Ein Einbruch bei den Einkommen der normalen Leute, der sich durch wachsende Arbeitslosigkeit, Lohnverluste durch die Kurzarbeit oder auch den Ausfall von Überstunden erklärt: Für viele ist das einigermaßen verkraftbar, für viele andere heißt das, dass sie Schwierigkeiten haben, ihre Rechnungen noch zu bestreiten – und für die Gesellschaft als Ganzes bedeutet es, dass im Massenkonsum sehr viel Geld fehlt. Schmerzhaft – aber noch keine Wirtschaftskatastrophe.
Ökonom:innen warnen
Aber das dicke Ende könnte noch kommen, warnen jetzt Ökonom:innen. Denn eines ist auch sonnenklar: Es ist nicht gerade ein Umfeld, in dem Unternehmen besonders optimistisch investieren. Selbst wenn die Gewinne sprudeln: Wer würde da schon darauf wetten, dass die Absatzchancen demnächst so rosig aussehen, dass sich der Bau neuer Fabriken, Innovation, der Kauf neuer Maschinen, die Schaffung neuer Arbeitsplätze rechnen würde? „Die Investitionstätigkeit hat durch die Krise am stärksten gelitten, was lange nachwirken wird“, sagt der deutsche Starökonom Jens Südekum, einer der Berater der deutschen Regierung. „Das ist so etwas wie ökonomisches Long COVID.“
Hinzu kommt: Nicht nur die Unternehmen halten sich jetzt schon seit zwei Jahren und wohl noch für die nächste Zeit mit Investitionen zurück – auch Städte und Gemeinden haben durch COVID-19 und die vielen Kosten, die dadurch entstanden, noch angespanntere Budgets, als sie ohnehin bereits hatten. In Österreich hat die Bundesregierung erst unlängst beschlossen, die Städte und Gemeinden zusätzlich mit einigen hundert Millionen Euro zu stützen, aber ob das den Ausfall wirklich ausgleichen kann, ist fraglich. Zu befürchten ist, dass nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Gemeinden in den nächsten Jahren weniger investieren, als sie im Normalbetrieb getan hätten. All das kann sich – quasi so „klein-klein“ – über die kommenden Jahre zu zigtausend Arbeitsplätzen summieren, die normalerweise geschaffen worden wären, jetzt aber nicht geschaffen werden.
Würde die Investitionslücke nicht geschlossen, dann ergibt sich ein Wohlstandsverlust, der sich noch lange vor uns herschiebt.
Südekum, Professor an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, hat vor einigen Tagen im deutschen Bundestag seine Analyse vorgelegt und dafür plädiert, unbedingt auch künftig die Schuldenbremse auszusetzen oder zumindest zu umgehen, da ohnehin ein wirtschaftliches Langzeit-Siechtum drohe, „das sich durch diesen initialen Schock ergeben hat“, durch den initialen Schock der pandemiebedingten Krise. Würde die Investitionslücke nicht geschlossen, dann ergibt sich ein Wohlstandsverlust, der sich noch lange vor uns herschiebt.
Wen es treffen wird
Ohnehin haben Krisen bekanntermaßen langfristige negative Auswirkungen, die nachhängen, auch wenn die Krise anscheinend schon vorbei ist: Junge Leute, die gerade ins Berufsleben einsteigen wollen, finden nicht so leicht Jobs, müssen sich mit niedrigeren Einkommen begnügen, steigen langsamer auf, treten vielleicht etwas später ins Berufsleben ein, weil sie wegen mangelnder Job-Aussichten noch ein Studium anhängen. Noch nach 15 Jahren kann man das dann auf ihrem Gehaltszettel nachlesen.