Altparteien
Den Begriff verwenden PopulistInnen gerne, um sich selbst von den anderen Parteien zu distanzieren, die sie auch gerne „etablierte Parteien“ nennen. Inzwischen wird der Begriff auch von anderen PolitikerInnen und leider auch in Medien verwendet. Manche verweisen darauf, dass er ähnlich wie das Wort Systemparteien auch von den NationalsozialistInnen verwendet wurde.
In Bezug auf die FPÖ ist allerdings anzumerken, dass sie eine ebenso alte Partei ist wie SPÖ und ÖVP, auch wenn sie im Jahr 1948 unter dem Namen „Verein der Unabhängigen“ gegründet worden war. Um sich von den anderen Parteien abzugrenzen, verwenden PopulistInnen statt Partei gerne Bezeichnungen wie „Bewegung“, Liga oder Bund.
Demagogie
Meyers Lexikon definiert diese als „Volksverführung in verantwortungsloser Ausnutzung von Gefühlen, Ressentiments, Vorurteilen und Unwissenheit durch Phrasen, Hetze oder Lügen“. Das Wort selbst setzt sich aus den griechischen Worten „démos“ = „Volk“ und „agógein“ = „führen“ zusammen.
Nina Horaczek und Walter Ötsch sehen darin die Führung des Volkes in einem zweifachen Sinn. „Erstens als Ver-Führung: Eine unzufriedene Bevölkerung wird mit Verheißungen einer besseren Politik verführt. Dies geschieht zweitens, indem DemagogInnen von dem ‚Volk‘ reden: Sie schaffen damit ein Kunstprodukt einer gleichartigen Bevölkerung, die durch einen gemeinsamen ‚Volkswillen‘ verbunden ist.“ Die beiden AutorInnen verwenden Demagogie synonym für Populismus.
Establishment
Der Begriff ist keine Erfindung von RechtpopulistInnen, sondern wurde vielmehr von der Studierendenbewegung der 1960er-Jahre geprägt.
Sie kritisierten damit die herrschende Machtelite, die nur auf den eigenen Machterhalt und die Erhaltung des Status quo einer reformbedürftigen Gesellschaft aus wäre und sogar dann ein Auge zudrückte, wenn ehemalige Nationalsozialisten weiterhin wichtige Positionen innehatten.
RechtspopulistInnen haben diese Kritik an ihre eigenen Bedürfnisse angepasst und verwenden das Wort als Kampfbegriff für eine „Elite“, die sich gegen „das Volk“ verschworen habe.
Zuletzt zog der nunmehrige US-Präsident Donald Trump gegen das „Establishment in Washington“ in den Wahlkampf. In seiner Antrittsrede versprach er: „Wir nehmen die Macht von Washington, D. C. und geben sie euch, dem Volk, zurück.“
Zum rechtspopulistischen Repertoire gehören verschiedene Synonyme. Der freiheitliche Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer etwa erklärte seinem grünen Gegenspieler Alexander Van der Bellen im Jahr 2016: „Sie haben die Hautevolee hinter sich und ich die Menschen!“ Oder: „Sie sind ein Kandidat der Schickeria. Ich bin ein Kandidat der Menschen.“ Nina Horaczek und Walter Ötsch schreiben außerdem: „Österreich ist für die FPÖ ein „Parteienstaat, in dem gnadenlos die Interessen teilkorrumpierter Eliten regieren“.
Auch heute noch zählt der Begriff keinesfalls ausschließlich zum Repertoire von RechtspopulistInnen. Politikwissenschafter Jan-Werner Müller ergänzt: „Alle Populisten sind gegen das ‚Establishment‘ – aber nicht jeder, der Eliten kritisiert, ist ein Populist.“ Allerdings ist diese Unterscheidung für den rechtspopulistischen Diskurs von Bedeutung, denn Menschen, die vor anderen Hintergründen Herrschaftskritik üben, werden von RechtspopulistInnen eben dieser Elite zugerechnet. „Wer sich ihnen entgegenstellt und ihren moralischen Alleinvertretungsanspruch bestreitet, gehört automatisch nicht zum wahren Volk“, so Müller.
Fake News
Laut Duden werden damit „in den Medien und im Internet, besonders in den Social Media, in manipulativer Absicht verbreitete Falschmeldungen“ bezeichnet. Die österreichische Journalistin Ingrid Brodnig konkretisiert, dass der Begriff „fabrizierte Meldungen“ beschreibt, „die mit einer Täuschungsabsicht in die Welt gesetzt wurden: entweder um Menschen politisch zu manipulieren, also ihre Meinung mittels erfundener Behauptungen zu beeinflussen, oder aber, um ökonomisch von der Aufregung zu profitieren, die Falschmeldungen verursachen“. US-Präsident Donald Trump bezeichnete den US-Sender CNN als Fake News, auch andere Medien wie die „New York Times“ oder CBS verunglimpfte er mit diesem Begriff.
