Coverstory: Zwischen Märchen und Innovation

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Start-ups sind für viele der Prototyp der neuen Wirtschaft: flexibel und damit besser in der Lage, auf rasche Veränderungen zu reagieren, als große Unternehmen. Sie sollen Innovationen bringen und idealerweise auch das große Geld. Ein Streifzug.

Auf die Hinterräder gestellt

Gewerkschaftliche Organisierung in der neuen Arbeitswelt ist eine Herausforderung: das erfolgreiche Beispiel Foodora.

Wie Gewerkschaftsarbeit Erfolg in der Welt der Plattformarbeit haben kann, zeigte in Österreich jüngst die Betriebsratsgründung beim Essenslieferdienst Foodora. Aus dem ehemals kleinen Unternehmen, das Essen durch auffällig rosa gekleidete FahrradbotInnen zustellt, ist binnen drei Jahren ein europaweit agierender Konzern geworden. Sowohl Zustellung als auch die Arbeitsorganisation erfolgen über eine Onlineplattform (siehe auch „Gemeinsam für die faire Plattform“).

Eine Gruppe engagierter Foodora-FahrerInnen hat nun mit Unterstützung der vida einen Betriebsrat gegründet. Eines ihrer Ziele ist es, faire Arbeitsbedingungen und Mitspracherecht im Betrieb trotz der rasant gewachsenen Unternehmensgröße zu sichern. Außerdem wollen sie eine Betriebsvereinbarung mit der Foodora-Geschäftsführung verhandeln. Die neue Betriebsratsvorsitzende Adele Siegl: „Wir wollen bessere Arbeitsbedingungen schaffen, etwa Zuschläge für die besonders anstrengenden Dienste in der Nacht oder im Winter, um nur ein Beispiel zu nennen.“ Weiteres Ziel sind mehr echte Dienstverhältnisse und weniger freie.

Die Betriebsratsgründung bei Foodora fand unter ungewöhnlichen Vorzeichen statt, berichtet Karl Delfs vom Fachbereich Straße der Gewerkschaft vida. „Das war kein klassisches Organisieren, wie wir das aus etablierten Betrieben kennen. Die Beschäftigten sind auf uns zugekommen. Sie haben dort schon seit Längerem eine starke Selbstorganisierung. Das ist eine sehr solidarische Gruppe, die sehr strategisch operiert.“

Auch über das Unternehmen hinaus seien die Fahrradkuriere, sie nennen sich „Riders“, gut miteinander vernetzt. „Die Betriebsratsgründung dort könnte auch für andere Unternehmen Vorbildwirkung haben. Die KollegInnen bei Foodora wollen jedenfalls, dass wir in Sachen neuer Kollektivvertrag dranbleiben.“

Delfs möchte in der Branche der FahrradbotInnen ein „Abrutschen in das Prekariat“ verhindern. Es gehe darum, die Kollektivvertragsverhandlungen zu nutzen, um einen „Rahmen zu definieren“. Da gebe es viele offene Fragen: „Zum Beispiel bei den Betriebsmitteln: Wer stellt das Fahrrad? Wer stellt das von den Riders benötigte Handy?“

Viele FahrradbotInnen seien freie DienstnehmerInnen ohne Absicherung im Krankheitsfall. „Wir wollen gescheite Anstellungsverhältnisse für alle“, sagt Delfs. „Das wird aber nicht von allen Riders getragen. Da gibt es viele studentische MitarbeiterInnen, die das nur als Nebenjob machen. Nichtsdestotrotz wollen wir Fragen des Krankengeldes, Urlaubsgeldes, der maximalen Fahrzeiten für die Boten oder auch des Maximalgewichts pro Fahrt behandeln.“

Das FahrradbotInnensegment wird in Zukunft immer wichtiger werden, ist sich Delfs sicher. „Viele große Firmen stellen von Kleinlastern auf Fahrräder um. Das Verlagerungspotenzial liegt bei 30 bis 40 Prozent, beim Lebensmitteltransport sogar bei 90 Prozent. Auch deshalb ist es für uns als Gewerkschaft wichtig, bei den Fahrradboten aktiv zu sein.“ Es gelte, Zustände wie beim Kleintransportbereich zu vermeiden. „Da gibt es bis zu 1.800 Ein-Personen-Unternehmen, insgesamt sind in Österreich 3.000 Unternehmen in dem Gewerbe gemeldet. Viele davon sind aber Scheinselbstständige. Da findet sehr viel Selbstausbeutung statt. Das wollen wir bei den Fahrradboten verhindern.“

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