Entlastungspaket gegen die Inflation in Österreich
Egal wo man hinschaut, überall steigen die Preise seit Jahren steil an. Sei es bei den Lebensmitteln, bei den Energiekosten oder an den Zapfsäulen. Das Leben ist für viele Menschen in Österreich kaum bezahlbar geworden. Besonders Personen mit einem geringen monatlichen Einkommen haben mit diesen Belastungen zu kämpfen. Ob die alleinerziehende Mutter mit Teilzeitjob oder der Mindestpensionsbezieher. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und das Institut für höhere Studien (IHS) gehen bis Jahresende von einer Teuerungsrate von 6,5 bis sieben Prozent. Im Jahr 2023 werde die Inflation bei vier Prozent liegen.
Für 1,2 Mio. Haushalte war schon 2020 die Deckung der laufenden Ausgaben eine Herausforderung, die aktuelle #Preisentwicklung trifft neben den #Armutsgefährdeten mehr als die Hälfte der Bevölkerung empfindlich. https://t.co/ih65YgtKDGhttps://t.co/4aBKq0cJ2x
— Christine Mayrhuber (@CMayrhuber) June 10, 2022
Die Inflation wird also deutlich höher bleiben, als in den vergangenen 30 Jahren. Seriöse Schätzungen über das kommende Jahr hinaus sind kaum möglich. Der Krieg in der Ukraine könnte möglicherweise länger andauern. Die Coronapandemie könnte neue Mutationen mit sich bringen. Eine neue Infektionswelle samt Lockdown könnte die Arbeitslosenzahlen in die Höhe treiben. Es braucht daher zielgerichtete Unterstützung für die ökonomisch Schwächeren. Das Ende der Quarantäne ist allerdings das falsche Zeichen.
Massive Preissteigerungen: Menschen brauchen Hilfe
Eine Unterstützung durch die Regierung ist überfällig. So erhöht sie beispielsweise den einmaligen Klimabonus auf 500 Euro pro Person. Kinder sollen ebenfalls 250 Euro bekommen. Bei der Familienbeihilfe wird es im August einmalig 180 Euro mehr geben. Die Regierung hat außerdem eine Einmalzahlung für Bezieher:innen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe in Höhe von 300 Euro beschließen. Und auch die kalte Progression wird laut der Regierung bald der Geschichte angehören.
Sofortmaßnahmen wie Einmalzahlungen sind zwar kurzfristig eine Möglichkeit den Menschen etwas unter die Arme zu greifen, mittel- und langfristig verpufft die Wirkung allerdings. Und nicht alle Unterstützungsmaßnahmen sind treffsicher. „Der 500 Euro Klimabonus für alle, unabhängig des Einkommens, ist nicht sehr treffsicher und es kostet den Staat viel Geld“, sagt etwa Gabriel Felbermayr, der Direktor des WIFO.
Diese Maßnahmen helfen gegen die Inflation
Laut dem Forderungskatalog der Armutskonferenz Österreich stellen die Wohnkosten in Österreich für 825.000 Menschen eine Belastung dar. Viele Mieter:innen rechnen damit, sie sich bald nicht mehr leisten zu können. „Die dringendste Maßnahme in der derzeitigen Situation ist eine vorerst unbefristete Aussetzung der Erhöhung der Richtwert- und Kategoriemieten rückwirkend ab 2022. Denn ab einer Inflation von fünf Prozent kommt es zu einer automatischen Mieterhöhung bei Richtwertmieten. Das wiederum die Inflation für alle anheizt. Diese Miet-Preis-Spirale muss gebremst werden“, sagt Lena Karasz, vom volkswirtschaftlichen Referat des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB).
Aktuell zählen neben den Kosten für Lebensmittel und Treibstoffe die Wohnkosten zu den stärksten Preistreibern. Mietobergrenzen und mehr Förderungen für den sozialen Wohnbau sind weitere Möglichkeiten, um zielführend Unterstützung zu bieten. Seit Beginn der Finanzkrise 2008 wird Wohnraum in Österreich vermehrt als Spekulationsobjekt gehandelt. „Obwohl in den letzten Jahren zahlreiche, frei finanzierte Wohnungen fertiggestellt wurden, stiegen die Wohnpreise am privaten Wohnungsmarkt rasant an. Hier muss der Gesetzgeber regulierend eingreifen und Mietzinsobergrenze einführen“, meint Karasz.
