Neuer Lebensabschnitt
Für das Ehepaar Krauscher beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt. Denn von der letzten Kündigungswelle bei Shire, die rund 500 MitarbeiterInnen in Österreich den Job kostete, war auch Hannes Krauscher betroffen. Momentan muss er sich noch an die neue Situation gewöhnen, seit August ist er freigestellt: „Jetzt geht das noch bis Ende Jänner und ich genieße mein neues Leben jeden Tag ein bisschen mehr.“
An der Größe des Betriebs wollen die beiden derweil nichts ändern: „Das ist eine superschnuckelige Größe, mit der wir ein schönes Leben haben können.“ Elke Krauscher arbeitet derweil weiter in Wien, was bei ihrem Mann durchaus Mitleid hervorruft: „Jetzt kommt der Winter und die Arme muss pendeln.“ Sie selbst sieht es pragmatisch: Man müsse schauen, wie sich der Betrieb nun weiterentwickelt. „Wenn wir mehr Möglichkeiten haben zu verkaufen, werde ich sicher auch daheimbleiben, weil die Arbeit mehr wird“, meint sie.
Aber wohl nicht nur deshalb, denn wenn sie über die Landwirtschaft spricht, kommt sie ins Schwärmen. Es sei eine sehr lohnende Tätigkeit: „Man ist viel in der freien Natur, hat viel mit Menschen zu tun und bekommt noch dazu so oft positives Feedback, wenn ein Wein schmeckt.“
Arbeitsintensive Tierwirtschaft
Auch die Geschichte des Betriebs von Fachschullehrer Pfeiffer zeigt, dass es nicht immer einfach ist mit der Doppelbelastung. Denn solange seine Eltern noch am Hof mitarbeiteten, wurden im Familienbetrieb auch Schweine gezüchtet. Damit war Schluss, als Pfeiffer den Betrieb übernahm. „Bei den Tieren ist man festgebunden“, erklärt er. Heute baut er auf einem Hektar Uhudler an, auf weiteren 15 Hektar Land betreibt er Ackerbau.
Aus seiner Gemeinde berichtet er von zwei weiteren Bauern, die ebenfalls doppelgleisig fahren mit Ackerbau nebenbei. „Das ist alles total mechanisiert, das geht“, sagt Pfeiffer. Zudem hat er viel ausgelagert, unter anderem die Ernte oder den Pflanzenschutz, im Weinbau hat er einen geringfügig Beschäftigten eingestellt.
„Die anspruchsvollen Tätigkeiten wie den Anbau selbst und die Verarbeitung übernehme ich“, erzählt Pfeiffer. Die Vermarktung liege großteils in den Händen seiner Frau. Warum tut man sich die Doppelbelastung überhaupt an? „Liebe und Leidenschaft“ lassen die ArbeiterInnen oder Angestellten an der Landwirtschaft zumindest nebenbei festhalten, wie es der Uhudler-Bauer ausdrückt.
Auch bei der Berufsmesse in Hartberg kann man aus den Wortmeldungen der Jugendlichen heraushören, dass die Familientradition die Berufswahl stark beeinflusst: „Meine Großeltern haben einen Bauernhof. Da arbeite ich auch schon mit, das macht Spaß“, erklärt ein Bursche. Ein anderer Bursche, der ebenfalls bei Josef Pfeiffer um Informationen über die Schule gefragt hat, erklärt: „Mein Vater ist Jäger. Das will ich auch werden.“ Der Vater eines Mädchens, das ganz rote Backen bekommt, als es hört, wie oft Reiten auf dem Stundenplan der Schule steht, besitzt einen Reiterhof.
An 96 Standorten österreichweit gibt es land- und forstwirtschaftliche Fachschulen wie jene, an der Pfeiffer unterrichtet. Zudem können Jugendliche an Berufsschulen oder Höheren land- und forstwirtschaftlichen Schulen eine Ausbildung als LandwirtInnen absolvieren.

Er selbst hatte Pech, denn kurz nachdem er seinen Abschluss als Winzer an der Klosterneuburger Weinschule gemacht hatte, erschütterte
der Weinskandal Österreich. Jahrelang arbeitete er als Verkäufer einer Pharmafirma und betrieb nebenbei das Weingut.
Digitalisierung
„Beruf mit Zukunft“ steht auf den Foldern der drei Güssinger Schulzweige. Ein Blick in die Statistik lässt allerdings Zweifel aufkommen, vor allem was die sinkende Bedeutung der Agrarwirtschaft in Österreich betrifft (siehe auch „Die Kleinen als Feigenblatt“). Was hat sich während seiner 35-jährigen beruflichen Laufbahn in Landwirtschaft und Ausbildung verändert? „Es ist sehr viel Technik dabei, modernste Technik wie GPS-Systeme, Pflanzenschutz- und Düngegeräte, Melkmaschinen, alles computergesteuert“, erzählt Pfeiffer. Mit der steigenden Digitalisierung nahm die Bedeutung der EDV-Ausbildung seiner SchülerInnen noch deutlich zu.
ProfessionistInnen
Das Bild von LandwirtInnen, die in Familienbetrieben wirtschaften und deshalb mit Bürokratie und Buchhaltung zu sehr belastet werden dürften, entspricht jedenfalls nicht mehr der Realität. „Heute sind die Jungbauern Professionisten“, hält Pfeiffer fest. Auch hätten bei Weitem nicht alle einen Familienbetrieb im Hintergrund: „Das Verhältnis ist 50:50“, sagt er. Sie seien sehr gefragte FacharbeiterInnen etwa im Maschinenring oder in Lohnunternehmen der Landwirtschaft.
„Sie haben auch eine technische Ausbildung in der Landtechnik, deshalb sind sie im Landmaschinensektor sehr gefragt“, weiß Pfeiffer. „Die Betriebe reißen uns die Absolventen aus der Hand oder werben sie sogar schon in der Schule ab.“
Immer wieder wendet sich Josef Pfeiffer zwischendurch interessierten SchülerInnen zu. „Bitte, kann ich helfen? Was interessiert euch?“, fragt er, stellt den Anfragen entsprechend die Infomaterialien zusammen und plaudert entspannt mit den Jugendlichen.
Sonja Fercher
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 9/17.
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