Coverstory: Kurswechsel längst überfällig!

Inhalt

  1. Seite 1 - EU-Arbeitsbehörde muss ein ein sinnvolles Instrumen werden, kein zahnloser Papiertiger
  2. Seite 2 - Europa sind nicht die anderen, wir alle zusammen müssen an Verbesserungen arbeiten
  3. Seite 3 - Die Aufweichung der Regeln im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping ist wie eine Ohrfeige
  4. Seite 4 - Engagement und Durchhaltevermögen für ein soziale Europa
  5. Auf einer Seite lesen >
In der EU gibt es viele Ansätze zu einem sozialen Europa, nicht zuletzt gehen so manche Fortschritte auf Impulse aus Brüssel zurück. Das ändert allerdings nur wenig an der massiven Schieflage der Union, in die eine neoliberale Agenda eingeschrieben ist. Es bleibt also genug zu tun - nicht nur für GewerkschafterInnen, denn auch die BürgerInnen haben durchaus ein Wörtchen mitzureden.

Die EU ist auf dem sozialen Auge allzu blind. Die Konsequenzen bekommen die Menschen zu spüren.
Foto (C) Michael Mazohl

Priorität für sozialen Fortschritt

Vor allem aber signalisieren sie nicht jenen Kurswechsel, der in den Augen aller drei InterviewpartnerInnen längst überfällig ist. Soukup beschreibt die Richtung, in die es gehen sollte, folgendermaßen: „Es ist ein Bild des sozialen Fortschritts, der bedeutet, die gegenwärtigen Formen der Ausbeutung und Ungleichheit zu bekämpfen und für gute Lebensbedingungen hier und jetzt einzutreten, und Strukturen zu schaffen, die das in Zukunft ermöglichen.“ Dies heißt seiner Ansicht nach, „letzten Endes auch Machtfragen zu stellen und die Machtdominanz des Kapitals über die Arbeit umzukehren.“

Hier sind nicht nur Gewerkschaften und andere progressive Kräfte gefordert. Letztlich ist dies nämlich auch ein Auftrag an jeden Bürger und jede Bürgerin, immerhin bestimmen sie erstens mit ihrer Stimme bei den Parlamentswahlen in den jeweiligen Mitgliedstaaten die Zukunft der EU mit. Und zweitens können alle europäischen WählerInnen kommendes Jahr bei den Wahlen zum Europäischen Parlament ihre Stimme abgeben.

Für die drei InterviewpartnerInnen jedenfalls bleibt weiterhin genug zu tun. Denn so gut Österreich im EU-Vergleich dasteht: innerhalb der Europäischen Union gibt es weiterhin riesige Unterschiede im Wohlstandsniveau und was die Rechte und den Schutz von ArbeitnehmerInnen betrifft. Nicht vergessen werden darf die Ungleichheit, die auf vielen Ebenen zunimmt und die populistische PolitikerInnen momentan lieber unter den Tisch fallen lassen.

Der Brüsseler AK-Expertin Petra Völkerer ist es wichtig, zum Schluss noch über einen größeren Tellerrand zu blicken, als es die EU selbst ist. Denn auf internationaler Ebene spielt die Union eine maßgebliche Rolle. Auch wenn andere Akteure an Bedeutung gewinnen: Die EU ist der größte zusammenhängende Wirtschaftsraum der Welt und kann entsprechend Einfluss ausüben, wie AK-Expertin Völkerer betont. „Ein soziales Europa kann nur gelingen, wenn wir uns auch für menschenwürdige Arbeitsbedingungen außerhalb Europas und faire Wertschöpfungsketten einsetzen. Mittlerweile wird bei jedem Handelsabkommen ein Nachhaltigkeitskapitel mitverhandelt, in dem auch ArbeitnehmerInnenrechte verankert sind“, so Völkerer.

Über den Tellerrand hinaus

So positiv dies ist, gilt erneut: Es gibt keine Sanktionen. Nichtsdestotrotz misst die AK-Expertin diesen Handelsabkommen eine sehr große Bedeutung bei, schließlich betrifft das, was dort vereinbart wird, auch die Menschen in den Mitgliedsländern: „Wenn es den ArbeitnehmerInnen außerhalb Europas sehr schlecht geht, dann wird es immer schwieriger werden, das soziale Schutzniveau in Österreich oder Europa aufrecht zu erhalten. Und es ist auch ein Indikator dafür, wie wichtig der Europäischen Union ein soziales Europa ist: wie man mit dem Rest der Welt umgeht.“

Das soziale Europa: Es ist vermutlich stärker, als man glaubt. Aber um dem Anspruch auch wirklich gerecht zu werden, der in diesem Begriff steckt, ist zweifellos noch viel Engagement und Durchhaltevermögen gefragt.

Von
Sonja Fercher

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 6/18.

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
sonja.fercher@oegb.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at

Inhalt

  1. Seite 1 - EU-Arbeitsbehörde muss ein ein sinnvolles Instrumen werden, kein zahnloser Papiertiger
  2. Seite 2 - Europa sind nicht die anderen, wir alle zusammen müssen an Verbesserungen arbeiten
  3. Seite 3 - Die Aufweichung der Regeln im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping ist wie eine Ohrfeige
  4. Seite 4 - Engagement und Durchhaltevermögen für ein soziale Europa
  5. Auf einer Seite lesen >

Über den/die Autor:in

Sonja Fercher

Sonja Fercher ist freie Journalistin und Moderatorin. Für ihre Coverstory im A&W Printmagazin zum Thema Start-ups erhielt sie im Juni 2018 den Journalistenpreis von Techno-Z. Sie hat in zahlreichen Medien publiziert, unter anderem in Die Zeit, Die Presse und Der Standard. Von 2002 bis 2008 war sie Politik-Redakteurin bei derStandard.at. Für ihren Blog über die französische Präsidentschaftswahl wurde sie im Jahr 2008 mit dem CNN Journalist Award - Europe ausgezeichnet.

Du brauchst einen Perspektivenwechsel?

Dann melde dich hier an und erhalte einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.



Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder. Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.