Ein positiver Wirtschaftsfaktor
Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat in einer Studie untersucht, welche Bedeutung dem Sozialstaat als Standortfaktor zukommt. Die wichtigsten Ergebnisse:
- Um den wirtschaftlichen Erfolg einer Volkswirtschaft zu beurteilen, bedarf es einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise. Langfristig zentrale Erfolgsfaktoren sind auf soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtete Strategien zur Weiterentwicklung wirtschaftlicher Aktivitäten. Diese bestimmen schlussendlich das Produktionspotenzial einer Volkswirtschaft und damit auch deren Wohlstandsniveau. Österreich als entwickelte Volkswirtschaft sollte auf einen Qualitäts- statt auf einen Lohn- und Sozialdumping-Wettbewerb setzen, den wir ohnehin nicht gewinnen können.
- Der Sozialstaat gibt Sicherheit, hilft beim Strukturwandel, stabilisiert die Wirtschaft und fördert Resilienz (Widerstandsfähigkeit). Der Sozialstaat ist kein Bremsklotz, sondern vielmehr Triebfeder einer sozialen Marktwirtschaft. Es geht um eine Weiterentwicklung des Sozialstaats, mit der die Resilienz und Innovationsfähigkeit der Wirtschaft gestärkt wird. Gerade in Zeiten von Digitalisierung und Klimawandel, von Veränderungen und Umbrüchen braucht es genau die Sicherheit und die Freiheit, die der Sozialstaat bietet.
- Der Sozialstaat eröffnet Chancen und fördert die Innovationsfähigkeit. Die Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme sowie des Bildungs-, Aus- und Weiterbildungssystems hat unter den gegebenen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen Priorität. Viele Beispiele zeigen, dass gerade die Qualifikationen heimischer ArbeitnehmerInnen ausschlaggebend für Standortentscheidungen waren und sind. Selbst bei ressourcenintensiven Unternehmen wie der voestalpine AG in Kapfenberg: Letztendlich hat auch hier laut Management die „hoch qualifizierte und motivierte Mannschaft“ den Ausschlag für die Standortentscheidung gegeben.
In der Arbeitsmarktpolitik und im Bildungsbereich fordert die AK Strukturreformen, damit sich die Menschen besser auf die Zukunftsaufgaben vorbereiten können. Die Begabungen und Fähigkeiten sowie die Lebenschancen jedes und jeder Einzelnen sind besser zu fördern. - Wird – wie angekündigt – bei Arbeitsmarkt- und Bildungsausgaben (dabei müssen viele Familien die Schulkosten ohnhein privat schultern) gekürzt, produzieren wir heute die sozialen Probleme von morgen. Perspektiven und Chancen vieler Menschen würden eingeschränkt, Potenzial vernichtet.
- Der Sozialstaat fördert und stabilisiert den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Kaufkraft der Menschen und damit die gesamtwirtschaftliche Nachfrage.
- Der Sozialstaat wirkt gegen die Spaltung der Gesellschaft. Weniger Ungleichheit erhöht die Kaufkraft und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage – immerhin werden zwei Drittel der Wertschöpfung in Österreich im Inland erwirtschaftet. Gerade in Krisenzeiten waren die gut ausgebauten „automatischen Stabilisatoren“ des Sozialstaates wie Arbeitslosengeld, Pensionszuschuss und Mindestsicherung besonders wirksam und schwächten krisenhafte Entwicklungen ab. Der Sozialstaat hat somit eine wichtige konjunkturstabilisierende Funktion, er hat Österreich besser als andere Staaten durch die Krise geführt.
- Der Sozialstaat wirkt, und er rechnet sich. Er ist funktional für eine Volkswirtschaft, ein zentraler Bestandteil des wirtschaftlichen Erfolgs Österreichs und wichtig, um künftige Herausforderungen bewältigen zu können.
Sparen beim Sozialstaat ist falsches Sparen. Um das angestrebte Nulldefizit zu erreichen, sind tatsächlich keine Einsparungsmaßnahmen im Sozialbereich nötig. Die Kürzungen des Budgets im Arbeitsmarkt werden nicht dazu verwendet, um eine schwarze Null zu erzielen, sondern um Steuererleichterungen für Besserverdienende und für Unternehmen zu finanzieren. Das ist aus beschäftigungs- und verteilungspolitischer Sicht falsch. Der kräftige Konjunkturaufschwung sollte vielmehr für soziale Investitionen genutzt werden, die Arbeitslosen, prekär Beschäftigten und armutsgefährdeten Haushalten zugutekommen. Das ist nicht nur gesellschaftlich sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich. Schließlich geht es der Wirtschaft dann gut, wenn es den Menschen gut geht.
Fakten von Christa Schlager
Von
Sonja Fercher
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 4/18.
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