Der Sozialstaat bleibt gefordert

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Der neue Sozialbericht zeigt: Einkommen und Lebenschancen sind nicht fair verteilt. Nicht nur Ärmere, auch die Mittelschicht braucht den Wohlfahrtsstaat.
Österreich ist ein reiches Land. Die Pro-Kopf-Einkommen sind höher als jemals zuvor in der Geschichte Österreichs und beträchtliche private Vermögen wurden seit Jahrzehnten kontinuierlich aufgebaut. Das darf jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass die Einkommen und Einkommenschancen sehr ungleich und die Vermögen extrem unterschiedlich verteilt sind. Der kürzlich erschienene Sozialbericht enthält acht Studien, die ein umfassendes Bild insbesondere zu Verteilungsfragen und Lebensbedingungen in Österreich geben.

Begünstigtes oberstes Prozent

75 Prozent der Haushalte haben weniger als 50.000 Euro Bruttojahreseinkommen, fünf Prozent mehr als 100.000 Euro und das oberste Prozent mehr als 300.000 Euro. Die Einkommen des obersten Prozent der Haushalte bestehen im Vergleich zu den unteren 99 Prozent wesentlich stärker aus Selbstständigen- und Kapitaleinkommen. Faktisch profitiert fast nur dieses oberste Prozent der Haushalte von hohen Kapitaleinkommen und wird mit einem Steuersatz von 25 Prozent auf Kapitaleinkommen (27,5 Prozent auf Dividenden und Aktiengewinne) begünstigt, während Arbeitseinkommen viel stärker mit Abgaben belastet werden. Während einige Menschen aus ihren Vermögenserträgen über ein hohes Einkommen verfügen, gelten gleichzeitig fast 300.000 Beschäftigte als Working Poor, als arm trotz Arbeit. Alleinerziehende Frauen, AusländerInnen, Menschen in HilfsarbeiterInnen-Jobs und mit wenig Schulbildung sind besonders gefährdet.

Arme Menschen sterben früher

Noch stärker als die Einkommen sind die Vermögen konzentriert: Das vermögendste ein Prozent der Haushalte in Österreich verfügt ungefähr über gleich viel Vermögen wie die unteren 80 Prozent der Bevölkerung.

Menschen mit geringen Einkommen geht es gesundheitlich deutlich schlechter. Umgekehrt können Krankheiten und körperliche Einschränkungen zu verminderten Erwerbsmöglichkeiten, einem niedrigeren Einkommen und damit einem erhöhten Risiko von Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung führen. Es gibt starke gegenseitige Wechselwirkungen zwischen Bildungsgrad, Erwerbstätigkeit, Einkommen, Gesundheitsverhalten und Gesundheitszustand. Beispielsweise ist bei Männern die Lebenserwartung von Akademikern gegenüber Pflichtschulabsolventen um sieben Jahre höher. Hingegen ist der Zugang zu medizinischer Versorgung in Österreich in sehr hohem Maße für Menschen aus allen Einkommensgruppen gewährleistet: Nur rund zwei Prozent aller Personen, die eine medizinische Leistung benötigen, nehmen sie – aus unterschiedlichen Gründen – nicht in Anspruch.

Die Lebenszufriedenheit der österreichischen Bevölkerung steigt mit dem Einkommen: Arm, aber glücklich stimmt also nicht. Das ist auch nicht verwunderlich, weil für viele armutsgefährdete Haushalte bereits eine kaputte Waschmaschine eine finanzielle Herausforderung darstellt. 23 Prozent aller Menschen in Österreich leben in Haushalten, die keine unerwarteten Ausgaben in Höhe von 1.100 Euro finanzieren können.

Bildungschancen entscheidend

In Österreich sind die Bildungschancen stark vom Haushaltseinkommen des Elternhaushalts abhängig. Die soziale Mobilität zwischen den Generationen ist gering, das heißt Bildung und sozioökonomischer Status werden in der Regel vererbt. Eine AHS-Unterstufe besuchen 80 Prozent der Kinder aus Familien mit hohen Einkommen, aber nur 19 Prozent der Kinder aus armutsgefährdeten Haushalten.

Wie wichtig Bildung für die Erwerbschancen ist, zeigen folgende Zahlen: Nur 41 Prozent der Menschen mit maximal Pflichtschulabschluss sind ganzjährig erwerbstätig. Hingegen sind 70 Prozent der Menschen mit Lehrabschluss oder Abschluss einer mittleren Schule und 72 Prozent aller UniversitätsabsolventInnen ganzjährig erwerbstätig.

Bildung lohnt sich auch finanziell: Wer über einen mittleren Schulabschluss verfügt, hat inklusive aller Sozialleistungen um über 4.500 Euro mehr Jahreseinkommen als Menschen mit Pflichtschulabschluss. Matura bringt weitere 2.800 Euro, und wer einen Universitätsabschluss vorweisen kann, hat noch mal ein um etwa 7.500 Euro höheres Einkommen.

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