Crowd-Träume werden wahr …

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… wenn Geldgeber die sozialen und kreativen Geschäftsideen sponsern. KonsumentenschützerInnen warnen allerdings vor riskanten Investments in Start-ups.

Machtverhältnisse umdrehen

Bohmeyer ist überzeugt: Crowdfunding kehrt die Machtverhältnisse in der Produktion um. „Zugespitzt würde ich sagen: Klassischerweise sitzen alte Geldsäcke auf ihrem Kapital und denken sich aus, was sie den Menschen verkaufen könnten. Entweder sie liegen richtig und das Produkt wird verkauft. Oder sie liegen falsch, dann müssen sie viel Geld in die Hand nehmen, um mittels Werbung ein Begehren bei der Zielgruppe zu erzeugen“, so Bohmeyer. Crowdfunding hingegen würde alte Verkaufs- und Konsummodelle auf den Kopf stellen, indem es nur jene Projekte umsetzt, die auch wirklich gefragt sind. Dies zeige sich konkret darin, wie viele Menschen das Produkt unterstützen. „Damit bricht es nicht nur die Macht der klassischen Kapitalbesitzer, sondern hat auch das Potenzial, nachhaltiger Produkte zu schaffen. Provokant formuliert: Crowdfunding ist intelligente und transparente Planwirtschaft“, so der Berliner IT-Spezialist.

Österreichs erste Crowdfunding-Plattform für eine bessere Gesellschaft – www.respekt.net – wurde 2010 gegründet. Auf dem Online-Marktplatz tummeln sich engagierte Menschen, die Unterstützung für ihre Ideen suchen. Zuletzt rief respect.net dazu auf, den „Pensionshunderter“ der Regierung zu spenden. Das Geld wird dann für Sozialprojekte verwendet. Auch auf der Wiener Crowd-Investment-Plattform Conda werden Investoren für zahlreiche Projekte gesucht. Ab 100 Euro ist man dabei und kann etwa die Produktion von Öko-Jeans, nachhaltiger Energie in Deutschland oder den Anbau von hochwertigen Hanfpflanzen unterstützen.

Bei aller Innovation und Kreativität der Projekte, der KonsumentInnenschutz wirft ein kritisches Auge auf Crowdfunding. „Die Finanzierung von Unternehmen ist grundsätzlich die Aufgabe von Banken“, hält Gabriele Zgubic, Leiterin des AK-Konsumentenschutzes, fest. Im Konkursfall sehe man nämlich von dem so investierten Geld nichts mehr. Sie warnt zudem vor potenziellen Betrügereien.

Missbrauch der Crowd

Zuletzt etwas geriet ein Kitzbüheler Start-up in Verruf, das mit Veranlagungen in Start-ups Werbung machte. Ihm wird vorgeworfen, AnlegerInnen mit falschen Zinsversprechen in die Irre zu führen. Bis der Fall juristisch geklärt ist, muss das Unternehmen die Werbung sofort stoppen. „Man muss sich Versprechen und Verträge sehr genau anschauen. Denn da öffnen sich Türen für Finanzierungsmodelle, die sich sehr nachteilig für VerbraucherInnen auswirken können“, warnt Zgubic.

Gerade bei kleinen Start-ups, die ihre Ideen in medialen Kampagnen sehr gut präsentieren, sei das Risiko besonders hoch. Viele Start-ups überstehen die ersten zwei bis drei Jahre nicht. Für Investoren, die das Risiko bei Jungunternehmen nicht scheuen, sind daher 100 Prozent Verlust ebenso möglich wie im Erfolgsfall eben 100 Prozent Gewinn.Crowdfunding suggeriert laut AK eine Unabhängigkeit von einem durch die Finanzkrise in Misskredit geratenen Kapitalmarkt. Jene AnlegerInnen, die aus diesem Motiv heraus ihr gutes Geld in derlei Projekten anlegen, verzichten aber auf viele Sicherheiten. „Crowdfunding klingt hip, braucht aber auch Regeln“, so Zgubic. Vielen AnlegerInnen sei das Risiko nicht bewusst und sie würden auch nicht ausreichend darauf hingewiesen. Aus KonsumentInnenschutz-Perspektive sind noch „Informationsstandards und gut überlegte Maßnahmen notwendig, um Crowdfunding für KonsumentInnen auf eine sichere Basis zu stellen“.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft laut AK die fehlende Definition von Crowdfunding: Die Bandbreite reicht von Spenden über Genussscheine bis zu nachrangigen Darlehen und stillen Beteiligungen an Unternehmen, an denen sich AnlegerInnen über Internet-Plattformen beteiligen können. Crowdfunding bezieht sich nicht nur auf die Finanzierung von Start-up-Unternehmen und Projekten in unterschiedlichen Sparten, sondern auch auf Spendensammlungen im Internet. Hier bestehe ebenfalls noch Handlungsbedarf.

Linktipps:
www.cucula.org
www.mein-grundeinkommen.de
www.respekt.net
www.conda.eu

Von
Irene Mayer-Kilani
Freie Journalistin

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 5/17.

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