Mehr dazu:
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Genderwahnsinn
Im feministischen Sprachgebrauch bedeutet Gender das soziale im Unterschied zum biologischen Geschlecht. Damit wird hervorgehoben, dass viele Eigenschaften, die als biologisch eingestuft werden, in Wahrheit durch die Gesellschaft vorgegeben werden. Oder um es mit Simone de Beauvoir zu sagen: Man wird nicht als Frau geboren, man wird dazu gemacht.
Um den Ausschluss von Frauen aus der deutschen Sprache, in der mit dem männlichen Begriff Frauen „mitgemeint werden“, zu beenden, gibt es inzwischen eine Reihe von verschiedenen Vorschlägen für eine geschlechtergerechte oder eben gendergerechte Sprache.
Gender-Mainstreaming wiederum bedeutet, dass Frauenpolitik nicht als abgehobenes Aktionsfeld gesehen wird, vielmehr wird gefordert, frauenpolitische Dimensionen in allen Politikfeldern zu berücksichtigen. Dieser Zugang stößt verständlicherweise auf wenig Zustimmung bei PopulistInnen, die selten eine emanzipatorische Programmatik haben. Mit dem Schlagwort „Genderwahnsinn“ versuchen sie feministische Politiken zu diffamieren. In der rechtspopulistischen Vorstellungswelt ist dieser Wahnsinn so weit fortgeschritten, dass Männer inzwischen diskriminiert werden.
Gesinnungsterror
RechtpopulistInnen inszenieren sich gerne als Opfer des politischen Diskurses. Die Freiheitlichen beispielsweise beklagen seit inzwischen Jahrzehnten, sie seien Opfer einer Ausgrenzungspolitik. So plakatierte die FPÖ das Foto von Parteichef Strache mit dem Slogan: „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist.“ Gerne wird auch die angeblich übertriebene „Political Correctness“ beklagt, die analog zur Zensur verbieten würde, dass „man sagen darf, was man denkt“. Die PopulistInnen aber würden sich trauen, gegen dieses „Diktat“ vorzugehen. „Wir sagen die Wahrheit, wir lassen uns nicht den Mund verbieten“, erklärte etwa FP-Chef Strache.
Korruption
Ein beliebtes Thema von RechtspopulistInnen ist die Korruption. Selbstverständlich ist nicht jede Partei, die der Korruption den Kampf angesagt hat, automatisch eine populistische Partei. Vielmehr passt das Thema Korruption geradezu perfekt zu der von PopulistInnen konstruierten zweigeteilten Welt, in der sie nicht nur gegen angebliche Bedrohungen von außen auftreten, sondern auch gegen eine „korrupte Elite“.
Mainstream-Medien
An sich wird dieser Begriff nicht nur von Rechten verwendet, um jene Medien zu kritisieren, die vom Mainstream gelesen werden. Darunter stellt man sich die Mehrheit der Bevölkerung vor, die nicht an widersprüchlichen und kritischen Informationen interessiert ist. Auch FeministInnen oder Linke prangern an, dass diese Medien zu wenig kritisch mit Informationen umgehen und anderen Sichtweisen zu wenig Raum ließen. Es wird angenommen, dass die JournalistInnen der Mainstream-Medien zu wenig recherchieren, nur Informationen verbreiten würden, die in eine bestimmte Gedankenwelt passen.
So berechtigt die Kritik an sich sein mag, so anfällig ist diese These für Verschwörungstheorien. Im rechten Vokabular haben sich die Begriffe Lügenpresse oder Lügenpropaganda inzwischen etabliert. Um diesen angeblichen Falschinformationen etwas entgegenzusetzen, haben rechte Gruppierungen und Parteien inzwischen eigene Plattformen ins Leben gerufen. „Diese sogenannten „alternativen Medien“ versprechen oft, die „Wahrheit“ zu liefern oder eine „Gegenöffentlichkeit“ herzustellen“, schreibt die österreichische Journalistin Ingrid Brodnig in ihrem Buch „Lügen im Netz“. Sie fügt hinzu: „Allerdings fällt ihre Berichterstattung weniger mit faktenorientierter Ausgewogenheit als mit besonderer Einseitigkeit auf.“ Von Journalismus könne in diesem Zusammenhang allerdings keine Rede sein, sondern es ist vielmehr eine „politisch motivierte Berichterstattung“, wie Brodnig festhält. Diese schreckt auch nicht davor zurück, Gerüchte, Halbwahrheiten oder gar Falschmeldungen zu verbreiten. Ziel ist es, Wut zu schüren oder allgemein zu emotionalisieren.
