Eine Erfolgsgeschichte

Foto (C) Michael Mazohl / ÖGB-Verlag
Die Kampagne „Lohnsteuer runter!“ hat erfolgreich für die notwendige Entlastung der ArbeitnehmerInnen gesorgt. AK und ÖGB haben die größte Steuerreform seit 40 Jahren auf Schiene gebracht.

Inhalt

  1. Seite 1 - Untere Einkommen profitieren
  2. Seite 2 - Was der Kritik entgegentritt
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Anhand der Lohnsteuerreform 2016 zeigt sich, mit welcher Kraft Arbeiterkammer und Gewerkschaften für die Interessen der ArbeitnehmerInnen eintreten.
Seit vielen Jahren wird von internationalen Institutionen wie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und der Europäischen Kommission die zu große Belastung des österreichischen Arbeitseinkommens kritisiert – schließlich sind ja die eingehobenen vermögensbezogenen Abgaben im internationalen Vergleich bloß marginal. Diese Kritik und die Tatsache, dass ArbeitnehmerInnen auch aufgrund der kalten Progression enorme Reallohneinbußen hatten, war 2014 Anlass für die „Lohnsteuer runter!“-Kampagne von ÖGB und Arbeiterkammer. Insgesamt wurde sie von über 882.000 Personen unterzeichnet, was auch den erfolgreichen Einsatz der Gewerkschaftsbewegung demonstriert.

Mit dieser breiten Unterstützung aus der Bevölkerung konnten die ArbeitnehmerInnenvertretungen den VerhandlungspartnerInnen schließlich signalisieren, wie stark die Forderungen auch von der Bevölkerung getragen werden. In der Folge setzten sich die politischen EntscheidungsträgerInnen mit einer längst überfälligen Steuersenkung auseinander.
Entlastung für ArbeitnehmerInnen

Der Kraftakt von ÖGB und AK wurde letztlich auch mit der Steuerreform 2016 belohnt. Doch nicht allein damit – es konnte auch ein 5,1 Milliarden Euro schweres Entlastungspaket, das nahezu ausschließlich (zu 90 Prozent) ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen zugutekam, erreicht werden. Konkret profitierten sie von 4,6 Milliarden Euro. Im Paket enthalten: die Erhöhung des Kinderfreibetrags, der für Familien eine Entlastung von 1000 Millionen Euro brachte.

Untere Einkommen profitieren

Das Kernstück der Steuerreform ist aber zweifellos der Steuertarif: Er entspricht in wesentlichen Punkten den ÖGB/AK-Vorschlägen. Dabei kann die Senkung des Eingangssteuersatzes durchaus als Meilenstein bezeichnet werden. Denn mussten vor der Steuerreform bei Eintritt in die Steuerpflicht für den zusätzlich verdienten Euro bereits 36,5 Prozent an Lohnsteuer bezahlt werden, gilt jetzt nur noch ein Steuersatz von 25 Prozent. Von dieser Maßnahme profitieren alle Lohnsteuerpflichtigen, aber besonders jene im unteren Einkommensbereich: Denn Überstunden oder Mehrarbeit zahlen sich nun auch wieder aus.

Doch auch alle anderen Grenzsteuersätze – mit Ausnahme des Spitzensteuersatzes – wurden reduziert. Positiv nicht allein für die Mehrarbeit – die Senkungen führen generell zu einer Entlastung. Zu den Gewinnern zählen auch die Frauen, da sie im größeren Ausmaß Teilzeit arbeiten oder geringere Pensionen beziehen.

Negativsteuer bringt Entspannung

Überdies zum richtigen Zeitpunkt Sinnvolles bewirkt hat die Erhöhung der Negativsteuer. Jene ArbeitnehmerInnen, die aufgrund ihres geringen Einkommens unter der Steuergrenze bleiben, konnten durch die Lohnsteuersenkung freilich nicht erreicht werden. Allerdings bedeutet keine Lohnsteuer bezahlen zu müssen nicht automatisch, keine hohe Abgabenbelastung zu spüren. Von ihrem ohnedies geringen Einkommen bezahlen diese Menschen natürlich auch Sozialversicherungsbeiträge. Hilfreiche Maßnahme: Die Anhebung der Negativsteuer im Sinne eines Rabatts auf die Sozialversicherungsbeiträge brachte die notwendige Entlastung für die Geringverdiener.

Betrug sie vor der Steuerreform 2016 nur 10 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge – maximal 110 Euro pro Jahr –, werden nun jährlich bis zu 50 Prozent der Beiträge (höchstens 400 Euro) rückerstattet. Absolutes Novum: Auch die Gruppe der PensionistInnen ist von der höheren Negativsteuer nicht ausgeschlossen. Pro Jahr erhalten sie nun eine Gutschrift von bis zu 110 Euro. Auch in diesem Fall profitieren in großer Mehrheit die Frauen.

