Reichtum und andere Irrtümer
Wer kennt das nicht? „Reich ist man erst dann, wenn man sich bei der Bilanz um einige Millionen irren kann, ohne dass es auffällt.“ Das sagte einst der amerikanische Öl-Tycoon Jean Paul Getty. Im Jahr 1966 galt er als der reichste Mann der Welt – mit einem Vermögen von etwa 1,2 Milliarden US-Dollar. Umgerechnet sind das heute etwa 7,4 Milliarden US-Dollar. Damit wäre Getty heute in keinem Forbes-Ranking überhaupt im vorderen Feld vertreten. Sein damaliges Vermögen entspricht vielmehr etwa jenen Milliarden, um die sich Amazon-Gründer Jeff Bezos oder Tesla-Gründer Elon Musk in ihren Bilanzen versehentlich irren könnten, ohne dass es ihnen wirklich auffällt.
Getty ist ein schönes Beispiel dafür, wie die Vermögenskonzentration seit den sechziger Jahren zugenommen hat. Zufällig ist es nicht, dass parallel dazu eine Ideologie ihren Siegeszug durch Ökonomie, Politik und Popkultur angetreten hat, für die Verteilungsgerechtigkeit kein zentrales Anliegen darstellt, für die soziale Schieflagen Teil ihres Systems sind und die skrupellos den Rechtspopulismus instrumentalisiert: der Neoliberalismus. Unter anderem darüber haben wir für diese Ausgabe mit dem Ökonomen und Kulturwissenschafter Walter Ötsch gesprochen. Wir haben uns angesehen, wie Reichtum in unserem Land verteilt ist und wieso Vermögen eigentlich nicht längst (wieder) besteuert werden. Wir haben aber auch Leuten zugehört, die unverschuldet und unabsehbar durch die Pandemie in Existenznöte gestürzt sind. Und analysiert, warum das sehr oft Frauen trifft, die auch schon vor der Krisestrukturell benachteiligt waren, wenn man auf Einkommen und Vermögen blickt. Und wir haben den Bogen über Österreich hinaus gespannt, bis nach Brüssel und Portugal, und Erwartungen an den EU-Sozialgipfel eingeholt.
Langsam wird es ernst, wenn es um die Krisenkosten geht. Oder darum, welcher Kurs weiter eingeschlagen werden soll – was haben wir etwa aus den Folgen der Austeritätspolitik der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 gelernt? Bald könnten aus eher akademischen Verteilungsdiskussionen realpolitische Verteilungskämpfe werden. Dazu sagte Jean Paul Getty übrigens: „Die Sanftmütigen werden die Erde besitzen – aber nicht die Schürfrechte.“
In dieser Ausgabe
- Coverstory: Wieder nichts gelernt?
Die Narben einer verfehlten Krisenpolitik infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 sind in einigen EU-Staaten bis heute sichtbar. Die Europäische Union scheint daraus gelernt zu haben – nur die österreichische Regierung lässt diese Chance bis dato ungenutzt. - Reportage: Neue Mittelschicht, oder was?
Viele Menschen, die bis dato gut bezahlte Jobs hatten und wenige finanzielle Sorgen, stellt die Corona-Pandemie erstmals vor ernste Probleme. Drei Betroffene haben uns Einblicke in ihr Leben gegeben und erzählt. - Wer hat, dem wird gegeben
In Österreich ist das Vermögen ungleicher verteilt als in den USA. Das führt zu gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Problemen, für die es eine einfache Lösung gäbe. - Im Gespräch: Neoliberalismus liebt Rechtspopulismus
Wenn sich die Bevölkerung in weiten Teilen nicht mehr repräsentiert fühlt, kommt das neoliberale System unter Druck – und befreit sich mit rechtspopulistischer Politik. Aber wie kommt es dazu? Im Gespräch mit Ökonom Walter Ötsch. - Let the Rich pay for COVID
Die Corona-Krise als Brennglas verstärkt soziale Ungleichheiten und macht sie sichtbarer für alle. Nicht umsonst werden Rufe lauter, die Gewinner*innen der Krise zur Kasse zu bitten. - Podcast: Das Private ist politisch
Was bedeutet die Pandemie in Sachen Gleichberechtigung? Welche Auswirkungen hat sie auf die Verteilung von Geld und Zeit zwischen den Geschlechtern – und was gilt es jetzt zu tun? Katharina Mader über Auswirkungen der Krise und nötige Maßnahmen. - Überreiche im Geldregen
Die Corona-Pandemie vergrößert die soziale Kluft: Während die Reichsten ihre Vermögen weiter vermehren, könnte es laut Oxfam-Berechnungen ein Jahrzehnt oder länger dauern, bis die Ärmsten die Auswirkungen dieser Krise überwunden haben. Helfen würde ein massiver Ausbau vermögensbezogener Steuern. - Kein Ende bei der Dividende
Obwohl die meisten ATX-Unternehmen 2020 Gewinneinbußen oder gar Verluste eingefahren haben, haben einige ihre Dividenden sogar noch kräftig erhöht. Es könnte sogar sein, dass Konzerne heuer unterm Strich Rekorddividenden ausschütten. - Zusammen ist man weniger allein
Große Kapitalgesellschaften haben eine Besonderheit: Ihre Aufsichtsräte müssen zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertreter*innen besetzt sein. Wie sind Arbeit und Kapital bisher gemeinsam durch die Krise gekommen? Vier Betriebsrätinnen geben Einblicke ins Corona-Jahr. - Historie: … nur müsst’ man dann besser verteilen
Die kapitalistische Wirtschaft hat gesellschaftlichen Reichtum geschaffen wie nie zuvor in der Geschichte. Aber sie hat einen Pferdefuß: Sie verteilt den Reichtum sehr ungerecht. Gewerkschaften haben die Aufgabe, diesen Mechanismus zu durchbrechen. - Besser mit Betriebsrat als ohne
Das letzte Wort hat GPA-Vorsitzende Barbara Teiber.
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