Hauptsächlich mit Einmalzahlungen bekämpft die Bundesregierung die Auswirkungen der aktuell sehr hohen Inflation. Im Juli 2022 lag die allgemeine Teuerungsrate bei 9,3 Prozent. Doch Klimabonus (500 Euro für alle), zusätzliche Familienbeihilfe (180 Euro), Teuerungsbonus (250 Euro), und eine Einmalzahlung für Sozialleistungsempfänger:innen (300 Euro) führen zu keinen strukturellen Verbesserungen. Arbeit&Wirtschaft fragte bei Michael Ertl nach, wie Einmalzahlungen in Zeiten hoher Inflation helfen. Er ist Referent für Konjunktur- und Verteilungsfragen in der Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der Arbeiterkammer Wien.
Diese Einmalzahlungen gegen die Inflation gibt es in Österreich
Die österreichische Regierung hat ein üppiges Anti-Teuerungspaket geschnürt. Fünf Milliarden Euro an Soforthilfen sind darin enthalten. So sollen die Auswirkungen der Inflation in Österreich abgemildert werden. Bis zum Jahr 2026 will die Regierung sogar 28 Milliarden Euro ausschütten. Es ist ein großes Paket mit vielen Einmalzahlungen:
- Anhebung des Klimabonus (500 Euro für alle)
- Zusätzliche Familienbeihilfe (180 Euro)
- Teuerungsbonus (250 Euro)
- Erhöhung der Absetzbeträge (500 Euro)
- Einmalzahlung für Sozialleistungsempfänger:innen (300 Euro).
„Ich akzeptiere lieber eine Einmalzahlung als gar kein Geld“, gibt sich Ertl gegenüber dem Paket eher pragmatisch. Die Probleme sind vielfältig. Das augenscheinlichste ist, dass die Zahlungen sehr spät kommen. Zwar ist die Inflation schon seit Monaten sehr hoch, aber Sonder-Familienbeihilfe und Teuerungsausgleich kamen erst im Sommer. Die Regierung hat am 25.8.2022 bekanntgegeben, den für Oktober 2022 geplante Klimabonus bereits auf September vorzuziehen. Der Teuerungsbonus wird wie geplant im Oktober oder November 2022 ausbezahlt und die erhöhten Absetzbeträge erst im Jahr 2023 wirksam.
Probleme der Einmalzahlungen
So dicht der Dschungel aus Einmalzahlungen in Österreich auch ist, es fehlen strukturelle Verbesserungen. Zwar haben diese Einmalzahlungen verteilungspolitisch einen positiven Effekt, doch sie mildern die Probleme nur kurzfristig und, wie der Name schon sagt, nur einmal. Natürlich hilft zusätzliches Geld auf dem Konto dabei, die Gasrechnung zu bezahlen. Aber selbst, wenn sich die Inflation wieder etwas sinken wird, werden die Energiepreise weiter sehr hoch bleiben. Die Einmalzahlung ist dann aber weg. Einen nachhaltigen Effekt haben Einmalzahlungen nicht.
„Einmalzahlungen sind sehr kurzfristig gedacht. Sie bieten keine strukturelle Veränderung. Das ist aber das, was die Bürger:innen brauchen. Die dürfen nicht auf Almosen der Regierung angewiesen sein. Ein Sozialstaat muss dauerhaft vor Armut schützen“, fasst Ertl das Problem zusammen. Die Bundesregierung hat aber die wesentlichen Sozialleistungen unverändert gelassen. Sowohl der Sozialhilfe als auch Arbeitslosengeld und Notstandshilfe verharren auf dem Vorkrisen-Niveau. Gleiches gilt für den Ausgleichszulagenrichtsatz für Pensionen.
Inflation: Langfristige Lösungen statt Einmalzahlungen
„Unser Wunsch ist, dass der Sozialstaat dauerhaft armutsfest ist. Dass die Regierung nicht ad hoc reagieren muss, damit mein Leben finanziell noch weiter geht“, beschreibt Ertl eine mögliche Lösung. Und tatsächlich werden einige Sozialleistungen laufend an den Verbraucherpreisindex angepasst. Expert:innen sprechen dabei von einer „Valorisierung der Sozialleistungen“. Einige Familienleistungen – darunter Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Kinderbetreuungsgeld und Studienbeihilfe – sollen künftig an die Verbraucherpreise angepasst werden. Dazu kommen Reha-, Kranken- und Umschulungsgelder.
Das Problem daran ist, dass die Inflation parallel zentrale Säulen des Sozialstaates schwächt. Arbeitslosengeld und Notstandshilfe – die in Österreich im internationalen Vergleich ohnehin sehr gering sind – verlieren durch die Teuerung massiv an Wert. Schon jetzt sind mehr als die Hälfte der ganzjährig Arbeitslosen von Armut bedroht. Dennoch ist die Valorisierung ein Schritt in die richtige Richtung und längst überfällig, wie Ertl erklärt. „Für Sozialleistungen ist das eine Errungenschaft, dass sie valorisiert werden sollen. Für die Eigentümer:innen von Immobilien ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Mieten an die Inflation angepasst werden.“ Ein Problem, auf das auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian im Interview mit Arbeit&Wirtschaft eingeht.
USA als mahnendes Beispiel
In den USA verschickte US-Präsident Joe Biden im Mai 2021 fleißig Schecks. Insgesamt 158 Millionen Haushalte erhielten Geld. Es ging um 1.400 Dollar pro Person bis zu einem Einkommen von 80.000 Dollar pro Jahr. Allerdings gab es bei dieser Regelung einige Ausnahmen, weswegen selbst die gehobene Mittelschicht in den Genuss des „Stimulus-Check“ kam. Das hat zu Problemen geführt.
Einmalzahlungen sind kein Ersatz für Maßnahmen, die die Preise effektiv & spürbar senken. Wer jetzt noch immer nicht handelt, gefährdet mutwillig den Wohlstand und die soziale Sicherheit des Landes. Die Preise bei Energie und Lebensmitteln müssen runter!#Inflation #Preiserunter
— ÖGB (@oegb_at) July 11, 2022
Grundsätzlich entscheidet nicht nur ein Faktor über die Inflation. Nicht einmal jetzt, obwohl die explodierenden Preise für Öl und Gas natürlich die Inflationstreiber sind. In den USA habe die Einmalzahlung, die als Maßnahme gegen den Pandemie-Abschwung gedient hat, vieles überkompensiert, glaubt Ertl. Die Schecks hätten die private Nachfrage derart in die Höhe getrieben, dass sie die Inflation mit befeuert hätten.