Der Wind weht von rechts

Inhalt

  1. Seite 1 - Sozialpolitische Vorstellungen des Neonationalismus
  2. Seite 2 - Tendenz zu restriktivem Zugang in der Sozialpolitik
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Die Sozialpolitik des Neonationalismus in der EU am Beispiel der Regierungen in Belgien, Ungarn und Polen.

Nationalkonservative Akzente

In Polen regiert die nationalkonservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ PiS unter Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Diese Regierung zielt zwar auch auf die Stärkung des einheimischen Kapitals ab, versucht aber eine deutlich breitere soziale Basis aufzubauen als Fidesz in Ungarn. Anders als die meisten neonationalistischen Parteien in der EU haben die politischen VertreterInnen des Nationalkonservatismus enge historische Bindungen zur Gewerkschaftsbewegung Solidarność – auch im Unterschied zur liberalen Vorgängerregierung, unter der das Verhältnis zwischen Regierung und Gewerkschaften einen Tiefpunkt erreicht hatte. Die PiS-Regierung stellte die Institutionen des sozialen Dialogs wieder her, hat sie allerdings eher selektiv in Gesetzesvorhaben eingebunden.

Wie die PiS im Wahlkampf versprochen hatte, setzte sie das Pensionsantrittsalter für Männer wieder auf 65, jenes für Frauen auf 60 Jahre herab. Dies entsprach Forderungen der Gewerkschaften. Derzeit ist allerdings eine neoliberale Teilreform des Pensionssystems in Vorbereitung: Schrittweise soll die dritte Säule der Pensionsversicherung in Form sogenannter Arbeitnehmerkapitalpläne (PPK) eine Stärkung erfahren. Für die Betriebe soll die Teilnahme an dem Programm obligatorisch werden, während ArbeitnehmerInnen die Möglichkeit eingeräumt werden soll, aus dem Programm heraus zu optieren. Von dem Programm scheint sich die Regierung eine Finanzquelle für ihre wirtschaftlichen Umbaupläne zu versprechen. ArbeitnehmerInnen würden jedoch durch das Auf und Ab der Finanzmärkte verwundbarer.

Der nationalkonservativen Natur entsprechend ist das sozialpolitische Schlüsselprogramm der PiS-Regierung – Rodzina 500 plus – in der Familienpolitik angesiedelt. Es beinhaltet ein Kindergeld von 500 Złoty pro Kind ab dem zweiten Kind, was speziell für die ländlichen Regionen Polens ein hoher Betrag ist. Das Programm scheint zu einem Rückgang der Kinderarmut beizutragen. Es beinhaltet auch einen gewissen Anreiz für Mütter, sich auf die Kindererziehung zu konzentrieren. Erste Daten lassen allerdings keinen wesentlichen Effekt auf die Frauenbeschäftigung erkennen.

Ein weiteres sozialpolitisches Kernelement der PiS-Regierung betrifft die staatliche Förderung von (privatem) Mietwohnbau, der den empfindlichen Mangel an Wohnraum abmildern soll. Dieses ist allerdings bislang noch kaum umgesetzt worden. Insgesamt sind nationalkonservative Elemente in der PiS-Sozialpolitik vorherrschend, auch wenn sie teils einen expansiven Charakter hat.

Schlussfolgerungen

Betrachtet man die drei Beispiele, so ist eine Tendenz zu einem restriktiven Zugang in der Sozialpolitik deutlich erkennbar.

Soziale Absicherungen, speziell im Bereich der Pensionen, sollen bestehende soziale Unterschiede konservieren. Die Sozialpolitik ist darauf gerichtet, vermeintlich traditionelle Geschlechterrollen zu konservieren oder wiederherzustellen, Erwerbsarbeit wird männerzentriert gesehen. Speziell westeuropäische neonationalistische Rechtsparteien vertreten weiters eine Sozialpolitik, die MigrantInnen und Flüchtlinge benachteiligt.

Von
Joachim Becker
Institut für Außenwirtschaft und Entwicklung der WU Wien

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 6/18.

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