„Digitalsteuer“ ist keine Digitalsteuer

Illustration Digitalsteuer
Foto (C) peterschreiber.media / Adobe Stock
Mit einer EU-weiten Digitalsteuer sollen große Internetkonzerne wie Facebook, Google oder Amazon künftig auch hierzulande Steuern zahlen. Kommt die Europäische Union zu keiner Einigung, plant Österreich die Einführung einer solchen Steuer im Alleingang. Nur, dass sich hinter dem, was von der ehemaligen türkis-blauen Regierung als „Digitalsteuer“ verkauft wurde, in Wahrheit etwas anderes verbirgt.
Seit Längerem stellt sich die Frage: Wie besteuert man Unternehmen, die keinen realen Firmensitz in einem Land haben, sondern ihre Umsätze in der virtuellen Welt machen? Die Antwort darauf wäre die Einführung einer Digitalsteuer. Gemeint ist eine Steuer, die digitale Unternehmen in jenen Ländern entrichten, in denen sie ihre Produkte anbieten, auch wenn sie dort keine klassische Betriebsstätte haben.

Digitalsteuer auf EU-Ebene

Auf EU-Ebene ist das Thema Digitalsteuer längst kein neues mehr. Bereits im September 2017 forderte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine gerechte Besteuerung für die Digitalwirtschaft. Denn jedes Jahr, das ohne eine solche Steuer verstreicht, führe zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen sowie verlorenen Steuereinnahmen – eine Lücke des internationalen Steuerrechts, die es zu schließen gelte. Daraufhin gab es eine Kommissionsinitiative, die sich damit beschäftigte, dass Unternehmenserträge der digitalen Welt auch dort besteuert werden, wo sie tatsächlich anfallen.

„Wir brauchen eine Digitalsteuer – es geht nicht anders“, betonte Jean-Claude Juncker letztes Jahr bei einem Wirtschaftsgipfel.

Weiter ging es 2018 mit einem Richtlinienvorschlag. Dieser legte neben der juristischen Definition einer digitalen Betriebsstätte auch den Wirkungsbereich einer solchen Digitalsteuer fest: Unternehmen mit einem jährlichen weltweiten Gewinn in Höhe von 750 Millionen Euro sowie EU-Erträgen in Höhe von 50 Millionen Euro. Darunter fallen beispielsweise große Konzerne wie Google, Facebook und Amazon. Dabei wurde ein Steuersatz von 3 Prozent vorgeschlagen – in Summe wären das EU-weit jährliche Steuereinnahmen in Höhe von 5 Milliarden Euro.

Das Problem dabei? Der Beschluss muss einstimmig gefasst werden. Eine qualifizierte Mehrheit reicht dabei nicht aus. Und nicht alle Länder waren dafür: Einige wollten eher eine globale Lösung auf OECD-Ebene, andere sprachen sich für einen breiteren Anwendungsbereich aus. Bis dato konnte noch keine Einigung erzielt werden.

Vorbild Frankreich?

Da auf EU-Ebene bis dato noch keine Einigung in Bezug auf die Digitalsteuer erzielt werden konnte, verkündete der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire im Dezember letzten Jahres die Einführung einer Digitalsteuer mit 1. Jänner 2019. Man erwartete sich dadurch Steuereinnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr. Laut Le Maire variiert der Steuersatz je nach Umsatzhöhe des Unternehmens mit einem Maximalsteuersatz von 5 Prozent. Nichtsdestotrotz ist Frankreich jedoch auch an einer Digitalsteuer innerhalb der Europäischen Union interessiert und forciert diese für die anderen Mitgliedsstaaten.

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire betont die Notwendigkeit einer Digitalsteuer: „Das Geld liegt bei den digitalen Riesen, die dank der französischen Verbraucher beträchtliche Gewinne erzielen, gleichzeitig aber 14 Prozentpunkte weniger Steuern zahlen als andere Unternehmen.“

Österreich im Alleingang?

Nach französischem Vorbild plant nun auch Österreich einen Alleingang in puncto Digitalsteuer ab 1. Jänner 2020. Im Rahmen der Regierungsklausur in Mauerbach im Jänner 2019 wurde die Einführung einer „Digitalkonzernsteuer auf Onlinewerbung“ verkündet. Was sich dahinter verbirgt? Zwar wurde sie von der ehemaligen türkis-blauen Regierung als „Digitalsteuer“ verkauft, eigentlich geht es aber um etwas anderes: Werbeabgaben, die es bisher nur für Werbung in Print, Radio und TV gab, sollen nun auf das Internet ausgedehnt werden.

Zwar wird sie von der Regierung als „Digitalsteuer“ verkauft, eigentlich geht es aber um etwas anderes: Werbeabgaben, die es bisher nur für Werbung in Print, Radio und TV gab, sollen nun auf das Internet ausgedehnt werden..

Es handelt sich also um eine Umsatzsteuer in Höhe von drei Prozent, die auf Online-Werbung eingehoben werden soll. Und wen trifft diese Steuer? Kurz gesagt: größtenteils österreichische Unternehmen und KonsumentInnen!

Denn im Endeffekt ist es keine Steuer, die zwangsläufig auch von den großen Internetkonzernen gezahlt wird. Vielmehr ist eine Umwälzung zu erwarten, sodass es unterm Strich die ÖsterreicherInnen sein werden, die man zur Kasse bittet.

Es braut eine „echte“ Digitalsteuer

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Dominik Bernhofer, Steuerexperte der Arbeiterkammer Wien, analysiert: „Während die Einführung einer digitalen Betriebsstätte – eine explizite Forderung der ÖVP im Wahlkampf – gut 300 Mio. Euro bringen würde und sich auch mit der Digitalsteuer der EU-Kommission noch Mehreinnahmen von rund 80 Mio. Euro realisieren ließen, bringt der Vorschlag der Bundesregierung (5-Prozent-Steuer auf Online-Werbung) lediglich 15 Mio. Euro pro Jahr.“ Die ursprünglich kolportierte Variante einer 3%igen Digitalsteuer auf Online-Werbung samt Reduktion der Werbeabgabe hätte sogar einen Steuerausfall von 34 Mio. Euro zur Folge gehabt.

Mit ihrer „Digitalsteuer“ bleibt die Bundesregierung deutlich unter ihren Möglichkeiten, vor allem aber unter den Vorschlägen der EU-Kommission.

Dominik Bernhofer, Steuerexperte der Arbeiterkammer Wien

Bernhofer zieht Bilanz: „Mit ihrer „Digitalsteuer“ bleibt die Bundesregierung deutlich unter ihren Möglichkeiten, vor allem aber unter den Vorschlägen der EU-Kommission. Die zusätzlichen Steuereinnahmen sind überschaubar, das Problem mangelnder Steuergerechtigkeit bleibt weitgehend aufrecht.“

Vom europäisch angedachten Konzept der digitalen Betriebsstätte – durch das Steuerschlupflöcher geschlossen werden könnten, da Konzerne tatsächlich dort Steuern bezahlen, wo sie Umsätze erwirtschaften – ist das österreichische Modell jedenfalls meilenweit entfernt.

Über den/die Autor:in

Beatrix Ferriman

Beatrix Ferriman hat internationale Betriebswirtschaft an der WU Wien, in Thailand, Montenegro und Frankreich studiert. Sie ist Autorin, Schreibcoach sowie freie Redakteurin für diverse Magazine und Blogs.

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