Die große Frage: Wozu ein degressives Arbeitslosengeld?

Die große Frage. Eine Frau steht vor einem gelben Hintergrund und schaut nachdenklich.
Die große Frage | © Adobe Stock/Pormezz
Fragen über Fragen - das A&W Magazin sieht in seiner neuen Rubrik "Die große Frage" genauer hin und stellt ganz konkrete Fragen. Und die Experten antworten. Heute: Markus Koza, Abgeordneter zum Nationalrat, Arbeits- und Sozialsprecher der Grünen.
Es hätte sein großer Coup werden soll: Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) kündigte vor zwei Jahren eine große Arbeitslosenversicherungsreform. Teil davon? Das degressive Arbeitslosengeld. Im Dezember 2022 folgte allerdings ein Statement, das Kritiker:innen aufatmen ließ: „Die große Reform ist gescheitert.“ Aber warum wollte Kocher überhaupt für ein degressives Arbeitslosengeld sorgen? Diese Frage beantwortet Markus Koza, Abgeordneter zum Nationalrat, Arbeits- und Sozialsprecher der Grünen.

Wozu ein degressives Arbeitslosengeld? Markus Koza antwortet

Gute Frage. Vor allem haben wir ja bereits ein degressiv ausgestaltetes Arbeitslosengeld (Notstandshilfe), und die hohe Inflation wirkt zusätzlich „degressiv“: Die Leistungen für Arbeitsuchende sinken, und die Kaufkraft schwindet, je länger Menschen erwerbslos sind. Dahinter steht die Idee, „Anreize“ zu schaffen, eine Arbeit aufzunehmen, indem das Arbeitslosengeld mit der Bezugsdauer sinkt. Die Daumenschraube, sprich Armutsgefährdungsschraube, soll also angezogen werden. Verarmung wird zum Druckmittel, jeden Job anzunehmen – und das bei einem Arbeitslosengeld, das seit Ewigkeiten unter dem EU-Schnitt liegt, und einer Notstandshilfe, die Langzeitarbeitslose massiver Armutsgefährdung aussetzt.

Die Daumenschraube,
sprich Armutsgefährdungsschraube,
soll also angezogen werden.

Markus Koza, Abgeordneter zum Nationalrat, Arbeits- und Sozialsprecher der Grünen

Wozu dient also ein degressives Arbeitslosengeld? Am ehesten der Befriedigung ideologischer Bestrafungsfantasien. Arbeitslosigkeit wird dadurch nicht als strukturelles Problem gesehen, sondern als individuelle „Schuld“. Ein moderner Sozialstaat braucht anderes, nämlich die beste Absicherung in Notlagen – und eine Arbeitsmarktpolitik, die bestmöglich dabei unterstützt, in gute, nachhaltige Beschäftigung zu kommen. Da hilft ein degressives Arbeitslosengeld nicht. Also wozu dann? Eben.

Über den/die Autor:in

Markus Koza

Abgeordneter zum Nationalrat, Arbeits- und Sozialsprecher der Grünen

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