Fazit: Die Senkung der Grenzsteuersätze und die Erhöhung der Negativsteuer führten zur Entlastung aller ArbeitnehmerInnen. Insbesondere nützt die Senkung aber den Menschen, die unter der Steuergrenze verdienen, und dem mittleren Einkommenssektor. Sichtbar wird das auch anhand der deutlich gesunkenen durchschnittlichen Steuerbelastung in diesen Bereichen.

Um zu beurteilen, wer die GewinnerInnen der Steuerreform von 2016 waren, genügt freilich nicht allein der Blick auf die Entlastungsmaßnahmen, auch die Gegenfinanzierung muss betrachtet werden. Doch selbst unter Berücksichtigung der Gegenfinanzierungsmaßnahmen zeigt sich: Die großen ProfiteurInnen – dafür haben ÖGB und Arbeiterkammer gesorgt – waren ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen.

Zwar wurden manche für diese Gruppen relevanten Steuerbegünstigungen (etwa Sonderausgaben) abgeschafft und auch einzelne Verbrauchssteuern erhöht, doch 90 Prozent der Gegenfinanzierungsmaßnahmen betrafen andere Bereiche.

Erfolgreich durchgesetzt und dringend erforderlich: Die Steuerreform 2016 finanziert sich großteils durch die Bekämpfung von Steuerbetrug.

Was der Kritik entgegentritt

Nicht von allen wurde die Steuerreform gutgeheißen: Sie würde vor allem Besserverdienende bevorzugen, lautete die Kritik. Angesichts der individuellen Entlastung in absoluten Zahlen ist dieser Punkt nicht falsch – die Verteilung der Steuerlast fällt dabei allerdings unter den Tisch.

Da der österreichische Steuertarif progressiv gestaltet ist, hat eine Absenkung der Grenzsteuersätze bei höheren Einkommen zwar absolut eine höhere Wirkung als bei niedrigen Einkommen. Jedoch: In Relation zur bisherigen Steuer lohnt sie sich vor allem für BezieherInnen niedriger und mittlerer Einkommen. ArbeitnehmerInnen mit einem monatlichen Bruttolohn von 1.300 Euro zahlen nun 62 Prozent weniger Steuern als vor der Reform. Jemand mit 5.000 Euro brutto pro Monat kann sich jedoch nur 10 Prozent ersparen.

Die Verteilung des Gesamtvolumens der Entlastung macht ebenso klar, wem die Reform nutzte. Auf Personen mit einem Jahreseinkommen bis zur Steuergrenze von 11.000 Euro entfielen insgesamt acht Prozent des gesamten Entlastungsvolumens. Das ist insofern bemerkenswert, als diese Menschen eigentlich nicht steuerpflichtig sind. Doch sie alle profitieren von der Anhebung der Negativsteuer. Zudem konnten sich vor allem Personen mit mittleren Jahreseinkommen (20.000 bis 30.000 Euro) freuen. Obwohl auf diese Gruppe nur 27 Prozent des gesamten Einkommens entfallen, flossen doch immerhin 31 Prozent der Steuerentlastung dorthin.

Die Steuerreform 2016 war ein bemerkenswerter Verhandlungserfolg für den Österreichischen Gewerkschaftsbund und die Arbeiterkammer. Hunderttausende Menschen unterstützten den Kampf um Steuergerechtigkeit und machten die Stärke der ArbeitnehmerInnen-Interessenvertretungen deutlich sichtbar: nämlich den Rückhalt ­ihrer Mitglieder. Nur so war es möglich, den VerhandlungspartnerInnen deutlich zu machen: Das sind die Interessen der ArbeitnehmerInnen, und wir vertreten sie!

Nicht nur die in der Vergangenheit erzielten Erfolge sollten hier Erwähnung finden. Mit 2020 tritt voraussichtlich die nächste Steuerreform in Kraft. Die Inhalte derselben werden wohl in den ersten Monaten des Jahres 2019 verhandelt werden. Im Zuge dieser Reformdebatte – und natürlich aller anderen – soll wieder das Bestmögliche für ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen erreicht werden. Eine starke Interessenvertretung ist deshalb mehr denn je essenziell.

Eine starke AK hilft

Denn gerade jetzt, wo in der Politik vor allem Populismus zählt, die Sorgen und Anliegen der ArbeitnehmerInnen nicht ernst genommen und laufend Sündenböcke gesucht werden, braucht es eine gesetzliche Interessenvertretung wie die Arbeiterkammer. Sie ist unerlässlich. Wie anlässlich der besagten „Lohnsteuer runter!“-Kampagne von 2014 müssen die ArbeitnehmerInnen dem Gesetzgeber nun erneut klarmachen: Wir stehen ganz fest hinter unserer AK. Daher Stimme zeigen bei den AK-Wahlen 2019! Denn nur eine starke Arbeiterkammer kann auch in Zukunft das Beste für die Menschen durchsetzen.

Brutto-Netto-Rechner der AK:
https://bruttonetto.arbeiterkammer.at

Von
Vanessa Mühlböck

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 10/18.

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