
Ein Blick in die Datenbank der Österreichischen Auflagenkontrolle zeigt, dass die Auflagen von heimischen Tageszeitungen und Magazinen abgesehen von einigen Ausreißern und Erfolgsprodukten weitestgehend rückläufig sind. Die Abonnent:innenzahlen gehen zurück, viele Leser:innen steigen auf kostenlose Onlineinformation um. Prominente Beispiele wie das Ende der gedruckten Ausgabe der „Wiener Zeitung“ – zwar vom Gesetzgeber erwirkt – stehen symbolisch für einen historischen Medienwandel, der sich schleichend vollzieht: von analog zu digital. Nachdem traditionelle Medienhäuser mit Onlinewerbung aber nicht die Höhe an Werbeeinnahmen lukrieren können, die Printinserate bringen, sind sie auf der Suche nach funktionierenden Geschäftsmodellen fürs digitale Zeitalter – und mit ihnen die Druckereien.
Markt im Umbruch
„Im Endeffekt war die Krise von Gugler der veränderten Wirtschaftslage geschuldet“, sagt Daniel Fürstberger. Er steht für einen Neustart: Seit Mitte 2024 ist er der Geschäftsführer von Gugler. „Die Nachfrage nach Magazinen und Zeitschriften ist eindeutig rückläufig. Viele Institutionen, etwa auch Gemeinden oder Kirchen, stellen ihr Informationsangebot auf online um, das spürt man auf dem Markt.“ Fürstberger betreibt bereits fünf Druckerei-Standorte in Oberösterreich. Die will er nun mit Gugler in Niederösterreich vernetzen – um verschiedene Märkte abdecken zu können.

Beim Lokalaugenschein von Arbeit&Wirtschaft spuckt die Druckmaschine gerade Werbeprospekte für ein Fenster-Unternehmen aus, Tausende Preislisten in nur wenigen Minuten. Im sogenannten Offset-Verfahren werden die Farben mittels Platten auf die Papierbögen aufgedruckt. Zeitschriften wie das österreichische „Südwind-Magazin“ oder das deutsche Wirtschaftsmagazin „Neue Narrative“ machen nur einen kleinen Teil des Gugler-Portfolios aus – und die Aufträge werden wohl überschaubar bleiben. Gugler setzt mit einem besonderen Fokus auf nachhaltige Techniken und Materialien, mit Produktionsverfahren im Sinne der Kreislaufwirtschaft, auf eine Nische. „Wir wollen diese Strategie auch zu 100 Prozent weiterfahren, allerdings mit ein bisschen mehr wirtschaftlichem Aspekt“, sagt Fürstberger. Dennoch ist man im hochpreisigen Segment angesiedelt, für Massenprodukte wie Tageszeitungen ist man nicht ausgelegt.