Weniger Geld, höhere Miete
Die Erhöhung der Sozialhilfe fehlt im Geld-zurück-Paket der Regierung. „Beim letzten sozialen Netz, sei es die Mindestsicherung in Wien oder die Sozialhilfe in den anderen Bundesländern, wurde unter Türkis-Blau der Wohnanteil, der ein Teil von diesem Geld ausmacht, von 25 Prozent auf 40 Prozent angehoben. Da Menschen mit weniger Geld mehr für das Wohnen aufwenden müssen. Aber damit wurde niemandem von den Betroffenen geholfen“, sagt Norman Wagner, Referent für Sozialstaatsfragen in der Abteilung Sozialpolitik der Arbeiterkammer Wien.
Denn wenn beispielsweise jemand keine Miete zahlt, weil er oder sie im Haus der Eltern lebt, dann bekommt die Person durch die Neuregelung jetzt weniger ausbezahlt als zuvor. Das Anti-Teuerungspaket berücksichtigt diesen Umstand aber nicht. Hilfe muss früher beginnen. „Wenn die Leute in der Sozialhilfe sind, dann ist das eine Existenzsicherung. Armutsbekämpfung ist das keine mehr. Die muss viel früher geschehen. Es braucht in Österreich höhere Löhne und ein durchlässigeres Bildungssystem“, so Wagner.
Der Klimabonus soll Menschen eigentlich motivieren, eine neue Heizung zu installieren. Oder das Haus besser zu isolieren „Aber wenn du Mieter:in bist, dann hast du sehr wenig Möglichkeiten den Hausbesitzer:innen zu sagen, dass sie die Heizungen auswechseln sollen“, meint Wagner. Er plädiert für einen einkommensabhängigen Klimabonus. Dieser sei zielgerichteter.
Entlastungspaket gegen die Inflation: Mehr Sachleistungen gefordert
Die Armutskonferenz hat außerdem gezeigt, dass durch den Familienbonus die reichsten zwanzig Prozent der Familien am meisten bekommen. Die ärmsten zwanzig Prozent aber nichts, da sie zu wenig Steuern zahlen. Das betrifft in Österreich immerhin Familien mit 150.000 Kindern. Dadurch steigt die Kinderarmut weiter an. „Durch das Anknüpfen an die Steuerleistung werden beim Familienbonus Kinder aus Familien mit niedrigen Einkommen strukturell benachteiligt“, sagt Dinah Djalinous-Glatz von der Referatsleitung für Sozialversicherung im ÖGB.
70% der #Sozialausgaben fließen in Geldleistungen wie Familienbeihilfe, Pension, Pflege-, Arbeitslosengeld. Sachleistungen wie Kindergärten, Pflegedienste, Weiterbildungsangebote machen nur 30% aus. @normanwagner16 mit guten Gründen, das zu ändern: https://t.co/eOKmQHoJJT pic.twitter.com/24m8awZ2dQ
— A&W Blog (@AundW) February 21, 2022
Sachleistungen wären eine gute Lösung, um hier die Familien mit weniger Einkommen besser zu unterstützen. Wagner ergänzt: „Der Familienbonus ist ein Steuerabsatzbetrag und wenn du keine Steuer zahlst, dann bekommst du ihn auch nicht. Armutspolitisch ist das natürlich ein Wahnsinn. Das geht gar nicht und ist völlig inakzeptabel. Es braucht speziell bei Sachleistungen mehr Geld.“ So müsste die Regierung mehr Geld für Sachleistungen für Kindergärten in die Hand nehmen. Um dort den Betreuungsschlüssel zu verbessern. Weiters wird mehr Geld für Menschen mit Behinderung, in den Schulen oder auch in der Pflege benötigt.
CO2-Preis ist zu niedrig
Und dann gibt es noch die auf Oktober verschobene CO2-Bepreisung. „Leider sind wir bei der Bekämpfung der Klimakrise kaum weitergekommen. Die CO2-Bepreisung ist viel zu niedrig, um einen ernsthaften Lenkungseffekt zu haben“, meint Wagner. In Österreich soll eine Tonne des Treibhausgases zukünftig 30 Euro kosten. Andere Länder sind hier mutiger. In den Niederlanden liegt sie aktuell zwar auch bei 30 Euro, steigt allerdings bis zum Jahr 2030 auf 125 Euro je Tonne an. In der Schweiz sind es 97 Euro und in Schweden gar 131 Euro.
All diese Länder haben gemeinsam, dass sie die Bepreisung längst eingeführt haben, Österreich hinkt hier eindeutig hinterher. Einmalzahlungen und die Abschaffung der kalten Progression sind brauchbare Ansätze. Wenn auch durch die Bereinigung der kalten Progression Personen mit höheren Einkommen deutlich mehr profitieren als jene, die weniger Verdienst haben. Es braucht aber mehr und dauerhafte Entlastung auf vielen Ebenen, die speziell Menschen mit weniger Geld auf dem Konto unterstützen. Diese Baustellen wurden durch das Paket jedoch nicht ausreichend genug angegangen.