In den USA am bekanntesten sind die Breitbart-News, deren Chef Stephen Bannon eine Zeit lang Chefstratege von US-Präsident Donald Trump war. Auch betreibt die FPÖ eine Reihe von Medien. Dazu zählt neben Zeitungen wie der „Neuen Freien Zeitung“, „Zur Zeit“ oder die „Aula“ auch ein eigener YouTube-Kanal. Hinzu kommt die Plattform unzensuriert.at, die von FPÖlern aus dem Umfeld des früheren Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf gegründet wurde. Der frühere Geschäftsführer der Betreiberfirma war sein Büroleiter, Chefredakteur ist der frühere Pressesprecher von Graf.
Populismus
„Populisten, wohin das Auge reicht“, leitet der Politikwissenschafter Jan-Werner Müller sein Buch „Was ist Populismus?“ ein. In der Tat ist das Wort in aller Munde. Dass es bisweilen willkürlich verwendet wird, hat seinen Grund nicht zuletzt darin, dass es keine eindeutige Populismus-Definition gibt. So bezeichnen manche auch linke Gruppierungen als populistisch, was von anderen kategorisch zurückgewiesen wird, denn Populismus sei notwenigerweise nationalistisch, was die Linke nie sein könne (siehe auch „Das schlechte Volk?“).
Kennzeichen populistischer Argumentation, darin sind sich die AutorInnen einig, ist die Differenzierung der Welt in „Wir“ und „die Anderen“ – „das Volk“ gegen „die Elite“, „die Ausländer“ usw. Der Politologe Anton Pelinka etwa meint, der Rechtspopulismus ergänze „den (anti-elitären) vertikalen Effekt des allgemeinen Populismus durch einen ‚xenophoben‘ horizontalen Effekt“.
In seiner Analyse der „Diskursstrategien“ von FPÖ und der schweizerischen SVP schreibt der deutsche Politologe Oliver Geden: „Der Rekurs auf ‚das Volk‘ steht im Zentrum (rechts-)populistischer Politik. ‚Das Volk‘ wird in einer Konstellation verortet, die es als ‚schweigende Mehrheit‘ sieht, die den politischen und kulturellen Eliten (sowie den von ihnen ‚protegierten‘ Minderheiten) in einer direkten Frontstellung gegenübersteht.“
Konkret führt Geden aus: „Während den Eliten vorgeworfen wird, nur die eigenen Partikularinteressen zu verfolgen, schlägt sich der Rechtspopulismus auf die Seite ‚des Volkes‘, stellt sich als dessen einziger legitimer Vertreter auf der politischen Bühne dar, als jene Strömung, die dem ‚Volk‘ wieder zu seiner Stimme verhilft.“ Jan-Werner Müller definiert den Kernanspruch von Populismus folgendermaßen: „Wir – und nur wir – repräsentieren das wahre Volk.“ Zugespitzt formuliert er: „Sie behaupten von sich nichts weniger, als die 100 Prozent zu repräsentieren.“
Buchtipp: Oliver Geden: Diskursstrategien im RechtspopulismusSystemparteien
Mit dem Begriff des „Systems“ wurde von den Nationalsozialisten die deutsche Weimarer Republik oder auch der österreichische Austrofaschismus bezeichnet. Er ist keinesfalls neutral gemeint, sondern vielmehr verächtlich.
Auch Begriffe wie Systempartei oder Systempresse gehörten zum Sprachgebrauch der Nazis. Auch heute verwenden RechtspopulistInnen diese Begriffe gerne, um sich von „der Elite“ abzugrenzen. So warb die FPÖ beispielsweise mit dem Wahlslogan „Volksvertreter statt EU-Verräter“, FP-Chef Strache bezeichnete den früheren Bundeskanzler Werner Faymann als „Staatsfeind“.
Buchtipp: Ingrid Brodnig: Lügen im Netz: Wie Fake News, Populisten und unkontrollierte Technik uns manipulierenWirtschaftsflüchtlinge
Gerne wird argumentiert, dass Europa sich dagegen wehren müsse, dass „Wirtschaftsflüchtlinge“ unter dem Vorwand, Asyl zu suchen, hierherkommen. Fakt ist, dass mehr als die Hälfte der Menschen, die in Österreich Asyl beantragt haben, aus den Bürgerkriegsländern Afghanistan, Syrien und Irak kommen.
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Sonja Fercher
Chefredakteurin
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 8/17.
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