihnen schlussendlich wieder ein Stück Würde zu geben: Das ist die Aufgabe der Politik. Es bleibt zu hoffen, dass die neue Bundesregierung selbst erkennt, dass diese Aufgabe gemeinsam gelöst werden muss und nur im Dialog zum Erfolg führen kann.
Stefan R. hat zum Abschluss noch eine Botschaft: „Ich wünsche mir, dass diejenigen, die solche sinnvollen Maßnahmen mit einem Federstrich streichen, nur ein paar Tage das erleben, was ich durchgemacht habe, bevor sie entscheiden.“
Hintergrund
Die Beschäftigungsaktion 20.000 startete am 1. Juli 2017 in neun Modellregionen und sollte mit 1. Jänner 2018 österreichweit umgesetzt werden. Ziel war es, die Arbeitslosigkeit von über 50-Jährigen langfristig zu halbieren.
Gefördert wurden Arbeitsplätze bei Gebietskörperschaften, in überwiegend im öffentlichen Eigentum stehenden Einrichtungen sowie bei gemeinnützigen Unternehmen. Diese mussten zusätzliche Arbeitsplätze sein, d. h. mit einer existenzsichernden Beschäftigung bzw. Teilzeitbeschäftigung ab 30 Wochenstunden und kollektivvertraglicher Entlohnung.
Zielpersonen mussten mindestens 50 Jahre oder älter und mindestens zwölf Monate beim AMS vorgemerkt sein. Gefördert wurden bis zu 100 Prozent der kollektivvertraglichen Lohn- und Lohnnebenkosten für maximal zwei Jahre.
Für das Programm wurden für den gesamten Projektzeitraum von 1. Juli 2017 bis 30. Juni 2019 insgesamt 778 Millionen Euro budgetiert. Inbegriffen waren schon 578 Millionen Euro, die bereits als Unterstützungsleistungen aus der Arbeitslosenversicherung für die betroffene Zielgruppe zur Verfügung standen.
Alexander Prischl
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 2/18.
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