Vermögende LandwirtInnen
Nicht nur bei den Einkommen, vor allem bei den Vermögen stehen LandwirtInnen besser da. Selbst Kleine wiesen im Jahr 2009 ein Vermögen von mehr als 200.000 Euro auf. Im Durchschnitt hatten LandwirtInnen gar mehr als 350.000 Euro. Zudem verfügten sie über eine Eigenkapitalquote von rund 90 Prozent. Ein weiterer Vorteil: „Durch Umwidmungen von Grünland auf Bauland können sich diese Werte für die einzelnen Landwirtschaften noch deutlich erhöhen.“ Zwar steigt mit der Größe des Betriebs die Verschuldung, aber auch große Landwirtschaften kommen knapp an diese Zahl heran. Die AK vergleicht diese Eigenkapitalquote mit jener von österreichischen Produktions- und Dienstleistungsunternehmen, die im Median „je nach Branche und Unternehmensgröße“ 25 bis 40 Prozent beträgt.
Dazu kommt: „Je vermögender ein Landwirt ist, umso höher ist der Anteil der Förderungen am Gesamteinkommen!“ Eine Schlussfolgerung der Studie lautet entsprechend: „Diese Tatsache sollte im Sinne einer bedarfs- und strukturgerechten Agrarpolitik dringend überdacht werden.“
Umstrittene Zahlen
Laut Jahresbericht der Landwirtschaftskammer liegt der Gesamtumsatz des „Unternehmens Land- und Forstwirtschaft“ bei fast neun Milliarden Euro. Ein/e LandwirtIn ernährt durchschnittlich 105 Menschen, im Jahr 2000 waren es erst 65. Österreichische Produkte werden in über 100 Länder weltweit exportiert. Rund um Land- und Forstwirtschaft sind mehrere Milliarden-Branchen mit vielen Tausenden Arbeitsplätzen angesiedelt: die Zulieferindustrie mit Land-, Forsttechnik- und Stallbauunternehmen, mit Düngemittel- und Pflanzenschutzfirmen, um nur einige zu nennen.
Die offiziellen Zahlen über die Lage der Land- und Forstwirtschaft lösen regelmäßig Kritik aus. Einige Bauern bezeichnen die aktuellen Zahlen verärgert als „Fake News“. „Das kann nicht sein. Das sagt einem der Hausverstand, wenn man die Preise anschaut, die es im Vorjahr für Milch, Fleisch oder Getreide gegeben hat“, so ein empörter Landwirt. Rupert Lindner, Sektionschef im Landwirtschaftsministerium, hat eine weitere Erklärung, warum die Zahlen des Grünen Berichts bei manchen Landwirten für Kopfschütteln sorgen. Gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“ sagt er dazu: „Es laufen ja nicht alle Produktionssparten im selben Jahr gleich gut oder gleich schlecht. Nur die Förderungen sind eine konstante Größe.“ Es gebe viele Zusammenhänge: MilchbäuerInnen hätten 2016 schlecht bilanziert, obwohl der Milchpreis im zweiten Halbjahr schon gestiegen sei. „Die meisten Milchbauern in Österreich haben aber auch Forstgrund, und das Einkommen daraus ist im Vorjahr wegen des Schadholzes schlecht gewesen.“
Ignorierte Missstände
Kritik an der Landwirtschaftspolitik und ihren Konsequenzen wird oft als Angriff auf alle BäuerInnen gesehen. Aufgedeckte Missstände prallen an starken Agrarlobbys ab. Auch Gewerkschaften appellieren wiederholt, bei Agrarsubventionen und Lebensmittelpreisen auf die Bremse zu steigen. Eine Forderung, die von einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unterstützt wird: Die Förderung europäischer BäuerInnen aus dem Haushalt der Europäischen Union sollte nach dem Jahr 2020 zurückgefahren werden. Dass mit mehr als 400 Milliarden Euro ein Drittel der Fördermittel des Brüsseler Haushalts im aktuellen Finanzrahmen in die Landwirtschaft gehe, sei nicht mehr zeitgemäß. „Die EU-Landwirtschaftspolitik wirkt anachronistisch. Ihre starke Bedeutung im EU-Haushalt ist heute nicht mehr zu rechtfertigen“, erklärt Studienleiter Friedrich Heinemann.
Reformdruck
Das Förderwesen in der Landwirtschaft macht Großgrundbesitzer größer und lässt die kleinen Betriebe sterben. Das ZEW belegt für Europa, dass 80 Prozent der einkommensschwächsten Höfe nur 25 Prozent der Fördermittel erhalten. Die obersten zehn Prozent werden dagegen mit 55 Prozent Subventionen gefördert. Die Beihilfen aus Brüssel seien zu ungenau, um einkommensschwache LandwirtInnen abzusichern. Auch sehr reiche Höfe werden unterstützt, obwohl deren Einkommensniveaus bereits deutlich über der Fördergrenze liegen.
Die Studie empfiehlt, die Kosten der Agrarförderung im EU-Haushalt durch eine stärkere nationale Eigenbeteiligung zu senken. Damit würde die Agrarpolitik unter stärkeren Reformdruck geraten.
Bericht über die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft:
gruenerbericht.at/cm4
Studie:
tinyurl.com/ybwohyms
Irene Mayer-Kilani
Freie Journalistin für „Kurier“ und Printmagazine
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 9/17.
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