Für Printmedien sind die Druck- und Materialkosten in den vergangenen Jahren auch ohne qualitativ hochwertiges ökologisches Papier zu einem Problemfaktor geworden. Vor allem in der Coronapandemie sind die Papierpreise aufgrund der hohen Energiepreise und Versorgungsknappheiten in die Höhe geschnellt. Eingependelt haben sie sich deutlich über dem Vorkrisenniveau. „Ein weiteres Thema ist der Vertrieb. Ich setze darauf, einen eigenen zu haben – was sich viele jetzt nicht mehr leisten können“, sagt Fürstberger.
Vom Kleinen ins Große
„Die Zeitungszusteller:innen sind ja Werkvertragsnehmer:innen, also Selbstständige“, sagt Alois Freitag bei einem Kaffee im Büro der Arbeit&Wirtschaft. Er ist Konzernbetriebsratsvorsitzender bei der Mediaprint, dem gemeinsamen Verlagshaus von „Kurier“ und „Kronen Zeitung“. Über die eigenen Druckereien besorgt dieses heute abgesehen von deren Druck auch den von „Standard“, „Presse“, „Heute“ und „Österreich“ – mehrere Millionen Zeitungsexemplare verlassen täglich einen der drei Druckereistandorte.
„Sagen wir, ein Zusteller hat früher 16 Zeitungen in ein Haus geliefert“, so Freitag, „dann sind das zukünftig vielleicht nur noch sieben oder acht, und die sind noch dazu mit besonderen Zustell- und Hinterlegungswünschen versehen.“ Die Zustellung der einzelnen Zeitung wird mit sinkender Auflage immer teurer, vor allem in entlegenen Regionen würde sie sich oft schlichtweg nicht mehr rentieren.
Print ist tot? Stimmt nicht!
Viele Medienhäuser würden deshalb mittlerweile ihre Kapazitäten bündeln, um den Vertrieb gemeinsam zu bewerkstelligen. Ohne eine Unterstützung der öffentlichen Hand, etwa in Form einer breit angelegten Vertriebsförderung, sei dem Problem aber nicht beizukommen. Auch die Mediaprint kämpft mit sinkenden Umsätzen. Viele Stellen wurden bereits abgebaut, am Standort St. Andrä im Lavanttal wurde vergangenes Jahr eine Produktionslinie geschlossen. „Am Ende des Tages wird sich der Markt auf einige wenige Druckereien konzentrieren“, sagt Freitag. Auch die Mediaprint könnte noch weiter schrumpfen, befürchtet der Betriebsrat.
„Was die Medien angeht, kann ich vor allem eines nicht verstehen: wie eine Branche so lustvoll ihren eigenen Tod herbeireden kann“, sagt er. Die Behauptung, Print sei tot, die selbst manche österreichische Medienmacher:innen seit Jahren dogmatisch wiederholen, sei alles andere als konstruktiv. „Print ist nicht mehr so erfolgreich wie früher“, sagt Freitag, dennoch gebe es sowohl erfolgreiche neue Printprodukte auf dem österreichischen Markt als auch internationale Beispiele, die mit einem Hybridmodell aus Print- und Onlineangebot erfolgreich seien. Beispiele dafür sind etwa die „Washington Post“ oder die „New York Times“.
Besinnung aufs Wesentliche
„Wir sind an einem Punkt, an dem öffentliche Subventionen für das Überleben der gedruckten Form notwendig sein könnten“, teilt Kommunikationswissenschaftlerin Katharine Sarikakis vom Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien auf Anfrage per E-Mail mit. Es brauche dabei aber „sowohl öffentliche Mittel als auch Beiträge von den größten digitalen Plattformen“. Die Krise der Druckindustrie sei nach Meinung der Forscherin seit dem Aufkommen digitaler Inhalte am akutesten: „Wir haben gesehen, dass Inhalte durch digitale Plattformen und digitale Versionen kannibalisiert werden, unabhängig davon, ob diese Inhalte neu oder alt sind“, schreibt Sarikakis. Dennoch sei ein leichter Trend zurück zu analogen Medien zu beobachten, als Beispiel nennt die Expertin Vinyl.

in der Gesellschaft geben“, findet die Kommunikationsforscherin Katharine Sarikakis. | © Markus Zahradnik
Zentral sei, dass Fördergelder und Zuschüsse nicht als Mittel der Zensur und Kontrolle angesehen oder missbraucht werden dürften, was auch mit einer politischen Kultur verknüpft sei, die Medienvielfalt und Pressefreiheit hochhält. „Man kann argumentieren, dass die digitale Sphäre allein nicht ausreicht, um die Pluralität des Denkens und der Rede zu sichern“, meint Sarikakis. „Der Grund dafür ist, dass die Mittel für den Zugang zu Ideen und Informationen selbst vielfältig sein müssen. Daher sollte es neben einer Art Abgabe für die gedruckte Presse eine Kultur der Unterstützung und Anerkennung ihres Wertes in der Gesellschaft geben.“ Und das können wohl alle Medienmacher:innen unterschreiben.
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